Syrische Flüchtlinge warten auf Hilfe
26. September 2013Zwei Millionen Syrer sind vor der Gewalt in ihrer Heimat ins Ausland geflohen. Die meisten haben Schutz in den direkten Nachbarländern gefunden, vor allem im Libanon (763.000), in Jordanien (525.000), in der Türkei (492.000) und im Irak (192.000).
Die gewaltigen Menschenmassen überfordern die Aufnahmeländer - darum überlassen sie die Flüchtlinge zu Teilen sich selbst. Die Situation sei kritisch, erklärt Claire Seaward, die für die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation "Oxfam" die Flüchtlingshilfe beobachtet und unterstützt. Die Lage vieler Flüchtlinge verschlechtere sich ständig. "Sie müssen sich ihre eigenen Zelte bauen, etwa aus Plastik. Sie müssen sich auch selbst um ihre Nahrung kümmern. Die Menschen leben von dem Allernötigsten. Sauberes Wasser, Ernährung, ein Dach über dem Kopf - an all dem mangelt es."
Bei Kriegen und Katastrophen, die Flüchtlingsbewegungen nach sich ziehen, teilt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) regelmäßig mit, wie viel Geld nötig sei, um humanitäre Hilfe leisten zu können. Diese Zahlen gibt das UNHCR weiter an die Mitgliedstaaten des sogenannten Development Assistance Committee (DAC), dem "Ausschuss für Entwicklungshilfe", der das Spendensoll eines jeden Mitglieds ermittelt. Dieser wird getragen von der "Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung" (OECD). Doch auch wohlhabende Länder, die nicht Mitglied des DAC sind, sind angesprochen. Der Beitrag, den jedes Land entrichten sollte, bemisst sich nach der Höhe des Bruttonationaleinkommens.
Traditionelle Geberländer zurückhaltend
Doch den Vorgaben kommen nicht alle Staaten nach. Bislang haben die meisten viel weniger eingezahlt als erwartet. "Dazu gehören auch klassische Geberländer wie Frankreich, die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Australien." Deutschland aber habe seine Zusagen eingehalten, so Robert Lindner, Oxfam-Referent für Humanitäre Krisen. Die angekündigten 293 Millionen US-Dollar seien bei den UN fast vollständig registriert worden.
Von den Ländern, die nicht dem DAC angehören, zeigte sich Saudi-Arabien am großzügigsten. Das Königreich spendete 373 Millionen US-Dollar - dicht gefolgt von Kuwait, das 324 Millionen Dollar überwies. Das Emirat Katar hingegen, das vor allem die bewaffneten Kräfte der syrischen Opposition unterstützt, brachte für humanitäre Hilfe nur 2,7 Millionen Dollar auf.
Insgesamt seien 4,4 Milliarden Dollar für die Flüchtlingshilfe nötig, so Dan McNorton vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). "Im Juni baten wir die Staaten um 4,4 Milliarden Dollar. Rund drei Milliarden davon waren für humanitäre Hilfe und auch die unmittelbaren Nachbarländer vorgesehen, um sie bei ihren Bemühungen zu unterstützen."
Assads Flugzeuge schießen auf Flüchtlinge
Die Mittel sind auch darum nötig, weil immer mehr Menschen aus Syrien herausdrängen. In syrischen Lagern nahe der türkischen Grenze seien die Flüchtlinge weiterhin Angriffen von Assads Luftwaffe ausgesetzt, erklärt Lama Fakih, die für die nicht-staatliche Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" die Lage aus Jordanien beobachtet. Zudem erhielten diese Menschen Hilfsgüter nur in begrenztem Umfang. "Das liegt vor allem daran, dass die syrische Regierung es nicht zulässt, Hilfsgüter in das Land zu bringen." Auch die Vereinten Nationen seien verpflichtet, sämtliche Hilfsprogramme über Damaskus laufen zu lassen. Das verzögere die Hilfe. "Die Güter kommen nur unter großen Schwierigkeiten in diese Region direkt an der türkischen Grenze."
Der nicht abreißende Flüchtlingsstrom aus Syrien hat die Nachbarstaaten veranlasst, ihre Grenzen zumindest zu Teilen zu schließen. Flüchtlinge berichteten von teils willkürlichen Entscheidungen der in den Nachbarländern zuständigen Behörden, sagt Fakih. Aber auch wenn Flüchtlinge die Grenzen passiert hätten, sähen sich diese Schwierigkeiten gegenüber. "Die vier Nachbarstaaten, die bislang Flüchtlinge aufgenommen haben - die Türkei, Jordanien, der Irak und der Libanon - haben es nicht vermocht, syrischen und anderen schutzsuchenden Flüchtlingen - wie etwa Palästinensern - einen gesetzlichen Status zu verleihen, der ihnen Schutz bietet." So werde etwa die Arbeitskraft vieler Flüchtlinge ausgebeutet.
Hoffnung auf weitere Spendenzusagen
Um diesen Schutz zu ermöglichen, hat das UNHCR zu einem Treffen in der ersten Oktoberwoche geladen. Dort sollen Zusagen zu weiteren Hilfsgeldern gewonnen werden. Doch nicht nur die Staaten sind gefragt, sagt Dan McNorton. "Wir wenden uns auch an andere Institutionen, so etwa Finanzinstitutionen. Auf diese Weise soll den Menschen, deren Leben zerstört wurde, auf angemessene Weise geholfen werden."