Beginn eines Heilungsprozesses
28. Februar 2018"Ich habe Angst, aber ich bin gleichzeitig auch froh, dass wieder ein Gefühl von Normalität entsteht", sagte der 16-jährige Schüler Tanzil Philip der Nachrichtenagentur AFP. "Ich bin ein wenig nervös. Aber wir müssen stark sein in solchen Situationen, denn wir sind eine Familie", sagte seine Mitschülerin Jenna Korsten, die das Massaker vom Valentinstag unverletzt überlebt hatte. Ein 19-jähriger ehemaliger Mitschüler, der später festgenommen wurde, hatte vor zwei Wochen mit einer halbautomatischen Waffe des Typs AR-15 insgesamt 17 Schüler und Lehrer getötet.
Der Direktor der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, Ty Thompson, sprach vom "Beginn des Heilungsprozesses". An diesem Tag gehe es nicht ums Lernen, sondern darum, sich wieder wohl zu fühlen in der Schule. Bereits am Sonntag hatte es an der Schule einen freiwilligen Orientierungstag gegeben, um den Schülern die Rückkehr an den Schauplatz des Blutbads zu erleichtern.
Etwa 50 schwer bewaffnete Sicherheitskräfte bewachten zur Wiederöffnung der Schule das Gelände in Parkland. Die Vorsichtsmaßnahme kam nicht bei allen Heranwachsenden gut an. Der Schüler David Hogg kritisierte, das starke Polizeiaufgebot sei selbst wiederum beunruhigend. Die Schulleitung öffnete fast alle Klassenräume für die 3000 Schüler. Das Gebäude, in dem die meisten Opfer getötet wurden, blieb dagegen abgeriegelt.
Ruf nach härteren Waffengesetzen
Überlebende Schüler haben sich seit dem Gewaltakt in Protestmärschen und Einzelaufrufen vehement für eine Verschärfung des laxen US-Waffenrechts eingesetzt. Dazu bildeten sich auch Elterninitiativen. Unter anderem reisten die Jugendlichen nach Washington zu Besuchen bei US-Präsident Donald Trump sowie des Kongresses. Dabei prangerten sie auch den großen Einfluss der Waffenlobby NRA auf politische Amts- und Mandatsträger an.
Mit ihren Forderungen stießen die Schüler am Dienstag bei einem Treffen mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, auf taube Ohren. Gesetzestreuen Bürgern solle der Waffenbesitz nicht verboten werden, sagte der Fraktionschef der Republikaner, Paul Ryan, nach der Begegnung in Washington. Die Anstrengungen zur Vermeidung solcher Blutbäder sollten sich darauf konzentrieren, "dass Bürger, die von vornherein keine Schusswaffen bekommen sollten, diese Waffen nicht bekommen". Der Todesschütze von Parkland, Nikolas C., litt unter psychischen Problemen, die der Schulleitung bekannt waren. Die konservativen Republikaner lehnen seit langem mit Verweis auf das verfassungsgemäße Recht auf Selbstverteidigung eine Einschränkung des Zugangs zu Waffen ab.
Mehrheit für schärfere Gesetze
Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Fernsehsenders CNN zeigt, dass die Unterstützung in den USA für ein schärferes Waffenrecht seit dem jüngsten Schulmassaker auf den höchsten Stand seit mehr als 20 Jahren gestiegen ist. 70 Prozent befürworten demnach Gesetzesverschärfungen, im Oktober waren es nur 52 Prozent. In den USA sterben jedes Jahr Tausende an den Folgen von Schusswaffenmissbrauch, deutlich mehr Menschen, als in jedem anderen befriedeten Industrieland der Welt.
Präsident Donald Trump hatte sich in den vergangenen Tagen mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen in die Waffendebatte eingeschaltet. Dabei brachte auch er zwischenzeitlich eine Heraufsetzung des Mindestalters für den Waffenkauf ins Spiel, diesen Vorschlag hat er aber zuletzt nicht wiederholt. Stattdessen plädierte er Präsident für die Bewaffnung von Lehrern. Mit dieser Forderung liegt Trump auf einer Linie mit der NRA.
kle/uh (afp, rtr, dpa, ape)