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Die Eskalation in der Ukraine

Günther Birkenstock4. Mai 2014

Am Anfang stand der Protest gegen den ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Inzwischen ist die Ukraine-Krise zu einem Konflikt von weltpolitischer Bedeutung geworden. Eine Chronologie der Ereignisse.

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Ukraine Slaviansk 4.5.14 Checkpoint
Bild: Reuters

November 2013: Der ehemalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch lehnt überraschend ab, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen, über das bereits seit 2007 verhandelt wurde, und wendet sich Russland zu. Mit seiner Entscheidung gegen die EU löst Janukowitsch landesweite Proteste aus.

Dezember 2013: Die Demonstrationen gegen die Regierung nehmen zu. Der Maidan-Platz in Kiew wird zum zentralen Punkt der Proteste gegen Präsident Janukowitsch. Die Regierungsgegner besetzen Rathaus und Gewerkschaftszentrale der Hauptstadt. Bei den Demonstrationen werden zahlreiche Menschen durch Polizisten verletzt.

Januar 2014: Das ukrainische Parlament beschließt mehrere Gesetzte, die das Demonstrationsrecht einschränken. Außerdem werden die Haftstrafen für die Besetzung und Blockade von Regierungsgebäuden erhöht. Das Parlament stellt Vermummungen auf Demonstrationen sowie Verleumdung und "extremistische Aufrufe" im Internet unter Strafe. Die Beschlüsse rufen erneute Proteste hervor. Hunderttausende gehen auf die Straßen. Spezialeinheiten gehen in der Hauptstadt Kiew gegen Demonstranten vor. Es kommt zu schweren Ausschreitungen zwischen Opposition und Polizei. Ende Januar ist die Regierung nach Gesprächen mit der Opposition bereit, Teile der erlassenen Demonstrationsgesetze abzuschaffen. Das Parlament erlässt eine Amnestie für inhaftierte Regierungsgegner, fordert aber zugleich, besetzte Straßen und Regierungsgebäude müssten geräumt werden.

Demonstranten in Kiew protestieren gegen Präsident Janukowitsch
Trotz Übergriffen der Polizei demonstrierten die Bürger immer wieder gegen Ex-Präsident JanukowitschBild: Reuters

Februar 2014: Die Sicherheitskräfte gehen immer brutaler gegen die Demonstranten vor. International bekanntester Vertreter der Opposition ist Box-Weltmeister Vitali Klitschko. Auch er ist unter den Demonstranten auf den Straßen Kiews. Die Situation spitzt sich zu.

20. Februar: In Kiew eskaliert die Gewalt. 80 Menschen werden getötet, als die Polizei das Feuer auf Demonstranten eröffnet. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen beginnen eine Vermittlungsmission.

21. Februar: Unter Vermittlung von EU und Russland verhandeln Regierung und Opposition der Ukraine miteinander. Präsident Janukowitsch kündigt Neuwahlen an und will zur Verfassung von 2004 zurückkehren, die weniger Rechte des Präsidenten vorsieht. Viele Regierungsgegner sind mit dem Angebot nicht einverstanden. Einige kündigen Widerstand an, andere fordern weiterhin den sofortigen Rücktritt von Janukowitsch. Es wird deutlich, dass die Protestbewegung aus sehr unterschiedlichen Gruppen besteht, unter denen sich auch ultranationale Kräfte befinden. Die Oppositionspolitiker Vitali Klitschko, Oleg Tjagnibok und Arseni Jazenjuk unterzeichnen den ausgehandelten Kompromiss mit Viktor Janukowitsch. Trotzdem protestieren weiterhin viele Demonstranten auf dem Maidan-Platz in Kiew gegen den Präsidenten.

22. Februar: Viktor Janukowitsch wird vom ukrainischen Parlament nach einem eindeutigen Mehrheitsbeschluss abgesetzt. Ihm wird vorgeworfen, er habe sich widerrechtlich Vollmachten angeeignet. Es wird für den 25. Mai eine vorgesetzte Präsidentenwahl angesetzt. Janukowitsch taucht unter. Nach zweieinhalb Jahren wird die Abgeordnete Julia Timoschenko aus der Haft entlassen. Am folgenden Tag bestimmt das ukrainische Parlament Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten. Er kündigt einen Westkurs der Ukraine an. Der nach Russland geflohene Janukowitsch wird wegen Massenmords gesucht.

Janukowitsch PK 11.03.2014 Rostow
Viktor Janukowitsch, vom Parlament entmachtet und wegen Massenmords gesuchtBild: Alexander Nemenov/AFP/Getty Images

27. Februar: Der proeuropäische Politiker Arseni Jazenjuk wird vom Maidan-Rat als Chef der Übergangsregierung nominiert und vom Parlament bestätigt. Russlands Präsident Putin ordnet eine große Militärübung an der Grenze zur Ukraine an. Nach Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der neuen Regierung in Kiew besetzen Angehörige prorussischer Milizen Regierungssitz und Parlament in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Tausende Krimtataren demonstrieren gegen eine Abspaltung der autonomen Republik. Prorussische Demonstranten fordern die engere Anbindung an Moskau.

Anfang März: Uniformierte ohne nationale Erkennungszeichen übernehmen die Kontrolle an mehreren wichtigen Punkten auf der Krim. Nach Angaben Kiews stationiert Russland mehrere tausend Soldaten auf der Halbinsel. Ein Referendum über den zukünftigen Status der autonomen Teilrepublik wird vorverlegt auf den 30. März. Trotz heftiger Proteste aus dem Westen setzt Russland die Verlegung von Truppen auf die Krim fort. EU und USA kündigen Sanktionen an. Das Referendum wird erneut vorverlegt auf den 16. März.

16. März: Das umstrittene Referendum ergibt eine deutliche Mehrheit für eine Abspaltung der Krim von der Ukraine. Kurze Zeit später unterzeichnet Wladimir Putin einen Vertrag, um die Ukraine in das russische Staatsgebiet aufzunehmen.

Krim Referendum Ukraine Abstimmung Wahlurne Glas
Abstimmung im Schnelldurchgang, das umstrittene Krim-ReferendumBild: Reuters

24. März: Russland wird wegen der Übernahme der Krim aus der Gruppe der führenden Industriestaaten (G8) ausgeschlossen. Der für Juni geplante G8-Gipfel in Sotschi wird offiziell abgesagt. Die Vereinten Nationen verurteilen die Annexion der Krim. Die NATO setzt ihre Zusammenarbeit mit Russland aus.

Anfang April: Prorussische Aktivisten besetzen die Regionalverwaltungen der Millionenstädte Charkiw und Donezk in der Ost-Ukraine und fordern Referenden über eine Abspaltung von Kiew. Einige Tage später räumen Truppen des Innenministeriums ein von den Aktivisten besetztes Verwaltungsgebäude. Bis zu 40.000 russische Soldaten befinden sich nach Einschätzung der NATO im Grenzgebiet zur Ukraine. Russland weist die Darstellung zurück. Moskau warnt Kiew davor, mit Gewalt gegen die prorussischen Aktivisten vorzugehen - ansonsten drohe "ein Bürgerkrieg".

12. April: Prorussische Bewaffnete in Tarnuniform übernehmen eine Polizeistation und das Geheimdienstgebäude in der ostukrainischen Stadt Slowjansk. In Kramatorsk und Donezk besetzen Separatisten die Hauptquartiere der Polizei. Einen Tag später beginnen ukrainische Soldaten einen "Anti-Terror-Einsatz" gegen Separatisten in Slowjansk. Es gibt Tote und Verletzte. Später übernehmen prorussische Kräfte sechs gepanzerte Fahrzeuge, der Einsatz wird abgebrochen. In Donezk fällt auch das Rathaus an die Separatisten.

17. April: In Genf einigen sich die Ukraine und Russland bei Verhandlungen mit der EU und den USA auf ein Abkommen, das die Entwaffnung aller illegaler Gruppen im Land, die Räumung besetzter Gebäude und eine Amnestie vorsieht. Eine Wirkung des Abkommens ist nicht zu erkennen. Inzwischen hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier eine zweite Ukraine-Konferenz in Genf gefordert.

25. April: In der Nähe von Slowjansk wird eine Gruppe von OSZE-Militärbeobachtern von prorussischen Milizen gefangengenommen. Unter den acht Beobachtern sind auch vier Deutsche. Zwei Tage später werden sie der Presse vorgeführt. Der örtliche Milizenführer bezeichnet sie als Kriegsgefangene und will sie nur im Austausch gegen inhaftierte Gesinnungsgenossen freilassen. Die EU und die USA verhängen neue Sanktionen gegen Russland, Moskau droht mit "schmerzhaften Konsequenzen", versichert aber, nicht in die Ukraine einzumarschieren.

1. Mai: Separatisten erstürmen das Gebäude der Staatsanwaltschaft in Donezk. Es kommt zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei.

2. Mai: Der blutigste Tag seit dem Umsturz in Kiew Ende Februar: Bei einer erneuten Militäroffensive gegen Separatisten in Slowjansk gibt es neun Tote. Prorussische Aktivisten schießen zwei ukrainische Militärhubschrauber ab. In der südukrainischen Hafenstadt Odessa sterben mehr als 40 Menschen bei Straßenschlachten und einem Brand in einem Gewerkschaftshaus.

Ukraine Odessa Gefechte 2.5.14
Brand in Odessa, auch der ruhige Süden wird von den Krawallen erfasstBild: Reuters

3. Mai: Die Separatisten lassen nach einer Intervention eines russischen Gesandten die OSZE-Militärbeobachter wieder frei. Der Militäreinsatz in Slowjansk und Kramatorsk wird fortgesetzt.

4. Mai: Ukrainische Regierungstruppen gehen im Osten des Landes weiter gegen die Separatisten vor. Mehrere Städte werden zurückerobert, es gibt Tote und Verletzte. Der Großteil der prorussischen Aktivisten hat sich unterdessen in Slowjansk verschanzt. Ukrainische Soldaten haben begonnen, die Stadt einzukreisen.

6. Mai: Russland ist nach den Worten von Sergej Lawrow unter bestimmten Bedingungen zu einer neuen Ukraine-Konferenz in Genf bereit. In diesem Fall müsste auch die ukrainische Opposition mit am Tisch sitzen, sagt der russische Außenminister am Rande des Jahrestreffens des Europarats in Wien Lawrow.