Stilles Gedenken an Befreiung in Bergen-Belsen
15. April 2020Der 15. April sei ein "Tag der Trauer und der Befreiung", erklärte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) in Hannover. Alle Menschen sollten deshalb an diesem wichtigen Tag "kurz innehalten" und an den 15. April vor 75 Jahren denken.
Durch die Coronavirus-Krise bietet das stille Gedenken die einzige Möglichkeit, diesen wichtigen Jahrestag zu begehen. Die für kommenden Sonntag geplanten Feierlichkeiten wurden wegen der Infektionsgefahr abgesagt. Die Gedenkstätte des früheren Konzentrationslagers ist derzeit geschlossen.
Bild des Schreckens
In Bergen-Belsen hatten die Nationalsozialisten sowohl Juden als auch Kriegsgefangene, Homosexuelle und politische Gegner inhaftiert. Viele wurden von dort zur Ermordung in Vernichtungslager weiter verschleppt, aber allein in Bergen-Belsen starben mehr als 50.000 Menschen – darunter auch die durch ihr Tagebuch weltweit bekannt gewordene Anne Frank.
Als die vorrückenden britischen Truppen das zwischen Celle und Soltau gelegene Lager erreichten, bot sich ihnen ein Bild des Schreckens. Unter den vollkommen ausgezehrten Insassen grassierten Seuchen. Täglich starben Hunderte an Hunger und Krankheiten. Die Befreier stießen unter anderem auch auf etwa zehntausend unbestattete Leichen. Trotz der Anstrengungen der britischen Soldaten und von Hilfsorganisationen starben nach der Befreiung noch rund 14.000 ehemalige Gefangene an den Folgen ihres KZ-Aufenthalts.
"In Belsen ist man einfach krepiert"
Von den Streitkräften angefertigte Bilder und Filme gingen schnell um die Welt – Bergen-Belsen wurde zu einem frühen Symbol der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. Die wesentlich größeren Vernichtungslager im von Deutschland besetzten Osteuropa, allen voran Auschwitz-Birkenau, rückten erst später ins Bewusstsein.
Eine der letzten Überlebenden beider Lager, die 94-jährige Anita Lasker-Wallfisch, schrieb in ihrem Redemanuskript zur aufgeschobenen Gedenkfeier: "Ich werde oft gefragt, ob es in Belsen besser war als in Auschwitz. Belsen war ganz einfach anders, Belsen war einzigartig, es war kein Vernichtungslager, hier gab es keine Gaskammern, in Belsen ist man ganz einfach krepiert."
Historisch gewachsene Gedenkstätte
Als 1952 in Bergen-Belsen die erste Gedenkstätte an einem ehemaligen Konzentrationslager geschaffen wird, sind die erschütternden Bilder der Leichenberge noch frisch im Gedächtnis der Menschen. Vom Lager indes ist kaum mehr etwas zu sehen: Die Briten hatten die Baracken abgebrannt, um eine Verbreitung von Seuchen zu verhindern.
Räume und Führungen für die nachkommenden Generationen gibt es seit 1966. Ab Ende der 1980er Jahre kommen Erweiterungsbauten hinzu, Kontakte zu Überlebenden werden intensiviert. 2007 schließlich wird ein Dokumentationszentrum samt Dauerausstellung geschaffen.
djo/se (afp, kna, dpa)