Streit um russischen Auslandssender
5. März 2021Mit harschen Tönen hat die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bei einem Briefing des Außenministeriums in Moskau auf Meldungen reagiert, wonach in Deutschland die Commerzbank Konten des staatlichen russischen Senders "RT DE", früher "Russia Today Deutsch", bis Ende Mai geschlossen hat. Sacharowa sagte, wenn Deutschland es nicht schaffe, normale Beziehungen auch zu den Auslandsmedien herzustellen, dann sei Russland zu "Maßnahmen" gegen deutsche Medienvertreter gezwungen: "Wir betrachten die Schritte zur Schließung der Konten als ein Element des politischen Drucks auf die Journalisten und als einen offenen Verstoß der Bundesrepublik gegen die Meinungs -und Pressefreiheit". Das soll auch dem deutschen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Miguel Berger, bei einem Besuch in Moskau so übermittelt worden sein.
AA: Drohungen gehen an der Sache vorbei
Das Auswärtige Amt (AA) in Berlin reagierte kühl. Ministeriums-Sprecher Christofer Burger sagte: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass die russische Regierung versucht, uns für eine privatrechtliche Geschäftsbeziehung zwischen RT und seinen Banken verantwortlich zu machen. Ich kann für die Bundesregierung nochmal klipp und klar feststellen, dass die Bundesregierung in keiner Weise auf die Commerzbank im Sinne einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen hingewirkt hat." Das Bundesaußenministerium habe auch keine Kenntnis von sonstigen Geschäftskonten von Russia Today, sagte Burger. Insofern "gehen auch die Drohungen von russischer Seite mit harten Vergeltungsmaßnahmen völlig an der Sache vorbei".
Auf Anfrage der Deutschen Welle hieß es von Seiten der Commerzbank: "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu tatsächlichen oder potenziellen Kundenbeziehungen grundsätzlich nicht äußern."
"RT DE" hat seinen Sitz in Berlin und startete mit seiner Website 2014. Der deutsche Ableger gehört zum vom Kreml finanzierten RT-Netzwerk, früher bekannt als Russia Today, mit Sitz in Moskau. Im Januar gab das Unternehmen bekannt, bis Ende des Jahres in Deutschland auch einen Fernsehsender aufbauen zu wollen. Von Berlin aus sollen dann zunächst täglich zwei jeweils vierstündige Nachrichtensendungen - morgens und abends - produziert werden. Entsprechende Angebote gibt es bereits auf Englisch, Spanisch, Arabisch und Französisch.
Politiker und Verfassungsschutz kritisieren fehlende Unabhängigkeit des Senders
Deutsche Politiker sehen den Plan von "RT DE" kritisch. So sagte Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, der DW: "Wenn RT Deutsch einen regulären Platz zwischen den TV-Sendern will, dann wird zwangsläufig immer eine deutsche Sendelizenz benötigt. Diese wird der Sender aber vermutlich nicht bekommen, weil Sendelizenzen zu Recht eine staatliche Unabhängigkeit voraussetzen."
Die Medienanstalt Berlin Brandenburg (MABB) bestätigte der DW, "RT DE" habe auf Nachfrage mitgeteilt, man werde sich bei den TV-Plänen an die gesetzlichen Rahmen in Deutschland halten. Zu den Plänen des russischen Mediums eine Lizenz zu beantragen, sagte die MABB Direktorin: "Grundsätzlich gilt für die Fernsehlizenzen in Deutschland die Staatsferne des Rundfunks. In der digitalen Welt gibt es aber andere Formen, wie man crossmediale Inhalte verbreiten kann. Deshalb muss man sich fragen, ob der in Deutschland vorhandene Rechtsrahmen noch ausreicht." Die MABB ist die im Fall "RT DE" zuständige Medienaufsichtsbehörde.
"Sehr selektive und subtile Manipulation"
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht nach wie vor die "Bedrohungslage durch russische Einflussaktivitäten in Deutschland". Diese sei auf einem "immer noch unverändert hohen Niveau", so die Einschätzung des Inlands-Geheimdienstes, gegenüber der DW. Die Behörde verwies auf einen eigenen Bericht, in dem von russischer Medien-Einflussnahme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der deutschen Corona-Politik die Rede ist. Als Beispiel für eine "sehr selektive und subtile Manipulation" der Berichterstattung russischer Staatsmedien in Deutschland nannte der Verfassungsschutz die Berichte von "RT DE" über Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in der Bundesrepublik. "Hier könnte die getroffene Bildauswahl mit Fokus auf Polizeieinsätze geeignet sein, das Bild eines repressiven Überwachungsstaats zu zeichnen, welcher unbescholtene und besorgte Bürger unter Anwendung von Gewalt davon abhalte, ihre Grundrechte auszuüben" - so der Verfassungschutz in einer Antwort an die DW.
qu/uh (DW eigen, Jens Thurau)