"Sea-Watch 4" in Palermo festgesetzt
20. September 2020Die Behörden kontrollierten das private Hilfsschiff "Sea-Watch 4" nach Angaben der Betreiber im Hafen von Palermo elf Stunden lang und trafen anschließend in der Nacht zum Sonntag diese Entscheidung. Nach Angaben des Bündnisses, das das Schiff betreibt, werfen die italienischen Inspektoren der "Sea-Watch 4" vor, die Rettung von Menschen entspreche nicht der Registrierung des Schiffes. Das Schiff habe zu viele Rettungswesten an Bord, das Abwassersystem sei nicht für die Anzahl der Geretteten ausgelegt.
"Die fadenscheinigen Begründungen zeigen erneut, dass es sich nicht um die Überprüfung der Schiffssicherheit handelt, sondern um eine gezielte Verhinderung ziviler Seenotrettung im zentralen Mittelmeer", sagte Philipp Hahn, Einsatzleiter auf der "Sea-Watch 4" in einer Mitteilung des Bündnisses United4Rescue. Demnach hätten die deutschen Behörden dem Schiff erst im Juli die Erfüllung aller Sicherheitsvorgaben bestätigt.
Sea-Watch 3 war Monate beschlagnahmt
Laut United4Rescue wird damit bereits zum fünften Mal ein ziviles Rettungsschiff festgesetzt. 2019 war die "Sea-Watch 3" fast sechs Monate lang beschlagnahmt worden. Die "Sea-Watch 4" war zuletzt bei einem Rettungseinsatz im Mittelmeer unterwegs, anschließend absolvierte die Crew eine zweiwöchige Quarantäne vor dem Hafen von Palermo.
Die Schiffe werden von einem breiten Bündnis von Helfern betrieben, unter ihnen auch die Evangelische Kirche. Deren Migrationsexperte kritisiert die Festsetzung der "Sea-Watch 4" in Palermo als humanitäres Armutszeugnis. "Das Seenotrettungsschiff, das alle Sicherheitsvorgaben erfüllt, soll an der Durchführung der nach wie vor notwendigen Rettungsaktionen im Mittelmeer gehindert werden", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowksi. "Das widerspricht den Werten, für die die EU einst den Friedensnobelpreis bekam."
Auch die "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation "Sea-Eye" war mehrere Monate von italienischen Behörden festgesetzt worden. Seit rund einer Woche ist das Schiff wieder unterwegs und konnte am Wochenende insgesamt 133 Migranten an Bord holen, darunter auch Frauen und Kinder.
Von Libyen aus versuchen immer wieder Flüchtlinge und Migranten die gefährliche Überfahrt nach Europa. Dabei kamen im Mittelmeer nach Angaben der IOM dieses Jahr mehr als 590 Menschen ums Leben.
sth/rb (dpa, afp, twitter)