Sorge vor vierter Corona-Welle
1. Juli 2021Es könnte alles so schön sein. Der Sommer ist da, die Ferien stehen vor der Tür, die Corona-Infektionszahlen sind in Deutschland auf einem erfreulich niedrigen Stand. Wäre da nicht die sogenannte Delta-Variante des Virus, die bereits für mindestens die Hälfte der Neuinfektionen verantwortlich ist. Selbst doppelt Geimpfte müssen wieder Einschränkungen hinnehmen. Wer aus einem Virusvariantengebiet nach Deutschland einreist, muss für 14 Tage in Quarantäne. Ohne Wenn und Aber.
62 Prozent der Deutschen befürchten, dass es eine neue Corona-Infektionswelle geben wird. Zwölf Prozent mehr als im Sommer 2020 nach der ersten Welle. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap hat die repräsentative Studie zur politischen Stimmung in dieser Woche erarbeitet und dafür rund 1300 Bundesbürger befragt.
Die mit Abstand größte Sorge bereitet die Situation in den Kindergärten und Schulen. 79 Prozent der Wahlberechtigten und 89 Prozent der Eltern mit schulpflichtigen Kindern befürchten wegen der Einschränkungen von Schulbetrieb und Betreuungsangeboten in den vergangenen Monaten Beeinträchtigungen in der Entwicklung von Kindern.
Vorkehrungen gefordert
Für den Herbst werden daher rechtzeitige Vorkehrungen für einen gesicherten Unterricht eingefordert. Hierzu gehören die Bereitstellung von Luftfilteranlagen für alle Unterrichtsräume, die 84 Prozent der Bundesbürger befürworten. Ein Angebot von Wechselunterricht auch bei hohen Inzidenzzahlen unterstützen 68 Prozent der Wahlberechtigten. Zweimalige Corona-Tests pro Woche, zumindest für nicht geimpfte Schüler sollten nach Ansicht von drei Vierteln der Bundesbürger (76 Prozent) im Herbst beibehalten werden.
Weniger Sympathien zieht eine fortgesetzte Maskenpflicht im Unterricht auf sich. Nur vier von zehn Bundesbürgern (37 Prozent) und sogar nur 27 Prozent der Eltern schulpflichtiger Kinder unterstützen diese.
Wirtschaft läuft wieder
Obwohl die Angst vor einer vierten Corona-Welle wächst, ist die wirtschaftliche Stimmung gut. Erstmals seit Pandemie-Ausbruch im vergangenen Jahr äußert sich mit 60 Prozent eine Mehrheit positiv. Allerdings gibt es große Unterschiede abhängig von der Parteipräferenz der Befragten.
Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würden CDU und CSU, die zusammen antreten, das Rennen gewinnen. Zusammen kommen sie im Deutschlandtrend auf 28 Prozent. Die Grünen, die im Frühjahr in den Umfragen kurzfristig führten, liegen mit 20 Prozent auf Platz Zwei.
Kaum Auftrieb verzeichnen die derzeit noch mit den Unionsparteien CDU und CSU regierenden Sozialdemokraten. Sie liegen mit 15 Prozent auf dem dritten Platz. Im Vergleich zu 2017, wo die SPD mit 20,5 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis in der deutschen Nachkriegsgeschichte eingefahren hatte, ist die Partei noch einmal deutlich abgerutscht.
Wer regiert mit wem?
Da nicht zu erwarten ist, dass eine Partei bei der Bundestagswahl die absolute Mehrheit erreicht, wird es auch diesmal eine Koalition geben müssen. Für die aktuelle Koalition aus CDU/CSU und SPD würde es nicht reichen. 39 Prozent der Bundesbürger wünschen sich aber, dass die Unionsparteien weiterhin die Koalitionsbildung bestimmen. Sie bevorzugen politische Kontinuität in Berlin und für die Zeit nach der Bundestagswahl erneut ein unionsgeführtes Kabinett.
Interessant ist, dass die Union in allen Altersgruppen die größte Zustimmung erhält. Insgesamt 20 Prozent der Bundesbürger würden es lieber sehen, wenn die SPD die Bundesregierung führen würde, wie das zuletzt zwischen 1998 und 2005 war. 19 Prozent wiederum ziehen im Bund eine Regierung erstmals unter Grünen-Führung vor. Ein Fünftel der Befragten (22 Prozent) äußert aktuell keine Präferenz.
Bundeskanzler Olaf Scholz?
Weniger eindeutig sieht es beim Blick auf die drei Kanzlerkandidaten aus. Wenn nicht der Bundestag, sondern die Bürger bestimmen könnten, wer ins Kanzleramt einzieht, dann hätte der Sozialdemokrat Olaf Scholz derzeit die besten Chancen. 29 Prozent der Befragten favorisieren ihn, auf Platz zwei folgt Armin Laschet mit 28 Prozent. Nur 18 Prozent der Befragten votieren für Annalena Baerbock, ein Viertel ist unentschieden.
Die meisten würden Union wählen und nur wenig verändern
Wichtig ist für die Parteien auch die Frage, ob sich die Bürger größere Veränderungen in Deutschland wünschen, oder ob es ihnen lieber wäre, wenn alles so bliebe, wie es ist. Einen grundlegenden Wandel im Land unterstützen 34 Prozent der Befragten, das sind 15 Prozent mehr als 2017. Eine Mehrheit, nämlich 57 Prozent, votieren aber lediglich für "einige Kurskorrekturen".
Die meisten Befürworter von Veränderungen finden sich bei den Anhängern der AfD (58 Prozent) und der Linken (53 Prozent), gefolgt von den Grünen (46 Prozent). Bei den Wählern von CDU/CSU und SPD (jeweils 70 Prozent) und bei der FDP (75 Prozent) sind hingegen die meisten der Meinung, dass es nur moderate Anpassungen im Land geben sollte.