Politthriller am Kap
25. August 2016Südafrikas Finanzminister Pravin Gordhan ist vor allem jenen Mitgliedern des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) ein Dorn im Auge, die seit längerem ungehinderten Zugriff auf die Staatskasse des Landes suchen. Zu diesem Zweck wollen sie zum Beispiel staatliche Unternehmen wie etwa die Fluggesellschaft South African Airways (SAA) oder den Strommonopolisten Eskom mit eigenen Gefolgsleuten besetzen. Aus Sorge um die stark gestiegene Verschuldung, aber vor allem vor einer möglichen Herabstufung der Kreditwürdigkeit Südafrikas auf Ramschniveau hat sich Gorhan solchen Vorhaben stets vehement widersetzt.
So hat der 67-Jährige weitere Finanzspritzen für die technisch bereits insolvente SAA von einem neuen Aufsichtsrat abhängig gemacht. Der gegenwärtige Vorstand wird von einer engen Vertrauten von Südafrika Präsidenten Jacob Zuma geführt, der Beobachter eine chaotische Unternehmensleitung vorwerfen.
Gordhan erhält Vorladung
Offenbar mit dem Ziel, den Finanzminister öffentlich zu diskreditieren und damit seine Entlassung vorzubereiten, untersucht seit längerem eine Zuma treu ergebene Spezialeinheit der Polizei, die sogenannten Hawks, fragwürdige Vorwürfe gegen Gordhan aus seiner Zeit als Chef der südafrikanischen Steuerbehörde. Angeblich soll Gordhan damals innerhalb der Behörde eine offiziell nicht genehmigte Abteilung aufgebaut haben. Diese soll nicht nur Steuersünder ins Visier genommen haben, sondern auch Politiker und womöglich sogar den von zahllosen Korruptionsvorwürfen gebeutelten Staatspräsidenten Zuma selbst.
Obwohl es bislang keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhalten Gordhans gibt, dauern die Untersuchungen unvermindert an. An diesem Mittwoch wurde Gordhan erstmals offiziell von den Hawks vorgeladen. Wegen der dürftigen Beweislage und der nach seinem Empfinden politisch motivierten Hintergründe der Anklage kam Gordhan auf Anraten seiner Anwälte dieser jedoch nicht nach. Zuma selbst kommentierte nur, er habe keine Befugnisse, die Ermittlungen der Polizei gegen seinen Minister zu stoppen.
Meldungen über eine bevorstehende Verhaftung des Ministers, wie sie jetzt auch wieder in Zusammenhang mit der polizeilichen Vorladung zirkulieren, waren schon im Mai aufgetaucht, aber damals noch von der Regierung dementiert worden.
Südafrikanische Währung im Abwärtsstrudel
Die Finanzmärkte reagierten auf die womöglich bevorstehende Abberufung eines kompetenten Finanzministers postwendend: Binnen weniger Stunden verlor die zuletzt stark erholte Währung Rand massiv an Wert und fiel um mehr als fünf Prozent gegenüber Euro und Dollar. An der Johannesburger Börse stürzten vor allem die Bankenaktien ab. Aber auch Staatsanleihen gerieten wieder massiv unter Druck.
Das Finanzministerium und vor allem sein Amtsinhaber sind seit dem Ende der Apartheid ein hervorragender Seismograph für das Vertrauen der Anleger in das Land am Kap. Mit welchen Argusaugen der Finanzminister beobachtet wird, zeigt die extreme Unruhe, für die Zuma vergangenen Dezember mit einer krassen personellen Fehlentscheidung gesorgt hatte: Damals hatte der Präsident, womöglich um ein teures Nuklearabkommen mit Russland durchzuboxen, den als kompetent geltenden Finanzminister Nhlanhla Nene durch den Hinterbänkler David van Rooyen, einen wirtschaftlichen Nobody und Zuma-Loyalist, ersetzt. Die Kurse an der Johannesburger Börse waren daraufhin in den Keller gerast - und der Rand in Rekordzeit auf ein Allzeit-Tief gegenüber allen großen Währungen gerauscht.
Erst als Zuma damals nach massivem Druck der Wirtschaft aber auch einflussreicher Kreise im ANC-Politbüros van Rooyen vier Tage später abberief und durch Gordhan ersetzte, beruhigten sich die Märkte wieder.
Eindringliche Warnung
Kein anderer als Südafrikas früherer Finanzminister Trevor Manuel, der die Finanzen des Landes zwischen 1996 und 2009 sanierte, hat zuletzt nachdrücklich vor den katastrophalen Folgen einer Verhaftung oder auch nur Ablösung Gordhans gewarnt: Der Schaden sei in dem Fall noch viel größer als alles zuvor Gewesene und werde Südafrikas Wirtschaft zerstören.
Vieles deutet darauf hin, dass Zuma die Macht unter allen Umständen behalten will - und dabei nun aufs Ganze geht. Statt seine zerissene Partei nach dem schwachen Wahlergebnis zu einen, schauen er und seine Verbündeten allein nach ihren wirtschaftlichen Interessen und sehen Gordhan dabei als größtes Hindernis. Dabei riskiert Zuma wissentlich eine brutale Bestrafung Südafrikas durch die Märkte - und den totalen Vertrauensverlust für das Land und seine Wirtschaft.