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Milliardenstrafe für Binance: Wie geht es weiter?

Nicolas Martin
22. November 2023

Geldwäsche, Umgehung von Sanktionen, Hilfe zur Terrorfinanzierung - die weltweit größte Kryptobörse Binance hat sich wegen dieser Vorwürfe auf einen milliardenschweren Vergleich geeinigt. Ist das der Anfang vom Ende?

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Binance-Kryptowährungsbörse Logo auf Smartphone und Bildschirm
Binance - Handelsplatz für KryptowährungenBild: Silas Stein/dpa/picture alliance

Die Worte des US-Generalstaatsanwalts Merrick Garland lassen keinen Zweifel an der Schwere der Anschuldigungen. "Binance ist nur die größte Kryptobörse der Welt geworden wegen seiner begangenen Verbrechen", so Garland in einem Pressestatement.

Nach jahrelangen Verhandlungen hat sich das US-Justizministerium nun mit Binance auf einen Vergleich geeinigt. Vier Milliarden US-Dollar muss die Kryptobörse insgesamt bezahlen. Und die Geschichte der US-Staatsanwaltschaft klingt dabei deutlich düsterer als die bisher bekannte Version über den rasanten Aufstieg der Kryptobörse.

Die geht so: Binance wurde 2017 gegründet und wickelt seitdem den oftmals komplizierten Kauf und Verkauf von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum für Kleinanleger ab. Häufig reicht dabei ein Klick und die Kunden können auf der Plattform Kryptowährungen kaufen und verkaufen.

Man könnte auch sagen: Durch Handelsplattformen wie Binance haben es Kryptowährungen in den Mainstream geschafft. Insgesamt hat die Plattform weltweit 90 Millionen Kunden. Vor allem in Asien ist Binance mit seinem Angebot besonders erfolgreich.

Laut Markus Thielen, dem Autor des Buches Crypto Titans, war es vor allem der einfache Zugang zu Binance, der die Plattform so erfolgreich gemacht hat. Es war im Prinzip egal, wer die Kunden waren: "Natürlich waren die laschen Kontrollen am Anfang ein Grund des Aufstiegs. Man brauchte bei Binance keinen Pass, eine Email-Adresse hat gereicht", so Thielen, der sich selbst auch als Kryptoinvestor versteht und in Singapur lebt, gegenüber der DW. 

Changpeng Zhao auf einer Bühne
Binance-Gründer Changpeng Zhao wird von Fans wie ein Star gefeiert - hier beim Web Summit in LissabonBild: Hugo Amaral/SOPA /picture alliance

Einer hat von dem kometenhaften Aufsteigt der Plattform besonders profitiert - der Gründer von Binance, Changpeng Zhao, von vielen auch nur CZ genannt. Forbes schätzt sein Vermögen auf rund zehn Milliarden Euro. Bei vielen in der Kryptoszene gilt er als Star.

Schneller Aufstieg durch dreckiges Geld

Schon länger war aber bekannt gewesen, dass Binance und CZ es nicht besonders genau nahmen - auch nicht mit kriminellen Kunden. So sollen mit der Terrororganisationen Hamas verbundene Konten bei Binance gelegen haben. Die DW hatte darüber berichtet. 

Das Finanzministerium sagte nun, es habe "beispiellose Maßnahmen" ergriffen, um Binance wegen der Verstöße gegen das US-Gesetz zur Geldwäsche zur Rechenschaft zu ziehen. Dazu zählt die Zahlung von mehr als vier Milliarden Dollar - eine der höchsten Strafzahlungen aller Zeiten.

Binance habe es absolut versäumt, verdächtige Transaktionen mit Terroristen zu verhindern, heißt es auf der Seite des Innenministeriums. Auch Finanzministerin Janet Yellen äußerte sich: "Binance hat in seinem Streben nach Profit die Augen vor seinen gesetzlichen Verpflichtungen verschlossen. Sein vorsätzliches Versagen hat es ermöglicht, dass über seine Plattform Geld an Terroristen, Cyberkriminelle und Kinderschänder fließt."

Changpeng Zhao gab sich auf der Plattform X auffällig geständig. "Ich habe Fehler gemacht und ich muss die Verantwortung übernehmen." CZ wird laut der Einigung seinen Posten bei Binance als CEO aufgeben - er bleibt allerdings der größte Anteilseigner des Unternehmens. Wie seine Zukunft aussieht ist noch nicht klar. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine 18-monatige Haftstrafe, berichtete die New York Times. Das Urteil steht noch aus. 

Changpeng Zhao läuft eine Treppe herunter
Seine Zukunft ist noch ungewiss: Changpeng Zhao war für die Verhandlung nach Seattle gereist und verlässt nach seinem Schuldbekenntnis das Gericht. Bild: David Ryder/Getty Images

Für Giacomo Maihofer von der Kryptozeitung BTC-Echo ist die Strafe alles andere als "beispiellos". "Erwartet wurden bis zu zehn Milliarden US-Dollar und eine lange Haft für Changpeng Zhao", so Maihofer. Seiner Meinung nach will die US-Justiz mit dem Vergleich an klares Signal an die Krypogemeinde senden. Die Botschaft laute: "Die Ära des Wilden Westens ist endgültig vorbei. Andererseits weiß man auch: Eine zu harte Strafe hätte den Markt vielleicht komplett einstürzen lassen und auch viele Menschen hart getroffen", so Maihofer gegenüber der DW. 

Tatsächlich schauen die Behörden in den USA bei Kryptobörsen momentan ganz genau hin. So hatte ein Gericht Sam Bankman-Fried, den Gründer der Kryptoplattform FTX, vor kurzem wegen Betrugs schuldig gesprochen. Das genau Strafmaß ist noch nicht klar. Auch gegen das Kryptohandelshaus Kraken will man nun vorgehen.

Kann Binance überleben?

Bei Binance hatte es bereits im Sommer gewisse Auflösungstendenzen gegeben. So hat das Unternehmen mehr als 1000 Mitarbeiter kurzerhand entlassen - auch einige Führungspersönlichkeiten gingen.

Der Versuch, in Deutschland eine Lizenz zu erhalten, war bisher erfolglos. Die Finanzaufsicht BaFin wollte sich dazu auf Anfrage der DW allerdings nicht äußern, allerdings mehren sich die Berichte, dass die Aufsichtsbehörden in Europa bei Binance sehr vorsichtig sind. Wichtige Märkte bleiben also erst mal verschlossen.

Wie schwer die Strafe nun Binance treffen wird, ist unsicher. Angeblich sitzt das Unternehmen auf großen Reserven. Denkbar ist aber auch, dass die Anleger der Plattform das Vertrauen entziehen und ihre Werte abziehen. "Wenn ein Bankrun eintritt, wird das zur Zerreißprobe für Binance. Und wenn sie gelogen haben, blüht ein böses Erwachen", sagt Maihofer von BTC-Echo.

Die Zukunft von Binance hängt nun vor allem daran, wieder eine weiße Weste zu bekommen. So ist der neue CEO, Richard Teng, ein Compliance-Experte. Für die nächsten fünf Jahre hat sich das Unternehmen verpflichtet, eng mit den US-Behörden zu kooperieren.

Doch damit sind die Probleme nicht beseitigt: Erst im Juni hat die US-Börsenaufsicht SEC Klage gegen Binance eingereicht. Es geht um widerrechtlichen Handel in den USA. So drohen im kommenden Jahr weitere Strafen für die derzeit noch größte Kryptobörse der Welt. 2024 könnte so zum Überlebenskampf werden.

Für den Autor und Krypto-Investor Markus Thielen gehört der Auf- und Abstieg von Handelsplätzen wie Binance zum natürlichen Lauf der Dinge. Dass die Menschen deshalb generell das Vertrauen in Kryptowährungen verlieren, glaubt er nicht. "Es gibt einen Riesenmarkt und der geht nicht weg. Auch nicht, wenn einer der größten Player dabei zusammenbrechen würde."

Die Konkurrenz beobachtet die Probleme bei Binance derzeit wohl mit einer gewissen Freude. Auf X schrieb der CEO des direkten Konkurrenten Coinbase, Brian Armstrong: "Wir haben nun die Möglichkeit, ein neues Kapitel für die Industrie aufzuschlagen." Ob er dabei womöglich vor allem an sein Unternehmen gedacht hat, bleibt offen.