Ifo-Index steigt überraschend
27. März 2023Die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen hat sich im März überraschend den fünften Monat in Folge aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf 93,3 Zähler von 91,1 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem leichten Rückgang auf 91,0 Zähler gerechnet. "Trotz der Turbulenzen bei einigen internationalen Banken stabilisiert sich die deutsche Konjunktur", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen etwas zufriedener als im Februar. Und die Erwartungen mit Blick auf die nächsten sechs Monate legten deutlich zu.
Das Geschäftsklima hellte sich auf breiter Front auf - selbst in der durch höhere Kosten für Hypotheken im Zuge der Zinswende arg gebeutelten Baubranche.
"Die deutsche Wirtschaft starte "mit einem guten Gefühl in den Frühling", so Ifo-Experte Klaus Wohlrabe und fügte an: "Eine Winter-Rezession ist unwahrscheinlicher geworden." Im vierten Quartal 2022 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent geschrumpft. Bei zwei negativen Quartalen in Folge sprechen Fachleute von einer technischen Rezession.
Bankenprobleme belasten vorerst nicht
"Die Bankenprobleme lassen die Unternehmen kalt. Die Stimmung der Unternehmen stieg an, unabhängig davon, ob sie von den Ereignissen um Credit Suisse und Co. wussten oder nicht", meint Ökonom Andreas Scheuerle von der Dekabank. Dennoch sei zu erwarten, dass die Banken mit einer Verschärfung der Kreditvergabekonditionen auf die aktuellen Ereignisse reagieren würden: "Und das wird Sand in das konjunkturelle Getriebe streuen."
Zurzeit läuft es aber besser als gedacht: Im Verarbeitenden Gewerbe hob sich die Laune laut Ifo sogar deutlich, während sich die Aufwärtsbewegung des Geschäftsklimas im Dienstleistungsbereich fortsetzte. "Der erneute kräftige Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas verbessert zweifellos die Aussichten für das zweite Quartal", so Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Aber die Zinsanhebungen der EZB seit Juli vergangenen Jahres wirkten mit einer Zeitverzögerung von mindestens vier Quartalen und sprächen gegen eine wirtschaftliche Erholung in der zweiten Jahreshälfte.
Auch die Ifo-Forscher blicken vergleichsweise pessimistisch auf die Konjunktur in diesem Jahr. Anders als die anderen führenden Institute und auch die Wirtschaftsweisen rechnen sie nicht mit einem leichten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes, sondern mit einem Rückgang um 0,1 Prozent. Zuletzt hatte allerdings das Einkaufsmanager-Barometer des Finanzdienstleisters S&P signalisiert, dass die Wirtschaft hierzulande mit Schwung ins Frühjahr gestartet ist. Es setzte sich im März den zweiten Monat in Folge über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern fest.
Volkswirte sehen Licht und Schatten
"Die Erwartungen bekrabbeln sich, Zuversicht versprühen sie noch nicht", kommentiert Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe die Ifo-Zahlen. "Mehr als auf dem Hoffnungsprinzip beruht das Geschäftsklima alles in allem bisher nicht. Zumal Impulse aus China zuletzt unsicherer geworden sind. Die erst zeitversetzt wirkenden Zinsanhebungen belasten zudem den Ausblick für das zweite Halbjahr. Nach einem echten Aufschwung sieht es für 2023 weiterhin nicht aus."
Positiv, aber mit leichten Abstrichen beim Blick auf das Gesamtjahr, beurteilt Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die aktuellen Daten zum Geschäftsklima. "Das ist erfreulich, wenngleich etwas unerwartet. Die verschiedenen Frühindikatoren entwickeln sich derzeit recht uneinheitlich. Die heutigen Zahlen zum Geschäftsklima unterstreichen jedoch, dass die gewerbliche Wirtschaft so etwas wie eine innere Stärke zurückgewonnen hat, gespeist aus einer guten Auftragslage und den robusteren Lieferketten. Vermutlich werden sich in diesem Jahr die Exporte und die Ausrüstungsinvestitionen besser entwickeln als der private Konsum." Dennoch bleibe man bei der LBBW weiter zurückhaltend, was das gesamtwirtschaftliche Ergebnis für 2023 angeht. "Es gibt derzeit zu viele Abwärtsrisiken", so Niklasch.
tko/hb (rtr, dpa)