Seehofer für mehr Grenzkontrollen zu Polen
24. Oktober 2021Angesichts der Tausenden Flüchtlinge und Migranten, die von Belarus aus nach Polen und dann weiter Richtung Deutschland ziehen, will Bundesinnenminister Horst Seehofer die Kontrollen intensivieren. "An der deutsch-polnischen Grenze haben wir schon jetzt den Grenzschutz mit acht Hundertschaften Bundespolizei verstärkt", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag" (BamS). "Falls notwendig, bin ich bereit, dort noch weiter zu verstärken. Wir werden den Grenzraum und die grüne Grenze zu Polen engmaschig kontrollieren." Seehofer wies darauf hin, aus Belarus und Polen seien in diesem Jahr schon 6162 illegale Einreisen erfolgt. Allein für Oktober registrierte die Bundespolizei nach eigenen Angaben mehr als 3750 unerlaubte Grenzübertritte. Viele der via Belarus ankommenden Migranten und Flüchtlinge stammen laut Behörden aus Afghanistan, Syrien, dem Iran und Pakistan.
Kontrollen auch an deutsch-österreichischer Grenze
Seehofer wies darauf hin, zuständige Beamte hätten in der vergangenen Woche in Brüssel die Verlängerung der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze für weitere sechs Monate angemeldet. "Sollte sich die Situation an der deutsch-polnischen Grenze nicht entspannen, muss auch hier überlegt werden, ob man diesen Schritt in Abstimmung mit Polen und dem Land Brandenburg gehen muss", erklärte Seehofer der BamS. Diese Entscheidung werde auf die nächste Regierung zukommen.
An den Grenzen zwischen den 26 Ländern des Schengenraums gibt es eigentlich keine stationären Kontrollen. In besonderen Situationen sind allerdings Ausnahmen möglich. Seehofer sagte hierzu: "Nach Möglichkeit sollte es innerhalb Europas gar keine Grenzkontrollen mehr geben." Das gehe aber nur, wenn der Außengrenzschutz funktioniere.
Polen hat an seiner EU-Außengrenze zu Belarus bereits Tausende Soldaten stationiert. Zudem kündigte die Regierung in Warschau den Bau einer mehr als 350 Millionen Euro teuren befestigten Grenzanlage an.
Der Co-Parteivorsitzende der Grünen, Robert Habeck, plädiert dafür, die in Polen ankommenden Flüchtlinge und Migranten innerhalb der Europäischen Union zu verteilen. Es gelte, Polen beizustehen, sagte Habeck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Und wir müssen daran erinnern, dass humanitäre Standards einzuhalten sind." Zuvor hatten auch die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland gefordert, die Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze nicht alleine zu lassen.
Die Europäische Union wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, als Reaktion auf verschärfte Sanktionen des Westens gezielt Tausende von Migranten und Flüchtlingen ins Land zu holen und an die Grenze zu den östlichen EU-Staaten zu schleusen.
Seehofer hatte seinem polnischen Kollegen Mariusz Kaminski kürzlich gemeinsame deutsch-polnische Streifen an der Grenze - vor allem auf polnischer Seite - vorgeschlagen. Die Antwort aus Warschau blieb jedoch vage.
Polizeieinsatz gegen Rechtsextreme an der Grenze zu Polen
Im Raum Guben in Brandenburg spürte die Polizei an der Grenze zu Polen mehr als 50 Verdächtige auf, die dem Umfeld der rechtsextremen Splitterpartei Der Dritte Weg zuzurechnen sind. Die Rechtsradikalen wollten laut Polizei gegen Migranten an der Grenze vorgehen. Die Sicherheitskräfte stellten bei ihrem Eingreifen nach eigenen Angaben Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sicher.
se/as (dpa, afp, kna, epd, bams)