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Politik

Schwieriger Familiennachzug aus Eritrea

Daniel Pelz Berlin
9. Mai 2018

Mehr als die Hälfte aller Anträge, die Verwandte vergangenes Jahr an deutschen Botschaften in Ostafrika stellten, wurden abgelehnt. Das geht aus einer kleinen Anfrage der Linkspartei hervor, die der DW vorliegt.

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Vier Flüchtlinge aus Eritrea in einer Unterkunft in Thüringen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Wer eritreischer Flüchtling ist und seine Familie nachholen will, kann es schon mal schwer haben: Die deutsche Botschaft in Eritrea hat keine Visa-Stelle. Wenn die Verwandten nicht schon im Ausland leben, müssen sie in die Nachbarländer reisen. 808 Anträge gab es an den Botschaften in Äthiopien, Kenia und dem Sudan im letzten Jahr. 394 wurden angenommen - das entspricht einer Erteilungsquote von knapp 48,8 Prozent. Die Zahlen hat die Linksfraktion im Bundestag anhand einer bisher unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage errechnet, die der DW vorliegt.

Etwas über 35.000 Eritreer erhielten bis Ende 2017 einen Aufenthaltstatus in Deutschland, der zum Familiennachzug berechtigt. Gemessen an der Bevölkerung von rund 5 Millionen ist Eritrea eines der Hauptherkunftsländer afrikanischer Flüchtlinge. Der kleine Staat am Horn von Afrika gilt als brutale Diktatur, vor allem junge Menschen fliehen vor dem jahrelangem Wehrdienst, Armut und Perspektivlosigkeit

Eritrea Präsident Isayas Afewerki, im Hintergrund eine eritreische Flagge
Kritiker werfen Präsident Afewerki vor, sein Volk zu unterdrückenBild: picture-alliance/dpa

"Hohe bürokratische Hürden" sind aus Sicht der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke für die Probleme beim Familiennachzug verantwortlich. "Ich bin sehr entsetzt darüber, dass diesen Menschen die Familienzusammenführung offensichtlich so schwer wie möglich gemacht wird. Das führt zu menschlichen Tragödien", so Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken, im DW-Interview. Im Regelfall müssen Antragsteller Pässe vorweisen können. Ehepartner brauchen außerdem einen Nachweis auf den Eintrag ihrer Heirat im Eheregister Eritreas.

Die Linke hält solche Vorgaben für unzumutbar. "Dass die Bundesregierung verlangt, dass man von einer Militärdiktatur oder Behörden dieser Diktatur Dokumente beschafft, ist unmöglich. Natürlich haben die  Angehörigen riesige Angst, dorthin zu gehen oder Verwandte dorthin zu schicken", sagt Jelpke. Sie verweist auf Medienberichte, dass Angehörige von Flüchtlingen Repressalien von den eritreischen Behörden fürchten müssen. Eritreer im Ausland sollen zudem zur Zahlung von sogenannten Strafsteuern verpflichtet sein, die der eritreische Staat bei ihnen eintreibt.

Bundesregierung hält Visabedingungen für erfüllbar

Die Bundesregierung hält die Bedingungen für die Beantragung der Visa dagegen für zumutbar. Nach ihrer Auffassung sei "kein systematischer Zusammenhang zwischen einer Desertation bzw. dem Sich-Entziehen vom Militärdienst und der Verweigerung der Passausstellung durch eine eritreische Botschaft erkennbar", schreibt das Auswärtige Amt in der Antwort auf die Anfrage der Linken. Zudem würden bei Vorsprachen in der Botschaft in Addis Abeba auch Ausnahmen von der Passpflicht gewährt. Urkunden zum Nachweis von Eheschließungen sind aus ihrer Sicht problemlos erhältlich.

Keine Antwort gibt die Bundesregierung dagegen auf die Frage, wie lange die Erteilung der Visa dauert. "Eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer konnte nicht ermittelt werden", schreibt sie und verweist darauf, dass die Termine für das Erstgespräch nach sechs Monaten gelöscht werden. Bei einem Besuch des deutschen Außenministers Maas in Jordanien letzten Monat hatten Verwandte syrischer Flüchtlinge über lange Bearbeitungszeiten geklagt. Ulla Jelpke glaubt, dass die Angehörigen eritreischer Flüchtlinge das gleiche Schicksal erleiden. "Meine praktische Erfahrung ist, dass die Menschen Monate, wenn nicht Jahre warten, bis etwas passiert", sagt sie.

Ulla Jelpke bei einer Rede im Bundestag picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka)
Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke kritisiert die deutsche Visa-Praxis Bild: picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka

In der Antwort auf die kleine Anfrage spricht auch die Bundesregierung von Engpässen bei der Terminvergabe in der Botschaft in Addis Abeba. Hier wurden im vergangenen Jahr die meisten Anträge auf Familiennachzug gestellt. Antragsteller können nicht - wie sonst üblich- über ein Online-System direkt Termine buchen, sondern müssen sich in eine Terminregistrierungsliste eintragen. Die Botschaft arbeitete sie sukzessive ab, schreibt die Bundesregierung in ihrer Anfrage.

Laut der Antwort der Bundesregierung sind insgesamt etwas mehr als 20 Personen mit der Visavergabe betraut - allerdings nicht nur für die Angehörigen eritreischer Flüchtlinge, sondern für alle Anträge. Die linke Abgeordnete Jelpke fordert daher, die Visastellen personell besser auszustatten. "Mich wundert, dass in den drei Städten jeweils nicht mal eine Handvoll von Beamten zur Verfügung steht, um diese Anträge zu bearbeiten", sagt sie.