Späte Entscheidung im Fall Eric Garner
20. August 2019Fünf Jahre nach dem Tod des Afroamerikaners Eric Garner bei einer Kontrolle in New York hat die Polizei den verantwortlichen Beamten entlassen. Der Polizist könne unter den gegebenen Umständen nicht mehr als Beamter der New Yorker Polizei arbeiten, sagte der Chef der Behörde, James O'Neill. Diese "schwere" Entscheidung sei in den vergangenen Tagen gefallen, nachdem eine behördeninterne Richterin die Entlassung des Polizisten empfohlen hatte.
Die Tochter von Eric Garner, Emerald Garner, dankte Polizeichef O'Neill für seine Entscheidung. Diese hätte aber fünf Jahre früher kommen müssen, sagte sie bei einer Pressekonferenz, bei der sie ein T-Shirt mit dem Gesicht des nun entlassenen Polizisten und der Aufschrift "Mörder" trug. Sie kündigte an, eine Wiederaufnahme des Strafprozesses anzustreben und auch die anderen beteiligten Polizisten zur Rechenschaft ziehen zu wollen.
Eine "unumkehrbare Tragödie"
Garner war am 17. Juli 2014 im New Yorker Stadtteil Staten Island von Polizisten gestoppt worden, weil er angeblich illegal mit Zigaretten handelte. Ein Passant hielt auf einem Video fest, wie ihn drei Polizisten zu Boden warfen und ihm die Luft abdrückten. Der damals 43-Jährige starb danach im Krankenhaus. Laut Autopsie führte der Würgegriff mit zum Tod Garners. Die Familie hatte von der Stadt New York als Entschädigung eine Zahlung von 5,9 Millionen Dollar (etwa 5,3 Millionen Euro) erhalten.
O'Neill sprach in Bezug auf den Tod von Garner von einer "unumkehrbaren Tragödie". "Niemand von uns kann Entscheidungen zurücknehmen, besonders nicht, wenn sie zum Tod eines anderen Menschen führten." Die Entlassung des weißen Polizisten sei endgültig und könne nicht geändert werden.
Zunächst nur an den Schreibtisch versetzt
Garners Tod hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt und seine letzten Worte "I can't breathe" ("Ich kann nicht atmen") waren zu einer Parole der Bewegung Black Lives Matter geworden. Diese setzt sich in den USA für Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen und gegen Polizeigewalt ein. Menschenrechtsaktivisten hatten immer wieder die Entlassung des Gesetzeshüters gefordert, die Polizeigewerkschaft hatte die Forderungen als unberechtigt zurückgewiesen und gesagt, der Polizist werde zum Sündenbock gemacht.
Polizeibrutalität gegen Afroamerikaner waren in den USA schon vorher immer wieder beklagt worden, trotzdem wurde der Fall Garner in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Wendepunkt. Dieser und auch folgende Fälle bekamen viel mehr Aufmerksamkeit und zogen mehr Kritik nach sich als zuvor: Dazu gehören Michael Brown in Ferguson, Walter Scott in North Charleston und Freddie Gray in Baltimore. Vielerorts wurden Polizisten mit Kameras ausgestattet, neue Richtlinien eingeführt und spezielle Trainings angeordnet.
Im Fall Garner aber war zunächst vergleichsweise wenig passiert. Der verantwortliche Polizist wurde zunächst auf einen Schreibtischjob versetzt, eine Jury sprach sich gegen einen Strafprozess aus. Das US-Justizministerium verkündete, die Ermittlungen gegen den Polizisten auf Bundesebene ohne Anklage einzustellen. Es gebe keine ausreichenden Beweise dafür, dass er gegen das Gesetz verstoßen habe.
pgr/rb (dpa, ap)