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Catherine Deneuve wird 75

Jochen Kürten
22. Oktober 2018

Sie drehte mit François Truffaut, Luis Buñuel und Roman Polanski - ihre Auftritte prägten das europäische Kino der 1960er und 70er Jahre. Deneuve sorgte auch danach immer wieder für Schlagzeilen - nicht nur mit Filmen.

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BELLE DE JOUR Filmstill Catherine Deneuve
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Sehr schade, dass der Film "The Short Night" nie zustande kam. Regie sollte Alfred Hitchcock führen, Catherine Deneuve war für die weibliche Hauptrolle vorgesehen, doch das Projekt scheiterte in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre am labilen Gesundheitszustand des alternden Meisterregisseurs.

Deneuve hätte sich eingereiht in die großen und legendären "Blondinen"-Rollen in Hitchcocks Oeuvre (Kim Novak, Grace Kelly, Tippi Hedren etc.), und es wäre spannend gewesen zu sehen, wie der britisch-amerikanische Regisseur Catherine Deneuve auf der Leinwand zum Glühen gebracht hätte.

Treffender Filmtitel "Laster und Tugend"

Dabei war die Deneuve, die man heute als große Darstellerin des europäischen Kinos verehrt, ursprünglich gar nicht blond, sondern brünett. Regisseur Roger Vadim bestand 1963 darauf, dass die Nachwuchsschauspielerin in seinem Film "Laster und Tugend" das Haar blond färbte: Die blutjunge Darstellerin hatte den Part der "Tugend" zu spielen - blond passte besser zum unschuldigen Image.

Filmstill Die Regenschirme von Cherbourg
Zauberhaft: die junge Schauspielerin in Jacques Demys "Die Regenschirme von Cherbourg"Bild: Imago/United Archives

Laster und Tugend, das wurde dann auch zunächst einmal zum Markenzeichen der 1943 in Paris geborenen Aktrice, die aus einer Schauspielerfamilie kam. "Belle de Jour" (unser Titelbild) hieß der Film von Luis Buñuel aus dem Jahre 1967, der das Rollenspektrum der Deneuve auf den Punkt brachte: eine sehr attraktive bürgerliche junge Ehefrau lebt ihre geheimen erotischen Phantasien aus - in einem Bordell.

Viele Jahre vor dem Welterfolg "Shade of Grey" war der Film "Belle de Jour" wesentlich wagemutiger als die literarischen Sado-Maso-Spielchen der E.L. James aus dem Jahr 2011. Vor allem, weil Catherine Deneuve so wunderbar spielte: scheu wie ein Reh und unnahbar auf der einen Seite - hemmungslos und zielstrebig auf der anderen.

Charakterdarstellerin mit Tiefgang

Ein paar Jahre zuvor hatte sie diese Scheuheit schon einmal in dem Musikfilm "Die Regenschirme von Cherbourg" (1964)zur Vollendung gebracht - und als gequälte junge Frau im Roman-Polanski-Psychoschocker "Ekel" (1965) setzte sie dann noch einen drauf. Allein diese drei Filme hätten gereicht ,um der Deneuve einen Ehrenplatz in der Geschichte des Kinos zu sichern. Zum Ende des Jahrzehnts folgten dann noch die Meisterwerke "Das Geheimnis der falschen Braut" von François Truffaut und "Tristana" von Buñuel.

Jean-Paul Belmondo und  Catherine Deneuve
Mit Jean-Paul Belmondo in "Das Geheimnis der falschen Braut" von TruffautBild: picture-alliance/Courtesy Everett Collection

Was für sie "bürgerlich" bedeuten würde, wurde die Deneuve einmal gefragt angesichts des lustvollen Rollenspiels, mit dem sie immer den Abgrund hinter der gutbürgerlichen Fassaden aufscheinen ließ: "Bürgerlich? Man müsste das Wort definieren. Weil ich meine Eltern mit 16,5 Jahren verlassen habe? Weil ich mit Polanski, Buñuel und Ferreri gedreht habe?" fragte sie damals keck zurück. Die junge Schauspielerin stand zu ihren gewagten Rollen, bewies damit schon in jungen Jahren Mut .

Verlust der Schwester - private Tragödie

Diesen Mut setzte sie auch später immer wieder ein. Ihr mache nichts Angst, hat sie in einem Interview einmal gesagt. Vielleicht war das auch eine Reaktion auf den frühen Tod der Schwester und Schauspielerin Francoise Dorléac, mit der sie noch gemeinsam in Filmen aufgetreten war. Francoise kam 1967 bei einem Autounfall ums Leben. Für die ein Jahr jüngere Schwester  war das ein Schock, von dem sie sich nur langsam erholte. Vielleicht trug das auch dazu bei, dass Catherine Deneuve später oft so unnahbar wirkte, verschlossen wie eine Auster.

Deneuve machte auch viel Werbung

Den Umgang mit der Öffentlichkeit beherrschte sie allerdings souverän. Einerseits ging sie sehr sparsam mit Interviews und Home-Storys um, den Klatsch und Tratsch der Boulevardpresse hielt sie konsequent von sich fern. Auf der anderen Seite kann man von einer Schauspielerin, die sich für den "Playboy" auszog und ihr Gesicht für die Werbekampagnen großer Firmen wie Chanel, L'Oréal oder Yves Saint-Laurent zu Verfügung stellte, nicht behaupten, dass sie öffentlichkeitsscheu ist.

Catherine Deneuve  und Heinz Bennent in Die Letzte Metro
Deneuve als Partnerin des deutschen Schauspielers Heinz Bennent in "Die letzte Metro"Bild: picture-alliance/United Archives

Catherine Deneuve engagierte sich gegen Abtreibung und die Todesstrafe sowie für zahlreiche andere gesellschaftliche Themen. Zuletzt erhob sie ihre Stimme in der #MeToo-Debatte, freilich nicht so, wie es viele möglicherweise von ihr erwartet hatten. Deneuve war eine der Mitinitiatoren eines offenen Briefs, der sich gegen Auswüchse der Kampagne richtete. Damit stieß sie viele Frauen vor den Kopf.

Kluge Rollenauswahl - Deneuve lag selten daneben

Doch irgendwie passte auch diese Aktion zu der Schauspielerin, die immer großen Wert auf ihre Unabhängigkeit gelegt hatte. Das zeigte auch ihre Rollenwahl in späteren Jahren, in denen die filmischen Meisterwerke zwar nicht mehr ganz so dicht gedrängt aufeinander folgten wie in der Zeit der 60er und 70er Jahre, Deneuve aber immer noch eine Vielzahl großartiger Auftritte vor den Kameras verzeichnen konnte.

Anders als viele andere Stars legte die Schauspielerin nie eine Pause ein. Rund 100 Filme drehte sie in den vergangenen Jahrzehnten. Mit Lars von Trier machte sie "Dancer in the Dark", mit François Ozon "8 Frauen" und "Das Schmuckstück", mit französischen Regisseuren wie André Téchiné und Benoît Jacquot, die zu ihren Liebsten gehörten, manches andere schauspielerisches Bravourstück.

Yves Saint-Laurent und Catherine Deneuve umrundet von vielen Frauen
Mit dem Modeschöpfer Yves Saint-Laurent war Deneuve eng befreundetBild: Getty Images/AFP/J.-P. Müller

"Catherine Deneuve ist mehr als schön - sie birgt ein Geheimnis: Die Hoffnung, das es eines Tages preisgegeben wird, lockt die Zuschauer ins Dunkel des Kinos", beschrieb sie der Filmpublizist Adolf Heinzlmeier einmal und endete schwärmerisch mit folgender Fantasie: "Dort, im Dunkel des Kinos, wird sie sich entpuppen und als lila schillernder Schmetterling davonfliegen."

Französische Nationalheldin Deneuve

Am 22.10.2018 feiert Catherine Deneuve, diese große Schauspielerin des französischen und europäischen Kinos, ihren 75. Geburtstag. 1985 wurde ihr Konterfei als Büste der französischen Nationalheldin Marianne genommen und stand fortan für viele Jahre in den Rathäusern der Republik - was könnte es für eine größere Ehre für eine Schauspielerin im Mutterland des Kinos geben?