Mobilität im Land der Autofahrer
13. Juli 2021Deutschland ist noch immer ein Land der Autofahrer. Laut dem aktuellen Mobilitätsmonitor, den die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und das Institut für Demoskopie Allensbach nun veröffentlicht haben, nutzen 90 Prozent der Menschen ein Auto, jeder Zweite sogar täglich.
Drei Viertel der Befragten (75 Prozent) halten das Auto für "unverzichtbar". Das Fahrrad ist für 52 Prozent unverzichtbar, Bus und Bahn (ÖPNV) nur für 42 Prozent.
Der Mobiliätsmonitor erscheint bereits das dritte Jahr in Folge. Wie in den Vorjahren wurden gut 1000 Menschen befragt, die einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre darstellen. Die Interviews fanden im Mai 2021 statt.
Kampf gegen Klimawandel - aber wie?
Den Klimawandel sehen die Befragten noch immer als die größte globale Herausforderung. "Auch wenn die Mehrheit skeptisch ist, ob es gelingen wird, den Klimawandel einzudämmen, plädiert die Bevölkerung für intensive Anstrengungen", heißt es im Bericht.
Allerdings scheinen viele dem Verkehr inzwischen eine geringere Bedeutung zuzumessen, wenn es darum geht, die Klimabelastung zu reduzieren. Zwar ist noch immer eine deutliche Mehrheit für mehr schadstoffarme Antriebssystem für Autos und Lkw, einen besser ausgebauten und stärker geförderten ÖPNV und die Verlagerung von Gütertransporten auf Bahn oder Schiff. Doch die Überzeugung, dass diese Punkte beim Kampf gegen den Klimawandel "am wichtigsten" sind, hat seit 2019 nachgelassen.
Ein Großteil der Befragten sieht das Hauptproblem nicht im Verkehr. Drei von vier Befragten sagten, der Schutz der Regenwälder sei am wichtigsten. Ähnlich groß (72 Prozent) war die Zustimmung zu der Aussage, alle Länder müssten sich gleichermaßen um einen Verringerung der Klimabelastung bemühen. Auch strengere Vorgaben für die Industrie beim CO2-Ausstoß erhielten viel Zuspruch (61 Prozent).
Wer will schon verzichten?
Die Corona-Pandemie mit ihren mehrfachen Lockdowns hat die Mobilität der Menschen in Deutschland stark eingeschränkt. Die meisten Befragten wollen die Einschränkungen aber nicht lange beibehalten. Rund jeder zehnte gab an, nach Corona weniger reisen, fliegen oder Autofahren zu wollen.
Immerhin jeder Vierte hat die Absicht, auch nach dem Ende der Restriktionen etwas für die Gesundheit zu tun und mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.
Die Meinung, die Menschen müssten sich mehr einschränken, um die Umwelt weniger zu belasten, wird von rund einem Drittel der Bevölkerung vertreten. Dieser Wert hat sich gegenüber 2019 nicht verändert. Stärker ist dagegen der Glaube an den technologischen Fortschritt.
Inzwischen sind rund 360.000 reine Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen, von einem Durchbruch kann noch keine Rede sein. Nur knapp ein Viertel der Befragten (24 Prozent) sagte, ein E-Auto käme für sie in Frage.
Als Argumente gegen E-Mobilität nannten rund zwei Drittel den hohen Preis, die zu geringe Reichweite oder zu wenige Ladestationen. Immerhin 58 Prozent bezweifeln, ob Elektroautos wirklich umweltfreundlich sind.
Mehr als die Hälfte der Deutschen ist deshalb auch der Meinung, die Politik sollte gegenüber anderen Technologien offen bleiben. Es sei besser, nur Vorgaben für die Umweltfreundlichkeit zu machen, als sich auf Elektroautos zu versteifen. Jeder fünfte Befragte fand es dagegen richtig, dass vor allem die Elektromobilität gefördert wird.
Derzeit bezuschusst die Bundesregierung den Kauf eines neuen E-Autos mit bis zu 9000 Euro für rein elektrischen Antriebe und bis zu 6750 Euro für sogenannten Plug-In-Hybride.
Quelle der Unzufriedenheit
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Offenbar klafft zwischen den Erwartungen der Befragten und ihren eigenen Wünsche eine oft große Lücke. So erwarten 71 Prozent, dass in zehn Jahren mehr Berufstätige aus dem Homeoffice arbeiten werden, doch nur 39 Prozent finden das gut.
Der Aussage "Die Autos der Zukunft fahren mit Elektroantrieb" stimmen fast 60 Prozent zu, aber nur gut 20 Prozent wünschen sich das. Und die Städte der Zukunft sehen ebenfalls fast 60 Prozent mehr auf ÖPNV, Fahrräder und Fußgängerausgerichtet als auf Autos. Nur gut 30 Prozent finden das gut. Deutschland ist eben ein Land der Autofahrer.