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Sierens China: Alle fünf Jahre wieder

Frank Sieren27. Oktober 2015

Diese Woche wird in Peking der neue Fünfjahresplan besprochen. China will weniger, aber dafür nachhaltiger wachsen. Der neue Kurs ist auch wichtig für die deutsche Wirtschaft, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Xi Jinping (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/dpa/Ted S. Warren

In dieser Woche schaut die internationale Wirtschaft und Politik genau hin, was in Chinas Hauptstadt passiert. Vom 26. bis zum 29. Oktober treffen sich dort die 205 Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei zum fünften Plenum des 18. Parteitages. An vier Tagen beraten die mächtigsten Männer des Landes unter Ausschluss der Öffentlichkeit darüber, wohin das Land sich weiterentwickeln soll.

In diesem Jahr ist die Sitzung besonders wichtig. Es geht um den nächsten Fünfjahresplan, der den Rahmen von Chinas Politik für die Jahre 2016 bis 2020 absteckt. Eine Zeitspanne also, in der China tief in Reformen steckt und die Weltwirtschaft gleichzeitig sehr instabil ist. Das Dilemma dabei lautet: Je unsicherer die Zeiten sind, desto wichtiger ist ein Plan. Gleichzeitig lässt sich gerade in solchen Zeiten nur schlecht planen.

China will künftig geringer wachsen

Zweistellige Wachstumszahlen waren gestern: Dieses Jahr hat China mit nur sieben Prozent Zuwachs das niedrigste Wachstum seit einem Vierteljahrhundert. Allerdings bedeuten sieben Prozent Wachstum heute genau so viel Wirtschaftskraft, wie es ein Wachstum von 14 Prozent vor gut fünf Jahren darstellte.

Klar ist auch: Für Chinas Wirtschaft beginnt eine neue Phase ihrer Entwicklung mit neuen politischen Schwerpunkten. Eine Politik, die nicht einfach mit mehr Marktwirtschaft beschrieben werden kann. Die Turbulenzen an den chinesischen Börsen in den vergangenen Monaten haben auch gezeigt, dass Peking den Markt nicht einfach sich selbst überlassen kann. Und erst vor dem vergangenen Wochenende hat Peking die Wirtschaft wieder einmal stimulieren müssen: Die chinesische Notenbank hat die Zinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte auf 4,35 Prozent gesenkt. Das ist das sechste Mal innerhalb eines knappen Jahres, dass die Regierung durch Zinssenkungen in den Markt eingreift. Immerhin ist - anders als in Japan und im Westen - bei Zinsen von über vier Prozent noch Handlungsspielraum.

Frank Sieren (Foto: dpa)
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Der erste Fünfjahresplan von Xi Jinping

Der Mann, auf den es ankommt, ist Präsident Xi Jinping: Findet er mit seinem ersten Fünfjahresplan die Balance, mit dem er China zu einer nachhaltigen Wirtschaft verhelfen kann? Andere Leitmotive der "Neue Normalität" getauften Phase sind "hohe Qualität", "Effizienz" und "Gleichheit".

Das Ziel für das Wirtschaftswachstum ist schon durchgesickert: 6,5 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr sollen es im Durchschnitt sein. Das langsamere Wachstum soll Raum für strukturelle Veränderungen eröffnen, wie etwa der weiteren Öffnung des chinesischen Marktes. Auch die Internationalisierung des Renminbis soll vorangetrieben werden. Der Handel mit der chinesischen Währung entwickelte sich in den vergangenen Jahren so positiv, dass sie den kommenden Jahren zu einer Leitwährung aufsteigen könnte. Außerdem will sich die Regierung auf Themen wie erneuerbaren Energien, Umweltschutz und dem Ausbau der Infrastruktur konzentrieren.

Nachhaltigkeit und das Ende der Armut

Nachhaltige Entwicklung bedeutet auch, dass es der chinesischen Bevölkerung besser gehen soll. Wird die Regierung weiter an ihrem Plan festhalten, bis 2020 das Prokopfeinkommen zu verdoppeln und die Armut abzuschaffen? Derzeit leben nach offiziellen Angaben noch 70 Millionen Arme in China. Vergangenes Jahr waren es noch 12 Millionen mehr. Vor 15 Jahren noch insgesamt 600 Millionen.

Das Programm wird von der im Dezember tagenden zentralen Wirtschaftskonferenz noch einmal abgeknickt, bevor er im März kommenden Jahres beim Nationalen Volkskongress endgültig beschlossen wird. Es ist bisher allerdings selten vorgekommen, dass sich bei der ZK-Tagung - und erst recht nicht danach - noch Grundsätzliches verändert hat. Dennoch sind die Experten weltweit gespannt auf die Ergebnisse der nächsten drei Tage. Vor allem die deutsche Wirtschaft einer wichtigsten Handelspartner Chinas schaut genau hin, welche Schwerpunkte Peking setzt: Denn selbst mit nur 6,5 Prozent Wachstum erwirtschaftet China allein immer noch ein Drittel des globalen Wachstums. Das Land ist damit eines der wichtigsten Zugpferde der Weltwirtschaft.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.