Warum Mozart fast Kubaner geworden wäre
27. Juni 2020Dass die charmante Patina Havannas eine dankbare Filmkulisse abgibt, haben zahlreiche Spielfilme bewiesen. Dass die kubanische Hauptstadt samt ihrer Bewohner auch ideale Zutaten für einen Musikfilm sind, hat Filmlegende Wim Wenders 1999 mit seinem "Buena Vista Social Club" gezeigt. Und einmal mehr, aber doch ganz anders, demonstriert es nun die Dokumentarfilmerin Magdalena Zieba-Schwind in der DW-Produktion "Mozart y Mambo".
Ihr Film spürt Wolfgang Amadeus Mozart nicht in Salzburg nach - sondern in Havanna. Denn "eigentlich hätte Mozart in Kuba geboren werden sollen." Diese kubanische These hören wir gleich am Anfang des Films, und dieser Gedanke war auch der Anfang eines kühnen Projektes: Mozart und Mambo miteinander zu verbinden, Wiener Klassik mit kubanischen Rhythmen. Eine Idee, die Sarah Willis, Hornistin der Berliner Philharmoniker, über Jahre nicht losgelassen hat und die sie 2020 endlich verwirklichen konnte. Der Film begleitet sie dabei.
Kubas überbordende Musikalität
2017 kam Willis, die lange die DW-Sendung "Sarah's Music" moderierte, erstmals nach Havanna, um einen Meisterkurs zu unterrichten. Überall begegnet ihr Musik: Salsa, Mambo, Son. Jedes Haus, jede Straße, jeder Ort ist davon erfüllt. Mitten in der Altstadt Havannas steht ein Denkmal für Wolfgang Amadeus Mozart. Mozart auf Kuba - ein unerwartetes Bild, aber denkt man an die spielerische Leichtigkeit, die Lebensfreude und die überbordende Musikalität, dann gibt es doch viel Verbindendes zwischen dem Musikgenie und kubanischen Musikern.Einer davon ist der Saxophonist Yuniet Lombida Prieto. Er spielt Kammermusik, Jazz und Salsa auf großen internationalen Bühnen. Der Dirigent José Antonio Méndez Padrón leitet das "Orchquestra del Lyceum de la Habana". "Er hat eine musikalische Seele", sagt Sarah Willis, und sei als Dirigent überall auf der Welt gefragt.
Berufsmusiker in Kuba - es fehlt an allem
Aber er ist in Kuba geblieben, leitet seit zehn Jahren das Orchester und versucht, talentierten jungen Musikern eine Perspektive in ihrer Heimat aufzuzeigen. Denn nur wenige bleiben in Kuba. Die Lebensbedingungen sind hart, es fehlt an allem. Gute Instrumente sind schwer zu bekommen und noch schwerer in Schuss zu halten, die hohe Luftfeuchtigkeit der karibischen Insel setzt ihnen zu. Auftritte sind rar und oft nicht planbar. Keine guten Voraussetzungen für eine Karriere als Berufsmusiker.
Viermal war Sarah Willis mittlerweile für die Durchführung von Meisterklassen in Kuba. Das hohe Niveau der Musiker, ihre Spielfreude und die Kunst zu improvisieren - trotz oder gerade wegen der widrigen Umstände - haben sie tief beeindruckt.
Und so entstand das Projekt "Mozart y Mambo": Ein einmaliges Musikprogramm, das die Hornkonzerte von Mozart mit traditioneller kubanischer Musik kombiniert - "Eine kleine Nachtmusik" als Mambo-Version. Im Januar 2020 aufgezeichnet, wenige Monate später veröffentlicht.
Mit "Mozart y Mambo" möchte Sarah Willis ein Bewusstsein für das große Können ihrer kubanischen Musikerkolleginnen und -kollegen schaffen. Ein Teil der CD-Einnahmen fließt aber auch dahin, wo es dringend gebraucht wird: in den Erwerb neuer Instrumente für das "Orquestra del Lyceum de La Habana". Eigentlich wollte das Orchester im Sommer 2020 nach Deutschland reisen, um das Projekt live bei großen deutschen Klassikfestivals zu präsentieren. Aufgrund der Corona-Pandemie sollen die Konzerte nun 2021 stattfinden - das wäre die Gelegenheit, live zu erfahren, warum Mozart ein Kubaner hätte sein sollen.
Deutsche Welle TV strahlt den Dokumentarfilm "Mozart y Mambo. A Cuban Journey with Sarah Willis" im Rahmen der Sendung Kultur.21/Arts.21 am 27., 28. und 29. Juni 2020 aus. Am 3. Juli erscheint bei Alpha Records das Album von Sarah Willis, "Mozart y Mambo".