Syrische Kulturstätten in 3D
15. März 2016Zahlreiche historische Stätten wurden im syrischen Bürgerkrieg bereits beschädigt oder geplündert. Und weitere Stätten sind von der Zerstörung bedroht. Das 2013 gegründete französische Startup-Unternehmen Iconem hat deshalb das Projekt "Syrian Heritage" ins Leben gerufen: Mit der Digitalisierung bedeutender Monumente Syriens will es zum Erhalt des kulturellen Erbes beitragen. Die beiden Iconem-Gründer, der Architekt Yves Ubelmann und der Helikopter-Pilot Philippe Barthélémy, entwickelten das Projekt in enger Zusammenarbeit mit der syrischen Antikenbehörde und einheimischen Archäologen.
Syrisches Kulturerbe virtuell entdecken
Seit Dezember arbeitet das Team daran, ein virtuelles Archiv mit Fotos, Karten und Videos zu erstellen. Auch interaktive 3D-Modelle der Kulturstätten sollen entstehen. Hierzu ließen die Experten mit Kameras ausgestattete Drohnen über fast ein Dutzend wichtige syrische Stätten fliegen. Die entstandenen Aufnahmen wurden zu präzisen dreidimensionalen Modellen zusammengefügt. Die ersten drei sind seit heute auf der Website von Iconem verfügbar.
So kann man sich auf eine virtuelle Entdeckungsreise begeben und dabei zum Beispiel die Ränge eines alten Amphitheaters entlang schreiten, das in der syrischen Küstenstadt Dschabla erhalten ist. Außerdem ist die digitalisierte Version der prachtvollen Umayyaden-Moschee in der Hauptstadt Damaskus zu bestaunen. Sie gilt als eine der ältesten Moscheen der Welt. Ihr Pendant, die Umayyaden-Moschee von Aleppo, wurde vor drei Jahren im Krieg schwer beschädigt.
"Wir konzentrieren uns momentan auf Bauwerke, die noch stehen. Sozusagen als Vorbeugungsmaßnahme", sagte Eric Thibaut, ein Sprecher von Iconem, der Deutschen Welle. Bis Ende Mai sollen nach und nach weitere 3D-Versionen von verschiedenen Kulturstätten online gestellt werden. Das Iconem-Team digitalisiert zudem auch die Sammlungen bedeutender syrischer Museen.
Der Direktor der syrischen Altertümerverwaltung, Maamun Abdulkarim, hält das Projekt des französischen Startups für sinnvoll, um "einen unwiederbringlichen Verlust für die Menschheit zu verhindern", wie er in einem Pressestatement erklärte.
Palmyras Tempelbogen aus dem 3D-Drucker
An einem ähnlichen Vorhaben zur virtuellen Nachbildung syrischer Kulturstätten arbeiten derzeit die britische Universität Oxford und die amerikanische Hochschule Harvard. 5000 3D-Kameras wurden Mitarbeitern und Freiwilligen in Syrien dafür zur Verfügung gestellt. Zu dem großen Gemeinschaftsprojekt gehört allerdings noch ein weiterer Coup: Mithilfe eines riesigen 3D-Druckers soll ein zerstörter Tempelbogen aus Palmyra nachgebildet werden. Die Repliken sollen dann sowohl auf dem New Yorker Times Square als auch dem Londoner Trafalgar Square ausgestellt werden.
jm /suc (afp,apa)