Die schlimmsten Insektenstiche der Welt
7. September 2018Sie sind genervt von den Wespenhorden, die sich gerade auf jeden stürzen, der versucht, eine schöne Mahlzeit im Freien zu genießen? Das können wir gut verstehen!
Doch auch wenn Wespen im Allgemeinen eher unbeliebt sind, der Stich der Wespen hierzulande ist vergleichbar schmerzfrei - Allergiker natürlich ausgenommen. Das zeigt der Blick auf den Schmidt Sting Pain Index, benannt nach seinem Entwickler, dem Insektenforscher Justin Schmidt.
Schmidt arbeitete als Studienleiter am Southwest Biological Institute (SBSC) und studiert die chemischen Abwehrmechanismen von Ameisen, Bienen und Wespen. Eine schmerzhafte Angelegenheit – denn während seiner Forschungsarbeit wurde er von rund 150 verschiedenen Insektenarten gestochen.
Um dabei den Überblick zu behalten, begann Schmidt in den 1960er Jahren mit einer Kategorisierung der verschiedenen Stiche, geordnet nach verursachtem Leid. Insbesondere die genaue Dauer als auch Intensität des jeweiligen Stiches hielt er fest. Zusätzlich beschrieb Schmidt die empfundenen Schmerzen in seiner ganz eigenen, humorvollen Art.
Für diese aufopferungsvolle Leistung wurde ihm 2015 der Ig-Nobelpreis verliehen. Die Auszeichnung wird gelegentlich als Anti-Nobelpreis bezeichnet und ehrt Leistungen, die "Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen."
Schmerzlevel 1:
Wer hier weint, ist ein echtes Weichei. Der Schmerz eines Insektenstiches der Stufe 1 vergeht innerhalb von fünf Minuten und hat keine nennenswerte Intensität. In diese Kategorie fallen zum Beispiel die Stiche der Pelzbiene.
Ob jeder diese Begegnung – wie Schmidt es beschreibt – als "fast angenehm" und "wie ein Liebhaber, der etwas zu feste am Ohrläppchen geknabbert hat" empfunden wird, ist allerdings fraglich.
Ähnlich zärtlich beschreibt Schmidt auch den Stich der Blutbiene. Er sei "leicht, flüchtig, fast fruchtig. Als ob ein winziger Funke ein einziges Haar auf dem Arm ansengt."
Schmerzlevel 2:
Jetzt fängt es an, unangenehm zu werden. Ein Stich aus Kategorie Zwei bleibt uns im Schnitt fünf bis zehn Minuten schmerzhaft erhalten. In diese Schmerzklasse fallen die meisten Hymenopteren-Stiche und hier finden wir auch unsere Wespe wieder. Ihr Stich ist laut Justin Schmidt "reichhaltig, herzhaft und heiß".
Weniger herzliche Worte findet er für die Honigbiene, ihr Stich ähnelt einem "abgebrochenem Streichholzkopf, der auf deiner Haut abbrennt."
Schmerzlevel 3:
So langsam wird es kritisch. Ab Level 3 fangen Stiche an, wirklich, wirklich weh zu tun und zwar für bis zu 30 Minuten. "Ätzend, brennend und unerbittlich. Als ob jemand einen Bohrer benutzt, um einen eingewachsenen Zehennagel freizulegen, oder man einen Becher mit Salzsäure über eine Schnittwunde schüttet" – das ist der Kommentar von Justin Schmidt zum Stich der Ameisenwespe.
Ob diese Beschreibung wirklich hilfreich ist? Schließlich wird sich nicht jeder schon einmal Salzsäure über eine Schnittwunde geschüttet haben.Trotzdem wird klar: Mit der Ameisenwespe ist nicht zu spaßen!
Schmerzlevel 4:
Die Königsklasse. Hier hinein schaffen es nur die wirklich brutalen, die lähmenden Schmerzen. Ein Mitglied dieses erlesenen Clubs ist der Tarantulafalke, eine Wespenart, die Taranteln jagt. Ihr Stich ist "heftig, blendend, furchtbar elektrisch. Als ob jemand einen laufenden Haartrockner in dein Schaumbad fallen lässt."
Föhn und Badewanne, dass klingt nicht gut. Zum Glück scheint diese Schmerzexplosion nicht sehr lange zu dauern, schon nach fünf Minuten klingt sie ab.
Ganz anders bei der Tropischen Riesenameise, die passenderweise auch den Namen 24-Stunden-Ameise trägt. Sie ist die Königin des Schmerzes. Ihr Stich quält ihre Opfer - Sie ahnen es bereits - für bis zu 24 Stunden mit "reinem, intensivem, strahlendem Schmerz. Als ob man über glühende Kohlen läuft und dabei einen sieben Zentimeter langen rostigen Nagel in der Ferse stecken hat." Im Englischen heißt diese Art auch "Bullet Ant". Warum? Auch diesen Vergleich werden nur wenige nachvollziehen können, aber ihr Stich soll so schmerzhaft sein wie eine Schussverletzung.
Wer diese Bewertungen nun als subjektiv empfindet, hat natürlich recht. Denn jeder Mensch hat ein ganz individuelles Schmerzempfinden. Das ist abhängig von der jeweiligen genetischen Grundausstattung, die zum Beispiel die Beschaffenheit des Gewebes oder die Verstoffwechselung von Überträgerstoffen, sogenannten Neurotransmittern, bestimmt. Auch die Psyche des Einzelnen und die jeweilige Tagesform spielen eine Rolle. Zum Beispiel verstärkt eine negative Stimmungslage das Schmerzempfinden, eine positive dämpft es.
Dennoch steht Schmidt mit diesem Schmerzempfinden nicht allein da. Der Insektenforscher Christopher K. Starr hat in den 1980ern ebenfalls eine Schmerzskala entwickelt ("A simple pain scale for field comparison of hymenopteran stings"). Das Ergebnis: Starr und Schmidt haben die gleichen Insektestiche als die fiesesten von allen identifiziert.
Was Sie nun von all dem Wissen über das Schmerzpotenzial von Insektenstichen haben? Nun ja, denken Sie vielleicht daran beim nächsten Wespenstich – es hätte (weitaus) schmerzhafter ausgehen können. Und noch ein Tipp: Ablenkung hilft. Das haben Untersuchungen gezeigt. Und zwar nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen spielt die Aufmerksamkeit und Erwartungshaltung eine entscheidende Rolle. Schmerz wird erst richtig intensiv, wenn wir uns auf ihn konzentrieren.