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Thuli Madonsela bekommt Deutschen Afrika-Preis

Claus Stäcker/Thuso Khumalo17. Mai 2016

Sie gilt als "Eiserne Lady" im Kampf gegen Korruption und lehrte Präsident Zuma das Fürchten: Thuli Madonsela, Ombudsfrau des südafrikanischen Volkes. Jetzt wird sie mit dem renommierten Deutschen Afrika-Preis geehrt.

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Thuli Madonsela (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/S. Heunis

Transparency International taufte sie "Eiserne Lady im Kampf gegen Korruption" - und tatsächlich scheint Thulisile ("Thuli") Madonsela zumindest Nerven aus Stahl zu haben. Ein Vizeminister verunglimpfte sie als "CIA-Agentin". Eine regierungsnahe Studentenvereinigung verspottete sie als die "Frau mit der dicken hässlichen Nase", führende Kader des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) versuchten sie mit Vorwürfen wie "Populismus", "Parteilichkeit" oder "Amtsmissbrauch" zu diskreditieren. Vor wenigen Tagen bekam sie sogar Morddrohungen und eine südafrikanische Zeitung berichtete von einem konkreten Mordauftrag. Demnach sollte ein Kapstädter Gangsterboss sie für 740.000 Rand (etwas mehr als 50.000 Euro) aus dem Weg schaffen.

Vorbild: Nelson Mandela

Als ein Satireportal kurz darauf tatsächlich ihre angebliche Erschießung vermeldete, fand sie diesen Gag "überhaupt nicht lustig". Neuerdings darf Thuli Madonsela nicht einmal mehr alleine joggen gehen. Einschüchtern lässt sich die 53-Jährige Witwe dennoch nicht. Unnachgiebig und wortgetreu füllt sie ihr Verfassungsamt als "Public Protector" aus, als unabhängige Ombudsfrau des südafrikanischen Volkes. Ihre Inspiration: der erste freigewählte Präsident Nelson Mandela, mit dem sie gemeinsam in der Verfassungskommission an dem heute weltweit gerühmten Grundgesetz Südafrikas arbeitete.

Thulisile Madonsela erhält den Deutschen Afrika-Preis 2016 (Foto: Deutsche Afrika-Stiftung)
Der deutsche Botschafter in Südafrika, Walter Lindner, mit der PreisträgerinBild: Deutsche Afrika Stiftung e.V.

"Er schaffte es, die Ungerechtigkeit, die ihm selbst widerfahren war, in eine gesellschaftliche Gerechtigkeit für alle zu wenden", sagt Madonsela. "Diesem Geist ist unsere gesamte Verfassung entsprungen: dem Geist von Menschen, die selbst soziales Unrecht erlitten haben und überzeugt waren, etwas dagegen tun zu müssen".

Leicht täuscht Madonselas weiche, fast flüsternde Stimme darüber hinweg, wie hartnäckig sie in der Sache ist. Früh verlor sie ihren Mann, zog ihre beiden Kinder alleine groß. Noch im Exil legte die ANC-Genossin ihr erstes Jura-Examen ab, seit 1990 ist sie Volljuristin. Als Präsident Jacob Zuma sie 2009 zum "Public Protector" ernannte, gab er ihr auf den Weg, sie möge sicherstellen, "dass ihr Büro dem einfachen Bürger offen steht, und dass sie ihre Arbeit vorurteilsfrei und ohne Angst verrichtet".

Keine Angst vor Kritik an Präsident Zuma

Dass sich dieser Rat gegen ihn selbst richten könnte, hatte der Staats- und Parteichef dabei sicher nicht im Sinne. Furchtlos rechnete Madonsela Zuma vor, dass er und seine Familie bei der Luxussanierung seiner Privatresidenz Nkandla zu Unrecht von Steuergeldern profitiert habe und rund 13 Millionen Euro aus der Privatschatulle zurückzahlen müsse. Ihr Bericht wurde mit der ANC-Parlamentsmehrheit abgewiesen. Es war der Moment, als die Zuma-Anhänger ihre eigene Genossin wahlweise als Konterrevolutionärin, Spionin und Oppositionsdienerin zu verunglimpfen begannen.

Gemeinsam mit den beiden wichtigsten Oppositionsparteien reichte sie schließlich Verfassungsklage ein. Ende März bestätigte Südafrikas höchstes Gericht ihren Ombudsbericht in vollem Umfang. "Das Verfassungsgericht hat voll und ganz bestätigt, dass ich nichts als meinem Job gemacht habe", sagte sie bescheiden. Aber zum ersten Mal sah die Öffentlichkeit die "Eiserne Lady" übers ganze Gesicht strahlen. Der Vorsitzende der Nelson-Mandela-Stiftung, Professor Njabulo Ndebele, lobte im Gespräch mit der DW ihre Beharrlichkeit: "Sie und ihr Team trugen dazu bei, dass die Verfassung als oberstes Gesetzeswerk intakt bleibt und niemand, heute wie morgen, über dem Gesetz steht".

Jacob Zuma Staatspräsident Südafrika (Foto: Getty Images/P. Cole)
Südafrikas Präsident Jacob ZumaBild: Getty Images/P. Cole

Südafrikas Anwältin der Bürger

Das Time Magazine wählte sie nach dem "Nkandla-Report" 2014 zu den 100 einflussreichsten Menschen weltweit. Der Fall Zuma katapultierte ihren Namen in die Weltöffentlichkeit. Dabei ist die studierte Juristin und Verfassungsmutter per se die Anwältin von "Lieschen Müller", oder wie man in Südafrika sagt, von "Gogo Dlamini" ("Oma Dlamini"). Ihr Stab von fast 300 Mitarbeitern befasst sich mit Beschwerden einfacher Bürger, die sich keinen Anwalt leisten können. Knapp 40.000 Eingaben sind in den Büros des "Public Protectors" seit ihrem Amtsantritt eingegangen, etwa 25.000 davon wurden erfolgreich beendet.

Südafrika Pretoria Anti-Korruptionsmarsch (Foto: picture-alliance/dpa/K. Ludbrook)
Proteste gegen Korruption in Pretoria im September 2015Bild: picture-alliance/dpa/K. Ludbrook

Rentner bekamen ihre Pensionen ausgezahlt, Studenten ihre zugesagten Stipendien, manipulierte Ausschreibungen wurden zurückgezogen - und im prominentesten Fall muss ein skrupelloses Staatsoberhaupt eben mal 13 Millionen Euro in die Staatskasse zurückzahlen. Dass Jacob Zuma nach offenem Verfassungsbruch noch immer nicht zurückgetreten ist, kann man Thuli Madonsela nicht vorwerfen. Sie hat ihre Pflicht getan. Für ihre Eltern war sie "ein Geschenk Gottes" - denn das bedeutet ihr Name "Thulisile" auf Swasi und Zulu. Eine große Mehrheit der Südafrikaner dürfte dies ähnlich empfinden. Einem Ranking des Marktforschungsinstituts Yougov zufolge ist Madonsela die "am meisten verehrte lebende Persönlichkeit" Südafrikas.

Mit dem Deutschen Afrika-Preis ehrt die Deutsche Afrika Stiftung (DAS) seit 1993 afrikanische Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise für Demokratie, Frieden, Menschenrechte, Kunst und Kultur, Wirtschaftsförderung und soziale Belange einsetzen. Im vergangenen Jahr wurde der tunesische Friedensnobelpreisträger Houcine Abassi ausgezeichnet.