Selenskyj vor klarem Wahlsieg in der Ukraine
21. April 2019Amtsinhaber Petro Poroschenko hatte schon in den zuletzt veröffentlichten Vorwahlumfragen weit abgeschlagen hinter dem Politneuling und Komiker Wolodymyr Selenskyj gelegen. Erste Nachwahlbefragungen nach der Stichwahl haben das bestätigt. Sie sehen Selenskyj bei rund 73 Prozent der abgegebenen Stimmen, wie ukrainische Fernsehsender unter Berufung auf mehrere Meinungsforschungsinstitute in Kiew berichten. Poroschenko kam demnach auf 25 Prozent. Mit Auszählungergebnissen wird in der Nacht zum Montag gerechnet.
Poroschenko gibt sich als fairer Verlierer
Amtsinhaber Poroschenko räumte seine Niederlage kurz nach Schließung der Wahllokale ein. Er gratulierte Selenskyj zum Sieg. "So gehört es sich. So ist es in demokratischen Ländern üblich", sagte ein sichtlich enttäuschter Poroschenko vor seinen Anhängern. Zugleich betonte er: "Ich werde weiter in der Politik bleiben und für die Ukraine kämpfen."
Beide Kandidaten stehen für einen prowestlichen Kurs in Richtung EU und NATO. Sie hatten sich seit dem ersten Wahlgang vor drei Wochen einen hitzigen Wahlkampf geliefert. Dabei war es unter anderem zu Drogentests und einem turbulenten Rede-Duell im Kiewer Olympia-Stadion gekommen.
Sticheleien und Polemik am Wahltag
Mit polemischen Äußerungen taten sich beide Bewerber auch am Wahltag hervor. Poroschenko hatte seinem 41-jährigen Herausforderer immer wieder dessen Unerfahrenheit und Populismus vorgeworfen. Bei der Stimmabgabe warnte der 53-jährige Amtsinhaber erneut vor seinem Rivalen Selenskyj, der in der Ukraine als TV-Komiker populär geworden war. "Das hier ist nicht lustig", sagte der Präsident. "Zuerst ist es vielleicht ein bisschen lustig, aber hinterher kann es wehtun." Er hoffe, die Ukrainer ließen sich bei der Wahl von ihrem gesunden Menschenverstand leiten.
Der politische Quereinsteiger Selenskyj konterte im Wahllokal: "Heute habe ich für einen würdigen Menschen im Amt gestimmt." Er versprach, die Korruption im Falle eines Wahlsieges bekämpfen zu wollen. "Die Ukrainer werden heute gewinnen. Alles wird gut." Er hatte Poroschenko wiederholt vorgeworfen, in fünf Jahren Amtszeit den Krieg im Osten des verarmten Landes nicht beendet zu haben und die Zunahme der Korruption hingenommen zu haben.
Rund 30 Millionen Wähler waren in der krisengebeutelten Ex-Sowjetrepublik zur Stimmabgabe aufgerufen. Zehntausende Polizisten sicherten die rund 30.000 Wahllokale. In den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im Osten wurde nicht abgestimmt.
qu/uh (dpa, afp, ape, rtr)