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Gefahr Sonnensturm

Fabian Schmidt9. Januar 2014

Am 7. Januar 2014 setzte eine Eruption auf der Sonne große Mengen Teilchen frei. Die rasen auf die Erde zu. Zur großen Gefahr für Navigationssysteme, Satelliten und die Stromversorgung wurden sie diesmal aber nicht.

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Ein Sonnensturm (Foto: NASA/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war am 13. März 1989: Ein Sonnensturm legte in der kanadischen Provinz Quebec das komplette Stromnetz lahm. Sechs Millionen Menschen saßen im Dunkeln. Neun Stunden lang tauten Kühlschränke auf, Krankenhäuser und Betriebe konnten nur noch mit Notstromversorgung weiterarbeiten und das normale Leben kam zum Erliegen. Die Verformung des Magnetfeldes der Erde durch die von der Sonne ausgesandten geladenen Teilchen hatte zu Stromüberschlägen in Verteileranlagen geführt.

Auch Anfang Januar 2014 gab es wieder einen Sonnensturm. So dramatisch, wie 1989 wurde er allerdings nicht. Einige Flüge über die Polregionen wurden vorsichtshalber umgeleitet, und auch der Start eines Raumtransporters zur Internationalen Raumstation ISS wurde verschoben. Am 9. Januar 2014 am frühen Abend (Weltzeit) traf der Höhepunkt des Teilchenbombardements auf die Erde.

Das Deutsche Geoforschungszentrum der Helmholtz -Gemeinschaft in Potsdam meldete noch kurz vor dem Höhepunkt, dass "die gemessenen Schwankungen der Magnetfeldvariation sich in einem gemäßigten Bereich" bewegen. Deutlich messbar waren sie allerdings schon.

Magnetfelder verschieben sich

Bei stärkeren Eruptionen geht es allerdings nicht so glimpflich aus. "Wenn Magnetfelder, die durch Sonnenstürme erzeugt werden, mit elektrischen Feldern und Strömen auf der Erde korrespondieren, dann kommt es zu Wechselwirkungen", erklärt Priv.-Doz. Dr. Klaus Börger vom Weltraumlagezentrum, das gemeinsam vom DLR-Raumfahrtmanagement und der Luftwaffe betrieben wird. Diese können so weit gehen, dass starke Stromspitzen in Überlandleitungen entstehen, die selbst wie riesige Antennen wirken. Unter Umständen verschmoren dadurch sogar Transformatoren in Umspannwerken.

Ein Navigationssatellit im All (Foto: OHG Sytsem AG)
Satellitennavigation kann gestört werdenBild: OHB Sytsem AG

Heftige Eruptionen auf der Sonne - sogenannte "koronale Massenauswürfe" - gibt es immer wieder. In der Folge fliegt eine Wolke kosmischer Strahlung auf die Erde zu und erreicht sie in wenigen Tagen. Stromausfälle, wie in Quebec sind zwar sehr selten, aber auch da müssen Inhaber von satellitengesteuerten Navigationsgeräten und Radio-Hörer mit Störungen rechnen.

Bei einem Sonnensturm stößt die Sonne große Mengen an Elektronen und Protonen aus, erklärt Börger. Infolge der ungewöhnlich starken geomagnetischen Stürme kann es zu Unterbrechungen der Stromversorgung und Störungen anderer elektronischer Systeme kommen. Möglicherweise müssen nach solchen Ereignissen auch Flüge umgeleitet werden, die sonst über den Polarregionen verkehren.

Die Sonne als Kernfusionskraftwerk

Die Sonne hat einen Durchmesser vom knapp 1,4 Millionen Kilometern. In ihrem Inneren herrschen Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius. Diese Hitze entsteht durch Kernfusionen, bei denen pro Sekunde Millionen Tonnen von Wasserstoff zu Helium verschmelzen. Koronale Massenauswürfe entstehen, wenn Energie schlagartig freigesetzt wird, die sich zuvor in magnetischen Feldern angesammelt hatte.

Dabei werden drei Formen von Strahlung freigesetzt. Direkt nach der Explosion geht von der Sonne ein Lichtblitz aus. Dieser braucht etwas über acht Minuten, um die 150 Millionen Kilometer zur Erde zurückzulegen. Etwa nach einer halben Stunde treffen geladene Teilchen auf die Erdatmosphäre, die mit Milliarden von Volt geladen sind. Erst danach folgt der eigentliche geomagnetische Sturm. Die dabei freigesetzten Partikel rasen mit einer Geschwindigkeit von etwa 900 Kilometern pro Sekunde auf die Erde zu. Sie brauchen bis zu 46 Stunden, um die Strecke zurückzulegen.

Eine Explosion auf der Sonne (Foto: NASA)
Nach einem koronalen Massenauswurf treffen mehrere Teilchenwellen auf die Erde.Bild: AP

Sonnenstürme stellen eine Gefahr für die zentrale Infrastruktur dar, weil diese zunehmend von Satelliten abhängig ist, und Satelliten besonders empfindlich auf Änderungen der sie umgebenden elektromagnetischen Felder reagieren. Besonders Satellitengesteuerte GPS-Navigationssysteme sind aus dem Logistikbereich oder der See- und Luftfahrt nicht mehr wegzudenken. Sie sind auch besonders anfällig für Sonnenaktivität.

Beeinflussung elektromagnetischer Felder

Denn die Satelliten senden aus etwa 20.000 Kilometern Höhe elektromagnetische Signale Richtung Erde, erklärt der Geodät Klaus Börger, der auch an der Universität Bonn - Professur für Astronomische, Physikalische und Mathematische Geodäsie - lehrt. "Zwischen 1000 und 50 Kilometern Höhe wandern sie dann durch die Ionosphäre, und diese beeinflusst die Richtung und Geschwindigkeit des Signals."

GPS-Empfänger bestimmen ihre Position aus Signalen von mindestens vier Satelliten. "Aus der Laufzeit des Signals, multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit errechnen sie den Abstand zum Satelliten", erklärt Börger. Aber eine Verzerrung des elektromagnetischen Feldes der Ionosphäre kann die Laufzeit verändern. "Das kann, je nach Inonengehalt der Ionosphäre, dramatische Abweichungen bedeuten, bis hin zum Ausfall des GPS", warnt der Wissenschaftler.

Nordlicht Finnland
Polarlichter nehmen nach Sonnenstürmen zu.Bild: picture alliance/WILDLIFE

Alle elf Jahre ein Höhepunkt

Schon 1843 hatte der Astronom Samuel Heinrich Schwabe herausgefunden, dass die Sonnenaktivität gewissen Zyklen folgt. Etwa alle elf Jahre gebe es einen Höhepunkt. Die jetzige Eruption ist demnach eigentlich einige Monate überfällig.

Auch Polarlichter entstehen aus kosmischer Strahlung, weil sich während des Sonnensturms das Erdmagnetfeld verformt. Die geladenen Teilchen des Sonnenwindes werden vom Magnetfeld der Erde abgeleitet und strömen danach an den Feldlinien entlang zu den Erdpolen, wo sie Lichtbänder oder -bögen in verschiedenen Farben hervorrufen. Während Polarlichter nördlich des Polarkreises häufiger zu sehen sind, kann man sie bei besonders starken Sonnenstürmen auch in südlicher gelegenen Ländern wie Großbritannien oder Deutschland sehen.

Die NASA beobachtet die Sonnenaktivität von zwölf unbemannten satellitengestützten Observatorien und Raumschiffen aus. Ein besonderes Instrument ist dabei ein Teleskop zur Messung der Strahlung (Cosmic Ray Telescope for the Effects of Radiation CRaTER), das in einer Mondsonde installiert ist.

Der stärkste historisch belegte Sonnensturm der Geschichte fand übrigens 1859 statt. Heutzutage warnen Experten, dass eine solche "Supereruption" wie damals die Infrastruktur in großen Teilen der Erde innerhalb weniger Minuten lahm legen könnte.