Stichwort: EU-Ratspräsidentschaft
1. Juli 2010Seit dem Inkrafttreten des EU-Reformvertrags von Lissabon existiert eine Teilung in eine "ständige EU-Ratspräsidentschaft" und eine "rotierende EU-Ratspräsidentschaft". Früher gab es lediglich die rotierende Ratspräsidentschaft, die für die EU-Mitgliedsstaaten eine echte politische Gestaltungsmöglichkeit war. Alle sechs Monate wechselten sich die Regierungen der Nationalstaaten turnusmäßig mit dem Ratsvorsitz ab und hatten während dieser Zeit den Vorsitz bei den EU-Gipfeln und den jeweiligen Ministerräten inne.
Veränderungen durch Lissabon
Dank des Vertrags von Lissabon gibt es nun auch den zusätzlichen Posten eines ständigen EU-Ratspräsidenten, der den "Europäischen Rat" leitet. Seit dem 1. Dezember 2009 hat der Belgier Herman Van Rompuy dieses Amt inne. Der ehemalige belgische Ministerpräsident wurde vorher einstimmig von den anderen Staats- und Regierungschefs der EU bestimmt. Er hat damit recht viel Macht und Gestaltungsspielraum bekommen, beispielsweise was die Einberufung von Gipfeltreffen - also dem "Europäischen Rat" - angeht, die er auch leitet. Seine Amtszeit beträgt zweieinhalb Jahre.
Zudem wurde mit dem EU-Reformvertrag eine Art "EU-Außenminister" geschaffen. Offiziell heißt die EU-Außenministerin, die Britin Catherine Ashton, "Hohe Vertreterin der Union und Vizepräsidentin der Kommission". Sie leitet die Ministertreffen der Außenminister. Neben den Treffen der Staats- und Regierungschefs ist dies wohl das wichtigste Gremium.
Kleiner Rest für die rotierenden EU-Ratspräsidentschaften
Damit bleibt den rotierenden Ratspräsidentschaften nur noch der Vorsitz der übrigen Ministerräte, zum Beispiel in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Justiz und Inneres oder Landwirtschaft. Hier treffen sich immer die jeweiligen Ressortminister der EU-Staaten. Der Vorsitz im Ministerrat ist trotzdem mit politischen Gestaltungsmöglichkeiten verbunden, auch wenn diese kleiner sind als vor dem Lissabon-Vertrag.
Die rotierenden Ratspräsidentschaften sind seit 2007 außerdem so genannte "Trio-Präsidentschaften": Immer drei Länder erarbeiten gemeinsam das Programm und die politischen Schwerpunkte für insgesamt 18 Monate. Das aktuelle Trio besteht aus Spanien (1.Halbjahr 2010), Belgien (2.Halbjahr 2010) und Ungarn (1.Halbjahr 2011). Danach folgen bis Mitte 2012 Polen, Dänemark und Zypern. Mitte 2012 endet dann auch die Amtszeit des ersten ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy.
Autor: Susanne Henn
Redaktion: Nicole Scherschun