Keine Ermittlungen im Fall Eric Garner
17. Juli 2019Der Tompkinsville Park liegt nur etwa zehn Minuten zu Fuß vom Anleger der Staten Island Ferry entfernt, von der aus hunderte Touristen jeden Tag die Skyline von New York und die Freiheitsstatue fotografieren. In den kleinen dreieckigen Park aber verirren sich nur ganz selten Touristen.
Zwischen einem Taxi-Serviceladen und einem Schönheitssalon, der vor allem Perücken anbietet, hängt ein improvisiertes Gedenkschild an der Wand, hinter Plastik genagelt: "Im Andenken an Eric Garner, der hier am 17. Juli 2014 von der New Yorker Polizei ermordet wurde", steht darauf. "Möge seine Seele in Frieden ruhen."
"Ich kann nicht atmen"
Es ist genau fünf Jahre her, dass der Afroamerikaner Garner bei einem Polizeieinsatz am Tompkinsville Park ums Leben kam. "I can't breath", waren seine letzten Worte, "ich kann nicht atmen". Der an Asthma erkrankte 43-Jährige sagte sie mehrfach, bevor er starb. Sein Tod sorgte weltweit für Schlagzeilen, seine letzten Worte wurden zu einer Parole der "Black Lives Matter"-Bewegung, die sich in den USA für Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen und gegen Polizeibrutalität einsetzt.
Seitdem ist wenig passiert. Der Polizist, der ihn in den Schwitzkasten nahm, wurde auf einen Schreibtischjob versetzt, aber eine Jury sprach sich gegen einen Strafprozess aus. Das US-Justizministerium verkündete am Dienstag, die Ermittlungen gegen den Polizisten auf Bundesebene ohne Anklage einzustellen. Es gebe nicht ausreichend Beweise dafür, dass er gegen das Gesetz verstoßen habe.
Auch ein polizei-internes Verfahren ging vor einigen Wochen zu Ende, jetzt liegt es an New Yorks Polizeichef James O'Neill, ob der Beamte gefeuert oder bestraft wird. Garners Familie hatte die Stadt New York verklagt und eine Entschädigung von rund 5,9 Millionen Dollar (etwa 5,2 Millionen Euro) bekommen.
Fünf Jahre nach dem Fall Garner gibt es nicht nur in seinem Fall keine endgültige Entscheidung über das Schicksal des verantwortlichen Polizisten. Auch viele andere Fälle bleiben ungeklärt.
Garner war polizeibekannt
Der Tompkinsville Park war eine Art Vorgarten für Garner und viele andere Menschen, die bis heute hier die Zeit totschlagen, manchmal illegal einzelne Zigaretten verkaufen, aber normalerweise niemanden ernsthaft belästigen. Garner war polizeibekannt. An jenem heißen Julitag 2014 wollte ihn die Polizei wieder einmal festnehmen, weil er anscheinend illegal Zigaretten verkaufen wollte.
Garner wehrt sich, schreit, wedelt mit den Armen. Die Polizisten überwältigen ihn, einer nimmt ihn in eine Art Schwitzkasten. Kurz darauf ist Garner tot. Woran genau er starb, ist bis heute nicht geklärt. Ein Freund von ihm hat die Szene mit seinem Handy auf Video festgehalten.
Gesellschaftlicher Wendepunkt
Polizeibrutalität gegen Afroamerikaner wurde in den USA schon vorher immer wieder beklagt, trotzdem wird der Fall Garner in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Wendepunkt. Die kurz zuvor gegründete "Black Lives Matter"-Bewegung nimmt seine letzten Worte als Schlachtruf und sorgt dafür, dass dieser und auch die Fälle danach viel mehr Aufmerksamkeit und Kritik nach sich ziehen als zuvor: Michael Brown in Ferguson, Walter Scott in North Charleston oder Freddie Gray in Baltimore beispielsweise. Vielerorts werden Polizisten mit Kameras ausgestattet, neue Richtlinien eingeführt und spezielle Trainings angeordnet.
Die breite Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit an der "Black Lives Matter"-Bewegung und Polizeibrutalität hat wieder deutlich nachgelassen. Vor allem seit Beginn der Regierung Donald Trumps mit offenbar zu vielen Aufreger-Themen gleichzeitig. Dabei ist das Problem alles andere als gelöst: Fast 500 Menschen sind allein in diesem Jahr bereits von der Polizei erschossen worden, wie aus einer Datenbank der "Washington Post" hervorgeht. Für weltweite Schlagzeilen sorgte keiner dieser Fälle.
pgr/pg (dpa, ap)