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Im Sklavenland

Sarah Mersch20. Dezember 2007

Mauretanien hat als letztes Land der Welt die Sklaverei abgeschafft - mal wieder. Sind die Bemühungen diesmal ernst gemeint?

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Bis zu 50 Prozent der Bevölkerung in Mauretanien soll als Sklaven leben (Foto: AP)
Bis zu 50 Prozent der Bevölkerung in Mauretanien soll als Sklaven lebenBild: AP

Bereits zum vierten Mal hat Mauretanien das Ende der Sklaverei im August 2007 verkündet. Bis jetzt waren die Bemühungen des Staates im Nordwesten Afrikas erfolglos geblieben, denn Sklaverei war zwar offiziell verboten, wurde aber nicht strafrechtlich verfolgt.

Thema mit vielen Tabus

Doch jetzt wurde erstmals ein Sklavenhalter verurteilt und Reintegrationsprojekte für ehemalige Sklaven angekündigt. Und vor kurzem startete eine groß angelegte Sensibilisierungs-Kampagne. Mauretanien scheint diesmal Ernst zu machen, meint der Soziologe Urs Peter Ruf. "Es ist ein klares Zeichen, dass diese Praktiken ein Ende haben sollen. Das ist die Aufarbeitung eines mit großen Tabus behafteten Themas, über das man so nie öffentlich sprechen wollte", sagt der Mauretanien-Experte.

Die neu gestartete Kampagne soll die Bevölkerung auch in den ländlichen Gebieten für das Thema sensibilisieren und Sklaven über ihre neu gewonnenen Rechten aufklären. Auch die Justiz ist angehalten, das Problem der Sklaverei ernst zu nehmen, die Rechte der Sklaven zu garantieren und durchzusetzen. Der mauretanische Soziologie-Professor und Menschenrechtler Cheikh Saad Bouh Kamara meint, dies sei die Bestätigung des Rechtsstaates und ein "neues Klima". Sowohl die staatlichen als auch privaten Medien beschäftigten sich mit dem Thema, und die Sklaven und ehemaligen Sklaven organisierten sich.

Völlig anderes Leben für Sklaven und Herren

Doch mit mehr Aufmerksamkeit der Zivilgesellschaft und verbesserten rechtlichen Bedingungen alleine wird sich die Situation der Sklaven in Mauretanien nicht wesentlich ändern. Sie leben oft mit ihren Herren zusammen, bestellen Felder oder arbeiten im Haushalt. Eine über Jahrhunderte tradierte Form des Zusammenlebens, die sich viele, Sklaven wie Herren, oft gar nicht mehr anders vorstellen können.

In den meisten Fällen gehören die Herren der arabisch-stämmigen, die Sklaven der afrikanischen Bevölkerung Mauretaniens an, doch das Phänomen ist in allen Ethnien des Landes verbreitet. Die Sklaven und der Haratins, wie die ehemaligen Sklaven genannt werden, machen Schätzungen zufolge 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung aus. Ihre Befreiung und Förderung werde die stark hierarchisierten Gesellschaftsstrukturen in seinem Land aufbrechen, hofft Kamara.

Sklaven brauchen ihr eigenes Land

Ganz wichtig ist es dabei, dass die Sklaven in der neugewonnenen Freiheit auch wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen können, um von den ehemaligen Herren unabhängig zu werden. Es ist wichtig, dass sie Zugang zu Land erhalten, damit sie ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können, meint Kamara.

Doch viele ehemalige Sklaven werden wahrscheinlich weiterhin in einem Haushalt mit ihren Herren zusammenleben, und die gleiche Arbeit leisten wir früher auch. Mit dem Unterschied, dass sie dafür auch gerecht entlohnt werden.

Auch die Herren sind jetzt von Armut bedroht

Doch inzwischen leben die Herren selbst oft ebenfalls in schwierigen ökonomischen Situationen. Denn Armut ist in Mauretanien ein generelles Problem, und betrifft nicht nur die Sklaven und die Haratins. Die vom Finanzminister angekündigten Reintegrationsprojekte für rund 19 Millionen Euro bergen darum auch soziale Sprengkraft, glaubt Urs Peter Ruf.

Die mauretanische Regierung steht also vor einer großen Herausforderung. Denn sie muss sich zwischen den bedrohten Machtansprüchen der Eliten des Landes, der nicht zu unterschätzenden politischen Lobby der Haratins, und den Erwartungen der internationalen Gemeinschaft positionieren.