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Schlangenleder in der Mode: Verbieten oder regulieren?

Jennifer Collins
23. Juni 2019

Taschen aus exotischen Tierhäuten sind zurück auf den Laufstegen. Ob das verboten werden sollte oder ob eine nachhaltige Nutzung gar zum Schutz bedrohter Arten beiträgt, wird unter Tierschützern kontrovers diskutiert.

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Damenhandtasche aus Krokodilleder - Mercedes-Benz Fashion Week Australia 2019
Bild: Getty Images/C. McCredie

Tierschutz-Aktivisten konnten viele Modehäuser und deren Fans davon überzeugen, auf Pelze zu verzichten. Schlangen-, Krokodil- und Eidechsenhäute sind immer noch heißbegehrte Ware. In den letzten Jahren haben sie ein Comeback auf den Laufstegen in Paris, London und New York erlebt.

Mit den Produkten machen Luxusmarken richtig viel Geld. Eine Designertasche aus Schlangenhaut kann dreimal so viel einbringen wie eine aus Rindsleder. Doch Modelabels wie Chanel und Victoria Beckham haben exotische Tierhäute aus ihren Kollektionen verbannt. Luxus-Einzelhändler wie Selfridges wollen nachziehen.

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Die Tierschutzorganisationen People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) und Pro Wildlife würden sich wünschen, dass sich mehr Modehäuser anschließen.

"Wir brauchen keine Produkte von Wildtieren für die Luxusmode", sagt Sandra Altherr, Biologin bei Pro Wildlife, gegenüber der DW. "Das schädigt das Ökosystem und verursacht den Tieren außerdem große Schmerzen."

Andere Naturschutzgruppen, darunter die International Union for the Conservation of Nature (IUCN), sehen das anders. Die Organisation, die regelmäßig den Grad der Gefährdung von Tierarten weltweit einstuft und in Form einer Liste veröffentlicht, ist der Meinung, dass Luxusmarken nicht so schnell exotische Häute aus ihren Kollektionen entfernen sollten. Denn wenn die Modehäuser nachhaltig handeln, argumentiert IUCN, kann die Verwendung von Schlangen, Krokodilen und anderen exotischen Tieren tatsächlich zum Artenschutz beitragen.

Krokodillederschuhe
Exotische Tierhäute erleben ein Comeback auf den Laufstegen in Paris, London und New YorkBild: picture-alliance/keystone/G. Bally

Der Wert von Krokodilen und Schlangen

Die Nachfrage nach exotischen Tierhäuten ist groß. Zwischen 2008 und 2017 wurden mehr als 10 Millionen Häute oder daraus gefertigte Produkte wie Taschen und Gürtel von Tieren wie Eidechsen, Schlangen und Krokodilen in die Europäische Union (EU) importiert. Das besagen die Zahlen, die Pro Wildlife aus der CITES-Handelsdatenbank zusammengestellt hat.

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CITES ist ein multilaterales Abkommen, das den Handel mit Pflanzen und Tieren regelt. So verbietet es zum Beispiel das Geschäft mit bestimmten, vom Aussterben bedrohten Arten. Es ermöglicht aber auch den Handel mit denjenigen Arten, die auf der Skala der Bedrohung nicht so weit oben stehen. Für diese Arten sind spezielle Genehmigungen nötig, es findet eine strenge, staatliche Überwachung statt.

Für Daniel Natusch von IUCN ist der beste Weg, nachhaltigen Handel zu gewährleisten, ihn zu verwalten und zu überwachen. Das bedeutet für ihn auch, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die mit Tieren oder Tierprodukten handeln und ihr Interesse für den Artenschutz zu wecken. Auch hält er es für notwendig, mit Luxusmarken zusammenzuarbeiten, damit sie Tierhäute aus verantwortungsvollen Quellen beziehen.

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Reptilien werden oft in ärmeren Regionen der Welt gejagt, in denen es nur wenige andere Möglichkeiten gibt, Geld zu verdienen. Natusch vertritt die Ansicht, dass eine regulierte Jagderlaubnis dazu führt, dass Menschen, die sonst wenig Interesse daran hätten, die Tiere leben zu lassen, lernen, sie mehr zu schätzen.

"Es ist ziemlich schwierig, Leute davon zu überzeugen, Krokodile oder Giftschlangen zu schützen, die in denselben Gewässern leben, in denen ihre Kinder am liebsten schwimmen", so der Reptilienexperte. "Diese Methode gibt besonders armen Menschen die Möglichkeit, diesen Tieren einen Wert zuzuschreiben."

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Die Befürworter dieses Naturschutz-Modells verweisen auf einen großen Erfolg mit Salzwasserkrokodilen in Australien, deren Zahl sich seit den 1970er Jahren wieder erholt hat. Grundbesitzer nahmen deren Eier und schickten sie zur Aufzucht in spezielle Krokodilfarmen. In einem durchschnittlichen Billabong, so nennen die Australier diese typischen Wasserlöcher, die auch in der Trockenzeit meist noch Wasser enthalten, kann es rund 20 Krokodilnester geben. Und jedes Nest kann 50 bis 60 Eier beinhalten. Im Jahr 2019 lag der Preis pro Ei in Australien bei umgerechnet 16,72 Euro.  

Schwierige Kontrollen

Das Modell einer nachhaltigen Nutzung der Tiere unterstützt Pro Wildlife dagegen nicht. Laut der Tierschutzorganisation verdienen weder Jäger noch Landwirte das große Geld beim Geschäft mit exotischen Tierhäuten, sondern die Luxusmarken selbst.

"Theoretisch würde ich dem zustimmen, dass nachhaltige Erträge eine gute Möglichkeit für einige Einheimische sind, Geld zu verdienen und es dadurch attraktiver wird, Wildtiere zu erhalten", sagt Altherr, fügt aber hinzu, dass sie in diesem Bereich so gut wie keine Beispiele gefunden hat, die funktionieren.

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Auch die genaue Kontrolle ist eine Herausforderung. Hat die CITES eine Genehmigung für den Handel mit einer Art erteilt, muss der Händler nachweisen, woher das Tier stammt. Eine Überprüfung fällt schwer.

Aufgrund der enormen Anzahl der gehandelten Häute und weil größere Tiere bevorzugt werden, geht Altherr davon aus, dass die Zahl der Wildfänge tatsächlich viel höher ist und wahrscheinlich die offiziellen, jährlichen Fangquoten für Tiere weit übersteigt.

Eine Frau trägt einen Pelzmantel
Einige sagen, dass die Öffentlichkeit weniger über exotische Tierhäute als über Pelze in der Modebranche informiert istBild: picture-alliance/Pacific Press/L. Redin

Fragwürdige Tierhaltung

Tierschützer tragen nicht nur den Artenschutz als Argument gegen den Handel mit exotischen Tierhäuten vor. Sie sehen auch ethische Probleme bei der Tierhaltung.

Im Jahr 2016 veröffentlichte PETA Videos aus Vietnam von überfüllten Krokodilfarmen, in denen Tiere in schlechten Bedingungen gehalten wurden. Die Betreiber beliefern europäische Luxusgüter-Marken. Die Organisation sagt auch, dass Schlangen an Bäume genagelt und lebendig gehäutet werden, weil man glaubt, dass so die Haut geschmeidig bleibt. Manche Schlangen brauchen Stunden, um zu sterben.

Johanna Fuoß von PETA Deutschland sagt, dass die Menschen völlig im Dunkeln tappen, wenn es um den Handel mit exotischen Häuten geht.

"Über das Leid der Pelztiere wissen die Menschen sehr gut Bescheid. Aber beim Thema exotische Häute hört ihr Wissen auf, dafür sind sie blind. Diese Tiere wirken auf viele Menschen fremd und deswegen ist es schwieriger, der Öffentlichkeit klarzumachen, dass auch sie es verdienen, gut behandelt zu werden", sagt sie.

Alte Damenhandtasche aus echtem Krokodilleder
Zwischen 2008 und 2017 importierte die Europäische Union mehr als 10 Millionen TierhäuteBild: picture-alliance/imagebroker/H.-D. Falkenstein

Auch der Biologe Natusch, der sich auf Reptilien spezialisiert hat, hat Farmen und Verarbeitungsbetriebe gefunden, in denen Tiere "suboptimal" behandelt wurden. Er führt das auf eine fehlende Spezialausbildung zurück. Er gibt zu, dass es manchmal angebracht wäre, Tiere schonender zu transportieren.

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Aber nachdem er in jeder ihm bekannten Verarbeitungsanlage in Südostasien war, sagt er, dass er noch nie Schlangen gesehen habe, die lebendig gehäutet wurden oder anderen ernsten Tierschutz-Problemen ausgesetzt waren.

IUCN arbeitet mit Industrieverbänden zusammen, um Workshops zum Thema Tierschutz abzuhalten und landwirtschaftliche Betriebe und Verarbeitungsanlagen zu überwachen. Einer davon, die Southeast Asian Reptile Conservation Alliance (SARCA), kooperiert mit dem französischen Luxusgüterkonzern Kering, zu dem auch die Marke Gucci gehört. 2017 kaufte der Konzern eine Pythonfarm in Thailand, um sicherzustellen, dass die Schlangen nach ethischen Kriterien aufgezogen werden.

Das reicht denjenigen aber nicht, die sich grundsätzlich gegen das Töten von Tieren für die Kleidungsproduktion stellen.

"Es gibt keine artgerechte oder schonende Art, ein Tier zu töten", sagt Fuoß und fügt hinzu, dass es für das einzelne Tier nicht von Bedeutung ist, warum ihm seine Haut abgezogen wird. Auch wenn die Häute aus nachhaltigen Quellen stammen, die Tiere würden immer leiden. "Millionen von Tieren sterben jedes Jahr für den Handel mit exotischer Haut und jedes einzelne Tier durchläuft den gleichen Prozess der qualvollen Tötung."