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"Sieg für Kenia"

27. August 2010

Kenia hat eine neue Verfassung. Drei Wochen nach einem nationalen Referendum unterzeichnete Präsident Mwai Kibaki in Nairobi das Dokument, das das ostafrikanische Land zukünftig demokratischer machen soll.

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Kenias Präsident Mwai Kibaki verkündet im Uhurupark in Nairobi die neue Verfassung (Foto: AP)
Feierliche Verfassungsverkündung in NairobiBild: AP

Bei einer feierlichen Zeremonie in der kenianischen Hauptstadt unterzeichnete der Präsident am Freitag (27.08.2010) die neue Verfassung für sein Land. Anfang August hatte die Bevölkerung in einem nationalen Referendum mit einer deutlichen Mehrheit von 67 Prozent dem Grundgesetz zugestimmt, das unter anderem die Macht des Präsidenten einschränkt. Das Regelwerk sieht außerdem die Stärkung der Bürgerrechte vor. Damit soll eine Wiederholung von Gewaltausbrüchen wie nach den Wahlen in den vergangenen Jahren verhindert werden. Anfang 2008 wurden bei Stammesunruhen nach der Wahl 1300 Menschen getötet.

Gegner wollen Regelwerk anerkennen

Militärs in Uhurupark in Nairobi (Foto: AP)
Militärparade am Vorabend der Verfassungsfeier im UhuruparkBild: AP

Präsident Kibaki hatte das Ergebnis des Referendums nach der Abstimmung ausgelassen mit Anhängern als "Erneuerung der Nation" und "Sieg für Kenia" gefeiert. Die Gegner der Verfassungsreform hatten ihre Niederlage eingestanden und angekündigt, das Regelwerk anzuerkennen. Erziehungsminister William Ruto, der Führer der Verfassungsgegner, gestand noch vor Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses die Niederlage seiner Gruppe ein. "Die Kenianer haben entschieden, und wir respektieren die Entscheidung", betonte Ruto. Nun sei nicht die Zeit zu klagen, "sondern uns zu vereinen und das Land nach vorne zu bringen".

Macht des Präsidenten wird eingeschränkt

Präsident Mwai Kibaki hatte das Referendum unterstützt. Die Verfassung soll unter anderem die Macht des Präsidenten deutlich begrenzen, auch Landreformen und eine teilweise Legalisierung von Abtreibungen sind vorgesehen. Im Parlament wird eine Senatskammer eingeführt, die Rolle der Kommunen gestärkt. Zweieinhalb Jahre nach den von blutigen Unruhen überschatteten Präsidentenwahlen im Dezember 2007 war das Referendum von Ängsten vor neuer Gewalt begleitet worden. Die Wahl selbst verlief aber friedlich, ohne größere Zwischenfälle und mit hoher Beteiligung. Die Wahlleitung bemühte sich um größtmögliche Transparenz. Fernseh- und Radiosender berichteten rund um die Uhr live über Einzelergebnisse.


Eine Region stimmte gegen neue Verfassung

Zwei kenianische Wahlhelferinnen halten die Abstimmungszettel in die Höhe (Foto: AP)
Eine deutliche Mehrheit der Kenianer stimmte für die Verfassungsreform

Zehntausende Polizisten hatten den Urnengang gesichert, vor allem im zentralkenianischen Rift Valley, das nach den Präsidentenwahlen Schwerpunkt brutaler ethnischer Gewalt war. Das Rift Valley ist die einzige Region Kenias, in der die neue Verfassung auf breite Ablehnung stieß - mehr als eine Million Menschen stimmten dort gegen die Verfassung, 654.000 Wähler billigten sie.

In den Wochen vor der Abstimmung hatten beide Seiten in einem heftigen Wahlkampf um die Stimmen der rund 12,4 Millionen Wahlberechtigten geworben. Finanzminister Uhuru Kenyatta rief Befürworter und Gegner der neuen Verfassung nun zur Zusammenarbeit auf: "Lasst uns einander umarmen und das Land in ein neues Kapitel führen."

Ministerpräsident wird abgeschafft

Die neue Verfassung soll die Konstitution von 1963 ablösen, die Kenia nach seiner Unabhängigkeit von Großbritannien verabschiedete. Sie sieht unter anderem eine Rückkehr zu einem reinen Präsidialsystem wie vor der Präsidentenwahl 2007 vor. Der Posten des Ministerpräsidenten soll nun nach der Wahl im Jahr 2012 wieder abgeschafft und der Präsident, wie zuvor, gleichzeitig Staats- und Regierungschef werden.

Seine Befugnisse werden jedoch eingeschränkt: So muss der Staatschef unter anderem künftig alle Ministerernennungen vom Parlament bewilligen lassen. Daneben sollen zwei weitere wichtige Neuerungen eingeführt werden: ein Oberhaus und eine Art föderales System, das auf den neugeschaffenen Verwaltungsgebieten der "Grafschaften" fußt.

Konservative gegen Abtreibungsrecht

Wartende, die ihre Stimme zum Referendum abgeben wollen in Nairobi (Foto: ap)
Lange Schlangen vor den Abstimmungsbüros in Kenia


Streit gab es vor der Abstimmung besonders in drei Punkten: Konservative Gläubige und Evangelikale lehnen eine liberalisierte Abtreibungsregelung ab, die Schwangerschaftsabbrüche bei Lebensgefahr für die Mutter zulassen will. Kritisiert wird zudem, dass es weiterhin eine islamische Gerichtsbarkeit in Familienfragen geben soll, wie sie bereits die alte Verfassung kennt. Die traditionell besitzreichen Mitglieder des Stammes der Kalenjin fürchten außerdem im Zuge einer Landreform um ihren Grundbesitz.

Die Europäische Union begrüßte das Votum: Der Wahlausgang sei ein "historisches Ereignis", das die Reformen in Kenia voranbringe, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton direkt nach der Abstimmung in Brüssel.

Kritik an Einreise von Sudans Staatschef Baschir

Sudanesischer Präsident el Baschir
Wegen Kriegsverbrechen international gesucht: Sudans Präsident BaschirBild: AP

Internationale Kritik wurde unterdessen am Besuch des sudanesischen Präsidenten Omar el Baschir anlässlich der feierlichen Unterzeichnung der neuen Verfassung in Kenia laut. Baschir konnte trotz eines internationalen Haftbefehls unbehelligt in das Land einreisen.

Der Politiker soll sich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sudanesischen Krisenregion Darfur vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten. In Darfur wurden seit 2003 bei Kämpfen zwischen Rebellen und regierungstreuen Milizen nach UN-Angaben rund 300.000 Menschen getötet.

Internationales Recht missachtet

Die Europäische Union hatte Kenia aufgefordert, Baschir festzunehmen. Die EU sei über den Besuch des sudanesischen Staatschefs in Kenia "besorgt", erklärte die Außenbeauftragte Ashton. Kenia müsse seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht nachkommen.

Kenia gehört zu den Unterzeichnerstaaten des so genannten Rom-Statuts, der vertraglichen Grundlage für den Internationalen Strafgerichtshof. Damit ist das Land verpflichtet, von dem Haager Gericht gesuchte Verdächtige, die sich auf seinem Territorium aufhalten, festzunehmen und auszuliefern.

Auch US-Präsident Barack Obama kritisierte Kenia. Er sei enttäuscht, dass Baschir dort empfangen worden sei, obwohl er vom Internationalen Strafgerichtshof zur Fahndung ausgeschrieben sei. Obama, dessen Vater aus Kenia stammt, erinnerte die Regierung des ostafrikanischen Landes daran, dass sie sich zur Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof verpflichtet habe.

Autor: Dirk Bathe/Thomas Grimmer (afp, rtr)

Redaktion: Stephanie Gebert