Seehofer und Cordt im Innenausschuss
29. Mai 2018Bundesinnenminister Horst Seehofer stellt sich im Innenausschuss des Bundestages den Fragen der Abgeordneten zur Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In der Sondersitzung wird auch die Präsidentin des BAMF, Jutta Cordt, befragt. In der Sache geht es um rund 1200 Asylanträge, die in der Bremer Außenstelle des Bundesflüchtlingsamtes ohne ausreichende Prüfung bewilligt wurden. Die Ausschussmitglieder wollen wissen, wie es dazu kommen konnte, dass offensichtlich über Jahre positive Asylbescheide ohne rechtliche Grundlage erlassen wurden.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Ob die Öffentlichkeit inhaltliches aus der Sondersitzung erfahren wird, ist fraglich. Die Ausschussvorsitzende, Andrea Lindholz (CSU), wies die Forderung nach einer öffentlichen Sitzung des Gremiums zurück. Es gehe in dem Fall schließlich um viele personenbezogene Daten, die nicht öffentlich genannt werden könnten. Außerdem sei es wichtig, frei über die Vorgänge reden zu können. "Und das wäre in einer öffentlichen Sitzung nicht möglich."
Seehofer sagt nichts
Innenminister Seehofer blieb bei seiner Ankunft im Innenausschuss zum Thema stumm. Er gab kein Statement ab. Dafür meldeten sich an diesem Dienstag viele andere in dem Skandal zu Wort.
Wollte BAMF-Spitze Skandal vertuschen?
Die ehemalige kommissarische Leiterin der Bremer Außenstelle, Josefa Schmid, wirft der Behördenspitze vor, dass sie den Skandal um unrechtmäßige Asylbescheide vertuschen wollte. Das geht aus Antworten des Innenministeriums auf Fragen der Grünen hervor, die die Partei vor der Befragung Seehofers veröffentlichte. Das Ministerium zitiert darin aus einem Schreiben Schmids, in dem diese der Leitung des BAMF vorwirft, kein Interesse an einer echten Aufklärungsarbeit zu haben.
Die Verfasserin äußere den Verdacht, dass durch die BAMF-Zentrale komplette Akten nachträglich gelöscht worden seien, "um Beweismittel zu vertuschen", heißt es in dem Schreiben Schmids demnach weiter. Das Ministerium gibt auch die Antwort des BAMF auf diesen Vorwurf wieder. Demnach sind aufgrund von Datenschutzvorschriften regelmäßige Löschungen notwendig. Die von Schmid erwähnten Löschungen seien "Teil dieser regelkonformen Maßnahmen".
Nach Abgaben des Ministeriums wirft Schmid der BAMF-Zentrale die "langjährige Billigung der Machenschaften in Bremen" vor. Damit sei "über viele Jahre die Verleitung zur rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung indirekt gefördert" worden.
"Schlamperei und Gleichgültigkeit"
Die SPD wirft dem Koalitionspartner Union in der BAMF-Affäre schwere Versäumnisse vor. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, sagte, eine Mischung aus "Schlamperei und Gleichgültigkeit" habe dazu geführt, dass die Missstände nicht abgestellt worden seien. Lischka sagte, er erwarte eine Antwort auf die Frage, warum Hinweisen auf Versäumnisse und Fehlverhalten nicht nachgegangen worden sei. Auch die Grünen forderten lückenlose Aufklärung über die Versäumnisse. "Die Missstände rund um das BAMF sind seit vielen Jahren bekannt", kritisierte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg, vor der Sondersitzung.
Während alle anderern Parteien noch zögern, fordern AfD und FDP einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der Affäre. Die vielen offenen Fragen seien nicht in einer einzelnen Innenausschuss-Sitzung zu klären, sagte stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Stephan Thomae.
In der Bremer BAMF-Außenstelle sollen über Jahre positive Asylbescheide ohne ausreichende Rechtsgrundlage ausgestellt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Leiterin sowie Rechtsanwälte wegen des Vorwurfs des Asylmissbrauchs und der Korruption. In dem Verfahren geht es um mehr als 1.200 Fälle. Über Motive kann nur spekuliert werden. Konkrete Hinweise, dass sich die frühere Amtsleiterin hat bestechen lassen, gibt es bislang nicht.
qu/hk (dpa, afp, rtr, epd)