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Schweiz ermittelt gegen Beckenbauer und Co.

1. September 2016

Franz Beckenbauer gerät wegen der WM-Affäre 2006 in den Fokus der Schweizer Justiz. Gegen ihn und die früheren DFB-Funktionäre Niersbach, Zwanziger und Schmidt wird in der Alpenrepublik ermittelt.

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Franz Beckenbauer
Bild: Getty Images/Bongarts/M. Rose

Franz Beckenbauer erhielt am Donnerstag Besuch von einigen Ermittlern. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte Kollegen in Österreich und Deutschland im Zusammenhang mit der bislang unaufgeklärten Affäre um das WM-Sommermärchen 2006 um Amtshilfe gebeten. Fast zehn Monate nach der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Beckenbauer sowie die ehemaligen DFB-Funktionäre Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt kommt damit neue Bewegung in den Fall. Insgesamt fanden laut Schweizer Behörde zeitgleich Hausdurchsuchungen an acht Orten statt, es wurden verschiedene Beschuldigte vernommen.

Anwälte: "Beckenbauer unterstützte Ermittlungen"

"Franz Beckenbauer hat die Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft unterstützt, seit er davon Kenntnis hatte, und an der heutigen Durchsuchung konstruktiv mitgewirkt. Er kooperiert auch weiterhin mit allen beteiligten Behörden", hieß es in einer Erklärung der Beckenbauer-Anwälte Werner Leitner und Michael Nesselhauf an die Deutsche Presse-Agentur (DPA). Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, sei das Strafverfahren bereits am 6. November 2015 "insbesondere wegen des Verdachts des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Geldwäscherei sowie der Veruntreuung" eröffnet worden. Geschädigter ist laut Staatsanwaltschaft der Deutsche Fußball-Bund (DFB).

Dem seit Jahren in Kitzbühel in Österreich lebenden Beckenbauer drohen damit wie seinen früheren OK-Mitstreitern juristische Konsequenzen. Im Schweizer Recht wird eine "ungetreue Geschäftsbesorgung" mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren geahndet, in besonderen Fällen drohen bis zu fünf Jahre Haft.

"Arglistig irregeführt"

Der ehemalige DFB-Präsident Zwanziger gab sich dennoch gelassen. "Das hat keine Substanz", sagte er. Gegen ihn genau wie gegen Niersbach und Schmidt wird auch in Deutschland durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt - allerdings wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Im Zentrum der Ermittlungen steht eine ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2002, die vom DFB als Ausgabe für eine Gala zur WM-Eröffnung deklariert worden war.

Fußball-WM 2006 - Organisationskomitee, Schmidt, Zwanziger, Beckenbauer und Niersbach (Foto: Kunz/dpa)
Wer hat wann wovon gewusst? - gegen Schmidt, Zwanziger, Beckenbauer und Niersbach (v.l.n.r.) wird ermitteltBild: picture-alliance/dpa/DB Kunz

Diese fand jedoch nie statt. Es bestehe der Verdacht, "dass die Beschuldigten wussten, dass der Betrag nicht der Mitfinanzierung der Galaveranstaltung diente, sondern der Tilgung einer Schuld, die nicht durch den DFB geschuldet war", begründete die Schweizer Bundesanwaltschaft ihre Ermittlungen. Im Raum stehe zudem der Verdacht, dass die anderen OK-Mitglieder "durch Vorspiegelung und Unterdrückung von Tatsachen arglistig irregeführt" worden seien, "um sie zu einem Verhalten zu bestimmen, welches den DFB am Vermögen schädigte".

In der Affäre um die Vergabe der WM 2006 war schon im März ein Schatten auf Beckenbauer - die Lichtgestalt des deutschen Fußballs - gefallen. Damals hatte die Kanzlei Freshfields in ihrem Untersuchungsbericht zum Skandal, der DFB-Boss Niersbach im Vorjahr das Amt kostete, aufgedeckt, dass die ominöse Millionen-Zahlung nach Katar im Jahr 2002 über ein Konto von Beckenbauer und dessen früheren Manager Robert Schwan lief. Demnach flossen damals sechs Millionen Schweizer Franken vom Beckenbauer/Schwan-Konto an eine Kanzlei, die das Geld an eine Firma des damaligen FIFA-Vizepräsidenten und Vertrauten Joseph Blatters, Mohammed bin Hammam, weiterleitete. Der frühere Top-Funktionär wurde mittlerweile wegen Korruption mittlerweile lebenslang gesperrt. Unklar ist bis heute, was bin Hammam danach mit dem Geld machte und warum Beckenbauer und Schwan diese Zahlungskette auslöste.

Keine endgültige Klärung

Beckenbauer erhielt sein Geld später vom früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zurück. Beckenbauer, der die WM 2006 als Chef des Organisationskomitees nach Deutschland holte, hatte stets erklärt, von den Zahlungen nichts gewusst zu haben. Die deutschen WM-Macher hatten bis zur Aufdeckung der Zahlungsströme immer behauptet, dass Louis-Dreyfus ihnen diese Summe vorgestreckt habe, um damit einen Organisationszuschuss vom Weltverband FIFA in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken abzusichern. Die FIFA wollte sich zu den neuen Entwicklungen nicht äußern. "Das ist Sache der Behörden", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Deutschland Wirtschaft Robert Louis-Dreyfus von Adidas
Auch in den Skandal involviert: Robert Louis-DreyfusBild: Imago

Die Ethikkommission des Weltverbandes hatte unlängst Ex-DFB-Präsident Niersbach für ein Jahr für alle Aktivitäten im Fußball gesperrt, weil dieser ihrer Ansicht nach die dubiosen Geldflüsse rund um das Sommermärchen vertuscht habe. Niersbach, der gegen das Urteil juristisch vorgehen will, hatte seine Kenntnisse in dem Fall mehrere Monate für sich behalten.

asz/tk (dpa, Spiegel)