Auch 2023 eher Stagnation als Aufschwung
15. März 2023Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose für die Jahre 2023 und 2024 bestätigt. Demnach wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr in etwa auf der Höhe des Vorjahres verharren (-0,1%). Während die Wirtschaft in den verbrauchernahen Branchen unter der hohen Inflation leidet und schrumpft, wird die Industriekonjunktur das Wachstum stützen. Im kommenden Jahr dürfte die Wirtschaft dann kräftiger zulegen, um 1,7 Prozent.
"Nach einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent im ersten Quartal wird sich die Konjunktur im weiteren Verlauf wieder erholen. Spätestens ab Jahresmitte werden steigende Reallöhne die Binnenkonjunktur stützen", sagt ifo Konjunkturforscher Timo Wollmershäuser.
Auch im Norden kein Aufschwung in Sicht
Das KielerInstitut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet wegen anhaltender Kaufkraftverluste der Verbraucher infolge der hartnäckig hohen Inflation nicht mit einem kräftigen Aufschwung in Deutschland. Das Institut hob zwar die Wachstumsprognose für 2023 an, allerdings nur von 0,3 auf 0,5 Prozent.
"Die deutsche Wirtschaft müht sich aus der Energiekrise", fasste das IfW die Lage in seiner am Mittwoch veröffentlichten Frühjahrsprognose zusammen. Tiefe Produktionsrückgänge könnten zwar vermieden werden. "Allerdings haben die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine die Erholung von der Pandemie abgewürgt."
Inflationsdruck bleibt hoch
Bei der Inflation gibt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) bei seiner Konjunkturprognose keine Entwarnung. "Der Preisauftrieb wird wohl noch für einige Zeit hartnäckig hoch bleiben." Demnach werden die Verbraucherpreise in diesem Jahr um 5,4 Prozent steigen, 2024 dann um 2,1 Prozent. Im vergangenen Jahr lag die Teuerungsrate bei 6,9 Prozent.
"Die hohe Inflation schmälert die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte und führt zu einem Rückgang der privaten Konsumausgaben im laufenden Jahr", so das IfW. Es zeichne sich ein "merklicher Kaufkraftverlust" von 1,8 Prozent ab.
Das Ifo-Institut ist bei der Teuerung ähnlich zurückhaltend. "Der Gipfel der Inflation ist erreicht. Im Durchschnitt des Jahres 2023 dürfte die Rate mit 6,2 Prozent bereits niedriger sein als im vergangenen Jahr. Im Jahr 2024 werden sich die Raten dann normalisieren und die Inflation 2,2 Prozent erreichen", so Timo Wollmershäuser. Sinkende Energiepreise und eine allmähliche Auflösung der Lieferschwierigkeiten in der Industrie sind die Ursachen dafür.
Stagnation auch auf dem Arbeitsmarkt
"Der Arbeitsmarkt bleibt trotz der wirtschaftlichen Schwächephase robust", schreibt das IfW. Die Arbeitslosenquote dürfte bei gut fünf Prozent verharren, die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Jahr um knapp 300.000 auf mehr als 45,7 steigen. Allerdings dürften sich zunehmend die Folgen des demografischen Wandels zeigen. "In den kommenden Jahren wird die Erwerbstätigkeit ihren Zenit überschreiten", warnt das IfW. "Der massive Fachkräftemangel wird in Anbetracht der hohen Inflation zu kräftigen Lohnsteigerungen führen."
Laut Ifo-Institut wird die konjunkturelle Schwäche die Erholung auf dem Arbeitsmarkt in diesem Jahr etwas verlangsamen. Der Anstieg der Arbeitslosen um knapp 50 000 Personen geht dabei vor allem auf ukrainische Staatsbürger zurück, die im Prognosezeitraum allmählich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Bereits im kommenden Jahr dürfte die Arbeitslosenquote daher wieder auf 5,1 Prozent sinken, nach 5,4 Prozent in diesem und 5,3 Prozent im vergangenen Jahr.
Sinkender Schuldenstand?
Der Staatshaushalt, so die Vorhersage der Ifo-Ökonomen, wird in diesem und im kommenden Jahr mit 1,5 bzw. 0,3 Prozent der Wirtschaftsleistung im Minus bleiben. Allerdings falle das staatliche Finanzierungsdefizit deutlich geringer aus als noch im Dezember erwartet. Insbesondere wurden die Ausgaben, die für die staatlichen Energiepreisbremsen veranschlagt wurden, um insgesamt gut 35 Milliarden Euro herabgesetzt, weil aus heutiger Sicht die Beschaffungspreise für Strom und Gas im Prognosezeitraum niedriger sind als erwartet.
Die Kieler Wirtschaftswissenschaftler erwarten eine leichte budgetäre Entspannung: Aufgrund sprudelnder Einnahmen und sinkender Krisenausgaben dürfte das öffentliche Defizit sinken: Das IfW geht für das kommende Jahr von einer Neuverschuldung von 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, nach 2,6 Prozent im Jahr 2022. Der Schuldenstand soll in diesem Zeitraum von 66,4 auf 63,5 Prozent sinken.
Von weltwirtschaftlicher Seite sehen die Kieler Experten keine größeren Impulse für den Exporteuropameister kommen. "Allerdings können sich die Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe angesichts nachlassender Lieferengpässe daran machen, ihre zuvor angehäuften Auftragsbestände abzuarbeiten, auch wenn die nach wie vor hohen Energiepreise die energieintensiven Branchen belasten."
dk/hb (rtr, Ifo-Institut)