Seehofers Plan "ist Teil der Asylwende"
10. Juli 2018Der Pressesaal im Bundesinnenministerium in Berlin ist an diesem Dienstagmorgen knallvoll, und der Hausherr scheint sich darüber zu freuen. Lächelnd blickt Horst Seehofer, CSU-Chef und Bundesminister für Inneres, in die Runde. Er hat eine blau-weiß gestreifte Krawatte gewählt an diesen Tag, die Farben Bayerns. Er ist gekommen, um endlich seinen "Masterplan Migration" vorzulegen, über den so unendlich viel gestritten wurde in den letzten Wochen.
Ultimaten und Rücktrittsdrohungen
Vor gut einem Monat wollte Seehofer diesen Plan, eine Verschärfung der Asylpolitik, eigentlich schon vorstellen. Aber an einem Punkt stieß er auf den Widerstand seiner Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Seehofer wollte Flüchtlinge, die in anderen EU-Staaten schon registriert worden sind, an der Grenze direkt zurückweisen. Im nationalen Alleingang. Merkel lehnte das ab, setzte stattdessen auf eine europäische Lösung. Ein wochenlanger Streit war die Folge, es gab Ultimaten und Rücktrittsdrohungen, die Regierung stand kurz vor der Auflösung. Ein EU-Sondergipfel musste wegen des Streits in Deutschland einberufen werden. Und ganz am Ende gab es dann doch eine Einigung. Gerade eben so hatte sich die deutsche Regierung ins Ziel gerettet.
"Der Plan ist Teil der Asylwende."
Und jetzt sitzt Seehofer da und sagt diesen Satz: "Dieser Masterplan ist Bestandteil der Asylwende, die dringend erforderlich ist." Er listet auf: Kampf gegen die Fluchtursachen in den Ländern des Südens, stärkere Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Und, und, und. Alles weitgehend unstrittige Punkte. Aber dann heißt es in seinem Plan, den er gerade an die Journalisten verteilt hat: An der Grenze soll es Transitzentren geben, in denen die Flüchtlinge überprüft werden sollen. Moment, hatte sich über diesen Begriff nicht die SPD, der dritte Koalitionspartner, sehr erregt, weil sie den Eindruck vermeiden wollte, es handele sich um geschlossene Einrichtungen? Seehofer erklärt das so: "Dieser Plan trägt das Datum des 4. Juli, das war im Übrigen mein Geburtstag. Und die Einigung mit der SPD kam erst einen Tag später." Ab da hieß es etwas weicher "Transfereinrichtungen".
Warum, so fragen sich die Journalisten jetzt, stellt Seehofer dann einen alten, überholten Plan vor? Will er die SPD erneut provozieren? "Es ist keine Provokation. Aber wenn Sie wollen, dann können Sie das so sehen. Das sehen wir relativ gelassen." Er könne nicht ständig die Gespräche mit vielen Beteiligten auf den neusten Stand bringen: "Ich müsste sonst jeden Tag diesen Plan fortschreiben. Einmal sagen mir die Italiener was, dann die Österreicher."
Italien und Österreich lehnen Seehofers Pläne ab
Die beiden Ländern halten bislang gar nichts davon, dass Deutschland Flüchtlinge einfach an der Grenze abweist. Seehofer will nun mit den beiden Regierungen Gespräche führen: "Das werden schwierige Gespräche, aber sie können gelingen." Wie die ausgehen, ist ungewiss. Sicher ist aber: Seehofer hat diesen, den heutigen Termin genutzt, um noch einmal seine, die reine CSU-Ansicht, mitzuteilen. Die ist aber längst nicht mehr Stand des Regierungshandelns.
Streit auch um den "Brexit-Brief"
Schon in den Tagen zuvor hatte Seehofer immer wieder für Kopfschütteln in Berlin gesorgt. Am Freitag vergangener Woche wurde ein Brief bekannt, den der CSU-Chef an die EU-Kommission in Brüssel geschrieben hatte. Darin mahnte er "Flexibilität " bei den Brexit - Gesprächen mit Großbritannien an. Die Sicherheitszusammenarbeit zwischen London und der Rest-EU dürfe nicht darunter leiden. Aber über den Brexit und wie er ausgestaltet wird, will die EU möglichst geschlossen mit London verhandeln. Seehofers Entgegenkommen kam in Brüssel gar nicht gut an. Und die Bundesregierung ließ ausrichten, Seehofers Ansicht sei nicht die Meinung der Regierung.
"Abrißbirne für Europa"
Spricht man mit führenden CDU-Politikern dieser Tage in Berlin, dann fallen schon Sätze wie, der erbitterte Streit der letzten Wochen (mit Seehofer und der CSU im Zentrum) wirke wie eine "Abrißbirne" für Europa. In Brüssel herrsche die Ansicht vor: Deutschland sende gegenwärtig kaum ein Signal des Aufbruchs für Europa, sondern Deutschland sei eher ein Bremser. Es sieht nicht so aus, als werde sich das bald ändern.