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Politik

"Sea-Watch 4" darf Palermo anlaufen

1. September 2020

Es ist das vorläufige Ende eines tagelangen Tauziehens: Sizilien bietet dem Rettungsschiff einen sicheren Hafen. An Bord sind mehrere Hundert Migranten.

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Flüchtlinge an Board der Sea-Watch 4
Gerettete und Crewmitglieder an Bord der "Sea-Watch 4" nach der Entscheidung der BehördenBild: Getty Images/AFP/T. Lohnes

Das zivile Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 4" darf Sizilien anlaufen. Das bestätigten die Betreiber auf Twitter. Die 353 Flüchtlinge und Migranten an Bord - darunter viele unbegleitete Minderjährige - sollen am Mittwoch auf ein Quarantäneschiff im Hafen von Palermo umsteigen. Dort müssen sie wegen der Corona-Pandemie für zwei Wochen bleiben.

Der Hafen sei dem Schiff am elften Tag nach der ersten Rettung" zugewiesen worden, kritisierte Sea-Watch. Es sei ein "Unding", dass dies so lange gedauert habe. Nach internationalem Seerecht müsse ein sicherer Hafen direkt im Anschluss an eine Bergung benannt werden, sagte Crewmitglied Chris Grodotzki dem Evangelischen Pressedienst.

Malta winkt ab

Sea-Watch hatte Italien und Malta um Aufnahme der Migranten gebeten. Die Behörden in Valletta wiesen das Gesuch ab. Die Regierung in Rom antwortete zunächst gar nicht - bis jetzt die Zusage eintraf. Italien richtete inzwischen eine offzielle Bitte an die EU-Kommission, die Verteilung der Geretteten in Europa zu koordinieren.

Spanien Burriana | Crew Mitglieder der Sea-Watch 4
Mitte August war die "Sea-Watch 4" zu ihrer ersten Mission ins zentrale Mittelmeer gestartet (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/J. Jordan

Die "Sea-Watch 4" ist mit geringer Geschwindigkeit unterwegs, damit die Menschen auf Deck nicht gefährdet werden. Alle seien erleichtert, sagte eine Sprecherin von Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation gehört zu dem Bündnis United4Rescue, das den Kauf des Schiffes vor allem mit kirchlichen Spenden möglich gemacht hatte.

Mitte August war die "Sea-Watch 4" zu ihrer ersten Mission ins zentrale Mittelmeer gestartet, wo sie zahlreiche Menschen aus Seenot barg. Am Wochenende kam sie der "Louise Michel" zu Hilfe, die mit rund 200 Geretteten manövrierunfähig vor der libyschen Küste trieb. Die "Louise Michel" ist ein privates Rettungsschiff, das vom britischen Street-Art-Künstler Banksy unterstützt wird.

"Alan Kurdi" an der Kette

Die Regensburger Organisation Sea-Eye, die bereits das Schiff "Alan Kurdi" betreibt, kündigte unterdessen an, ein weiteres Rettungsschiff ins Mittelmeer zu schicken. Es soll nach dem Bruder von Alan Kurdi benannt werden und "Ghalib Kurdi" heißen. Ghalib und seine Mutter Rehanna waren ebenso wie der zwei Jahre jüngere Alan bei einem Fluchtversuch ertrunken. Der Todestag von Alan Kurdi jährt sich am Mittwoch zum fünften Mal.

Das Foto des ertrunkenen Jungen, der, mit einem roten T-Shirt und einer blauen Hose bekleidet, mit dem Gesicht im Sand an einem türkischen Strand liegt, löste international Erschütterung aus. Das Rettungsschiff "Alan Kurdi" wird derzeit von italienischen Behörden in Palermo festgehalten. Sea-Eye geht rechtlich dagegen vor.

Wachsender Widerstand

Im Laufe des Sommers war die Zahl der übers Meer ankommenden Migranten stark gestiegen. Seit Jahresbeginn registrierte das Innenministerium in Rom fast 19.400 Ankünfte - im gleichen Zeitraum 2019 waren es 5253 gewesen. Die Menschen setzen sowohl von Libyen wie auch von Tunesien aus nach Europa über. In Süditalien sorgen die wachsenden Flüchtlingszahlen zunehmend für Widerstand in den betroffenen Regionen. Viele Auffanglager sind überfüllt.

jj/qu (dpa, afp, epd)