Ankara: Syrien-Gipfel spielt Lied vom Frieden
4. April 2018Das Wichtigste in Kürze:
- Bei ihrem Treffen in Ankara haben sich die Präsidenten der Türkei, des Iran und Russlands für ein Ende des Syrien-Kriegs und für Hilfen für die Zivilbevölkerung ausgesprochen
- Irans Präsident Rohani forderte die Türkei indirekt auf, ihre Truppen aus der Region Afrin in Nordsyrien abzuziehen
- Die USA kündigten an, entgegen jüngster Äußerungen von Präsident Trump vorerst an ihrem militärischen Engagement in Syrien festzuhalten
Die Türkei, Russland und der Iran wollen nach eigener Aussage ihre Anstrengungen für ein Ende der Gewalt in Syrien und für den Schutz von Zivilisten verstärken. In einer gemeinsamen Erklärung nach einem Dreiergipfel in Ankara bekannten sich die Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Wladimir Putin und Hassan Rohani dazu, weiter auf einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien in Syrien hinzuarbeiten. Zudem riefen sie die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Hilfe für das Bürgerkriegsland auszuweiten. Das gelte besonders für die Vereinten Nationen (UN). Laut der Erklärung wollen die drei Länder auch stärker darauf hinwirken, dass humanitäre Hilfe Notleidende in sogenannten Deeskalationszonen erreiche. Konkrete Pläne wurden indes nicht benannt.
Gegen "neue Realitäten am Boden"
In dem Text heißt es weiter, die drei Präsidenten lehnten alle Versuche ab, "unter dem Vorwand des Kampfes gegen Terrorismus neue Realitäten am Boden zu schaffen". Sie stünden gegen Versuche, die Souveränität und die territoriale Integrität Syriens zu unterlaufen. Die Türkei, Russland und der Iran beteiligen sich allerdings selber an dem Krieg in Syrien, sie vertreten dort gegensätzliche Positionen. Russland und der Iran unterstützen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, die Türkei oppositionelle Kräfte. Die Türkei war im Januar außerdem im nordsyrischen Afrin einmarschiert. Sie geht dort mit einer umstrittenen Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG vor, die Ankara als Terrororganisation einstuft.
"Lasst uns die Menschen aus den Zelten und Containern befreien"
Rohani rief die Türkei in diesem Zusammenhang indirekt einmal mehr zur Übergabe der Region Afrin an die syrische Regierung auf. Der Rückzug aller Truppen aus Afrin wäre "eine konstruktive Entwicklung und eine Erleichterung für die syrische Bevölkerung", sagte er bei einer Pressekonferenz mit Erdogan und Putin. "Respekt für die Regierung (von Präsident Baschar al-Assad) und die territoriale Integrität Syriens ist die Bedingung für Frieden und Stabilität in dem Land. Die Zukunft Syriens muss von Syrern selbst und nicht von ausländischen Regierungen bestimmt werden." Erdogan seinerseits betonte, sein Land werde nicht anhalten, bevor Manbidsch und andere von der YPG kontrollierten Gebiete in Nordsyrien "sicher" seien. "Die Türkei kann keinen Frieden finden, bevor Syrien Frieden findet."
Erdogan will im Norden Syriens aber in Kürze mit dem Wiederaufbau beginnen. "Ich sage, lasst uns im sicheren Gebiet Wohnungen errichten. Lasst uns die Menschen aus den Zelten und Containern befreien", so Erdogan. Putin wiederum sagte, bei dem Wiederaufbau solle es vor allem um die Infrastruktur gehen: "Russische Unternehmen sind bereits aktiv an dieser Arbeit beteiligt." Details nannten beide Staatschefs nicht.
Nur kurze Zeit nach dem Gipfeltreffen in Ankara kam aus Washington die Mitteilung, dass die USA vorerst an ihrem Militäreinsatz in Syrien festhielten. Man bleibe dem sich rasch nähernden Ziel verpflichtet, die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu eliminieren, teilte das Weiße Haus mit. Zuvor hatte Präsident Donald Trump Spekulationen über einen baldigen kompletten Truppenabzug ausgelöst. Im Gegensatz zu Trump sind führende US-Regierungsvertreter für den Verbleib der Truppen in Syrien. Die USA unterstützen dort die YPG-Miliz im Kampf gegen den IS. Sollten die US-Soldaten abziehen, würde dies das Kräfteverhältnis besonders in Nordsyrien erheblich verändern.
Rebellenabzug aus Ost-Ghuta geht weiter
Wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana unterdessen meldet, wurde die am Montag begonnene Evakuierung der letzten Rebellenbastion in Ost-Ghuta fortgesetzt. Zwei Busse mit Kämpfern der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam und ihren Angehörigen hätten die Stadt Duma in Richtung der Stadt Dscharablus an der Grenze zur Türkei verlassen, berichtete Sana.
sti/kle (afp, dpa, rtr)