Seehofer möchte Abschiebe-Hürden senken
21. April 2018Ärztliche Atteste oder fehlende Dokumente von Ausreisepflichtigen sollen künftig nicht mehr als absolute Hinderungsgründe anerkannt werden, wie aus dem Entwurf eines Eckpunktepapiers des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Es liegt dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) vor.
Demnach plant das Ressort von Horst Seehofer (CSU) auch die Einrichtung von insgesamt 40 Rückführungszentren, sogenannten "Anker-Zentren". Die Abkürzung "Anker" steht dabei für "Ankunft, Entscheidung, Rückführung".
Diese Zentren sollen über ganz Deutschland verteilt werden und in der Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer verbleiben. Frühere Pläne, die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in die Verantwortung des Bundes zu legen, seien vom Tisch, berichtet das RND.
Charter statt Linie
Im Gespräch ist eine Unterbringung von bis zu 1500 Ausländern pro "Anker-Zentrum". Nach Seehofers Vorstellungen sollen Abschiebungen direkt von dort aus erfolgen. Laut Eckpunktepapier sollen Ausreisepflichtige künftig auch nicht mehr mit Linienfliegern, sondern bevorzugt mit Chartermaschinen ausgeflogen werden.
In einem Interview mit dem "Spiegel" bekräftigte Seehofer seinen schärferen Kurs gegen abgelehnte Asylbewerber und wies den Vorwurf zurück, Asylbewerber sollten in den Zentren eingesperrt werden. "Das sind doch Schauermärchen", sagte er. Die Asylbewerber hätten aber eine Residenzpflicht und sollten nur Leistungen bekommen, wenn sie in der Unterkunft wohnten. Es gehe darum, "dass sie für die Behörden verfügbar sind, damit die Verfahren innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sind". Die Einrichtungen dürften allerdings nicht zu groß sein, sonst gebe es Probleme. "Viel mehr als tausend Menschen sollten dort nicht untergebracht werden", sagte Seehofer.
Integration anerkannter Flüchtlinge
Gleichzeitig wolle er die Anstrengungen zur Integration anerkannter Flüchtlinge verstärken, kündigte der CSU-Chef an. "An guter Integration derer, die ein Bleiberecht haben, führt kein Weg vorbei - ansonsten wird Hartz IV zur Zuwandererstütze", sagte Seehofer. Wer kein Bleiberecht habe und nicht freiwillig in seine Heimat zurückkehre, solle nur noch Sachleistungen bekommen. Oppositionspolitiker sehen die Pläne kritisch.
Grüne und Linke befürchten unter anderem, dass Asylbewerber in Anker-Zentren zu wenig Kontakt zu ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und spezialisierten Rechtsanwälten haben könnten.
wa/ust/sam (kna, afp, dpa)