Sambias Medien unter Druck
23. Juni 2016Die Journalisten von "The Post" fotografierten noch in aller Eile die Schließung des Druckhauses und ihres eigenen Arbeitsplatzes, während die Beamten der Steuerbehörde sie aus ihren Büros drängten. Schwerbewaffnete Polizisten waren zusammen mit den Steuerfahndern am Dienstagabend zum Eingang des Hauptgebäudes in Sambias Hauptstadt Lusaka vorgerückt. Sie hatten den Befehl, den Betrieb der sambischen Zeitung in der Hauptstadt Lusaka einzustellen - so berichten es andere sambische Medien. Die Begründung für das Aus dieser populären Stimme des Landes: Die Zeitung habe umgerechnet etwa sechs Millionen US-Dollar Steuerschulden.
Dass sie Steuerschulden hat, leugnet die Zeitung nicht. "Aber in unseren Büchern stehen andere Zahlen, und darüber liegen wir mit der Behörde im Streit", sagt Redaktionsleiterin Joan Chirwa der DW. "Andere Zeitungen schulden denen noch viel mehr als wir. Die Post ist die einzige Zeitung, die den Lesern das sagt, was sie - wenn es nach der Regierung ginge - nicht wissen sollen." Es gebe keine freie Presse unter dieser Regierung, sagt Chirwa. Die Steuerbehörde habe einen Gerichtsbeschluss, der die Zeitung vor der Schließung schützen sollte, einfach ignoriert.
Der Vorwurf: Schließung ist politisch motiviert
Bei einer Ansprache vor den Journalisten versicherte Chefredakteur und Zeitungsgründer Fred M'membe, es handelte sich nur um eine vorrübergehende Unterbrechung, die politisch motiviert sei. M'membe hatte die Zeitung 1991 zusammen mit zwei Mitgründern zunächst als Wochenzeitung ins Leben gerufen. Seit 2000 erscheint sie täglich. Im Laufe seiner Karriere scheute der Chefredakteur keine Konflikte mit der jeweiligen Regierung in Sambia. Mehrere internationale Auszeichnungen erhielt er deswegen, unter anderem den "Africa Press Freedom Award" des Medien-Instituts für das Südliche Afrika. Klagen, Drohungen und Haftstrafen von Staatsseite sind ihm nicht neu.
Auch Amnesty International hat die Schließung der Post als "Angriff auf die Pressefreiheit im Land" angeprangert. Es handele sich dabei um einen Vorwand der Regierung vor den anstehenden Wahlen, kritisierte die Menschenrechtsorganisation.
Steuersünder sollen nicht davon kommen
Die private Zeitung äußerte sich häufig kritisch gegenüber Präsident Edgar Lungus Regierung in Sambia. Lungu ist seit dem vergangenen Jahr in Sambia an der Macht. Er hatte nach dem Tode des vorherigen Präsidenten Michael Sata knapp bei den kurzfristig einberufenen Neuwahlen gewonnen. Jetzt stehen am 11. August die offiziellen Präsidentschaftswahlen an. Die Oppositionspartei "United Party for National Development" und ihr Vorsitzender Hakainde Hichilema fordern Lungu stark heraus.
In Zeiten eines Wahlkampfes werde die Schließung der Zeitung leider missverstanden, sagt Costa Mwansa, Chefdredakteur von MuviTV in Sambia, im DW-Interview. Auch er spricht von einem "Rückschritt für die Pressefreiheit in Sambia". Aber er gibt zu bedenken: "Die Regierung hatte letztes Jahr bei Antritt angekündigt, Steuersünder nicht davon kommen zu lassen." Der Streit sei eine Sache zwischen der Zeitung und den Steuerbehörden, nicht den Politikern, sagt Mwansa.
Tränengas gegen Journalisten
Die Journalisten der Post sind entschlossen, zu kämpfen. Nach der Schließung schafften sie es noch über Nacht, eine begrenzte Zahl an Kopien ihrer aktuellen Ausgabe in einem anderen Druckhaus zu produzieren. Der Titel: "Steuerbehörde schaltet Post ab." Laut sambischer Medienberichte harrten viele Journalisten vor dem von Polizisten versperrten Eingang aus und operierten von einer "Redaktion im Freien" aus. Sie saßen auf Plastikstühlen, packten ihre Laptops aus und arbeiteten praktisch unter Polizeiaufsicht vor dem Zeitungsgebäude. Das ging so lange gut, bis die Polizei die Zeitungsleute mit Tränengas verjagte.
Trotzdem soll es weitergehen. Der stellvertretende Chefredakteur Joseph Mwenda sagte der Nachrichtenagentur AP: "Die Post ist zwar geschlossen worden. Aber wir werden weiter arbeiten, wenn nötig nur mit dem Kugelschreiber."
Mitarbeit: Ole Tangen