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Salman Rushdie: Die Folgen der Attacke

Philipp Jedicke mit reuters, AFP, KNA
24. Oktober 2022

Nach der Messerattacke bei einer Literaturveranstaltung im August dieses Jahres ist Salman Rushdie laut seinem Agenten auf einem Auge erblindet und kann eine Hand nicht mehr bewegen.

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Salman Rushdie
Salman Rushdie im Jahr 2019 beim Literaturfestival in Cheltenham, EnglandBild: i Images/IMAGO

In den letzten Jahren war der 75-jährige britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie wieder mehr in die Öffentlichkeit gegangen. Zu seinen bekanntesten Werken zählt der 1988 erschienene Roman "Die satanischen Verse", in dem nach Ansicht von Teilen der muslimischen Welt der Prophet Mohammed verhöhnt wird. 1989 hatte der damalige Oberste Führer des Iran, Ayatollah Ruhollah Khomeini, in Reaktion auf die "Satanischen Verse" ein religiöses Edikt (Fatwa) erlassen, in dem er Muslime zur Ermordung Rushdies aufforderte. Rushdie, der in Indien als Sohn einer muslimischen Familie geboren wurde, lebte daraufhin neun Jahre lang unter strengem britischem Polizeischutz an wechselnden geheimen Orten.

Seit einiger Zeit führte Rushdie aber wieder ein relativ normales Leben und trat immer wieder in der Öffentlichkeit auf. In der neunten Staffel der US-amerikanischen Comedyserie "Curb Your Enthusiasm" spielte Rushdie sich sogar selbst und ging darin mit viel Galgenhumor mit dem Thema der Fatwa um.

Attacken auf Übersetzer und Verleger

Doch die Gefahr war beileibe nicht gebannt: Die Fatwa gegen Rushdie war nie ausgesetzt worden. Viele Menschen, die in irgendeiner Form mit dem Buch zu tun hatten, wurden bedroht und sogar attackiert: Der italienische Übersetzer von "Die satanischen Verse" wurde 1991 in Mailand schwer verletzt, der japanische Übersetzer wurde im selben Jahr erstochen. Jamshid Khasani, der das Buch auf Farsi übersetzt hatte, flüchtete 1992 aus Teheran nach Israel, wo er unter neuem Namen lebt. 1993 starben bei einem Brandanschlag auf ein Kulturfestival im anatolischen Sivas 37 Menschen, weil der türkische Schriftsteller Aziz Nesin, der dort auftrat, angekündigt hatte, Auszüge aus Rushdies Buch zu veröffentlichen. Auf den norwegischen Verleger des Buchs, William Nygaard, wurde im selben Jahr geschossen, er überlebte nur knapp.

Das Buch "Die satanischen Verse" von Salman Rushdie steht in einem Bibliotheksregal
Das Buchcover von "Die satanischen Verse"Bild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

Ende der 1990er Jahre hatte sich die iranische Regierung von Präsident Mohammad Chatami zwar von der Fatwa distanziert, doch das von einigen Organisationen ausgesetzte Kopfgeld wuchs auf mehrere Millionen Dollar. Khomeinis Nachfolger, Ayatollah Ali Khamenei, wurde 2019 vom Kurznachrichtendienst Twitter suspendiert, weil er erklärt hatte, die Fatwa sei "unwiderruflich".

Der brutale Angriff und seine Folgen

Am 12. August 2022 traf es schließlich auch den Autor selbst: Salman Rushdie wurde auf einer Bühne in einem Veranstaltungshaus im Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaats New York brutal attackiert. Ein 24-jähriger Mann libanesischer Abstammung stürmte die Bühne und stach mit einem Messer auf Rushdie ein. Dabei erlitt Rushdie drei schwere Verletzungen am Hals und ungefähr 15 weitere Verletzungen an Brust und Oberkörper. Nervenstränge in seinem Arm wurden durchtrennt und seine Leber beschädigt. Er ist seitdem auf einem Auge blind und kann eine Hand nicht mehr bewegen. Rushdie wurde per Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht und notoperiert, der Angreifer wurde von Zuschauern überwältigt und von einem anwesenden Polizisten festgenommen. Dem jungen Mann aus Fairfield im US-Bundesstaat New Jersey soll in den USA der Prozess wegen versuchten Mordes gemacht werden. Sein Motiv ist bislang unklar.

Ein Mann steht an einem Rednerpult vor einem klassizistischen Gebäude
Schriftsteller Gay Talese bei einer Solidaritätsbekundung des Schriftstellerverbands PEN für Salman Rushdie in New YorkBild: Sarah Ynez-Richards/Agencia EFE/IMAGO

Die Attacke auf Salman Rushdie hat weltweit großes Entsetzen ausgelöst. Bei der gerade zu Ende gegangenen Frankfurter Buchmesse führte sie mit dazu, dass das Thema Sicherheit "oberste Priorität" hatte. Buchmesse-PR-Manager Frank Krings sagte gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "An allen Messetagen sind in den Hallen verstärkt Einsatzkräfte der Polizei unterwegs, die jedem Hinweis auf Bedrohungen sofort nachgehen". Somit sei neben der Sicherheit für das allgemeine Publikum "auch der Schutz von politisch verfolgten Autorinnen und Autoren, internationalen Spitzenpolitikerinnen und Mitgliedern aus Königshäusern auf der Frankfurter Buchmesse gewährleistet" gewesen.

Leben nach dem Anschlag

Rushdies Agent Andrew Wylie hatte in einem am vergangenen Wochenende veröffentlichten Interview mit der spanischen Zeitung "El País" über Rushdies Gesundheitszustand berichtet. Wo sich der britisch-indische Schriftsteller befindet oder ob er noch im Krankenhaus sei, sagte Wylie nicht. "Er wird leben", sagte er lediglich.

Rushdies neuer Roman "Victory City" soll im April 2023 auf Deutsch erscheinen. "Der Roman spielt in Südindien im 14. Jahrhundert und erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das von einer Göttin auserwählt wird", heißt es seitens des Penguin-Verlags.