Frieden für Südsudan?
23. Januar 2014DW: Vertreter der südsudanesischen Regierung und der Rebellen haben sich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Innerhalb von 24 Stunden sollen alle Gefechte eingestellt werden. Die Regierung hat außerdem zugestimmt, elf Vertraute von Riek Machar freizulassen, die nach dem Ausbruch der Kämpfe festgenommen worden waren. Glauben Sie, dass das Abkommen funktionieren wird? Wird es die Kämpfe beenden?
Eric Reeves: Ich wünschte ich könnte das bejahen, aber ich glaube nicht daran. Es gab viele Missverständnisse - auch weil teilweise falsch berichtet wurde. Und ich denke, die Vorstellung, dass Riek Machar eine Art Gegengewicht zu oder Salva Kiir ebenbürtig ist - dass er auf gewisse Weise Rebellen kommandiert - ist völlig falsch.
Ich glaube noch nicht einmal, dass er eine kleine Fraktion der Rebellen anführt. Es war lediglich Zufall, dass er davonkam und andere Festgesetzte nicht. Es ist zweifelhaft, ob er und ein paar andere Leute wirklich die Art von Feindseligkeit gegenüber Salva Kiir und der südsudanesischen Regierung darstellen, die weitere Gewaltausbrüche produzieren. Unglücklicherweise wird das [dieses Abkommen] nicht genügen. Wir haben so viele Menschen, die auf der Flucht sind; so viele Menschen, die verzweifelt Hilfe brauchen. Menschen, die verzweifelt sind, tun oft verzweifelte Dinge. Und ich befürchte, wir werden mehr und mehr davon sehen.
Sie glauben also nicht, dass die Gefechte aufhören?
Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Zum einen ist Kommunikation ein Problem - vor allem zu abgelegeneren Gegenden. Außerdem darf man auch nicht vergessen, dass die SPLA - die Sudanesische Volksbefreiungsarmee, die nun gespalten ist - nie völlig integriert war. Es war immer eine Art Sammelbecken für Milizen. Sie haben sich dann zusammengeschlossen, um Frieden mit dem Norden zu schaffen, aber die Gefahr der Fragmentierung blieb bestehen. Und unter dem Stress des gewaltsamen Konfliktes, glaube ich, werden wir eine starke Fragmentierung zu sehen bekommen.
Seit dem der Konflikt Mitte Dezember begonnen hatte, gab es durchgängig Berichte über Misshandlungen. Erwarten Sie, dass die Straftäter nun im Rahmen des Friedensprozess verurteilt werden?
Auch hier wünschte ich, ich könnte dies bejahen. Die, die in Juba an der Macht sind, werden nicht erlauben, dass sie jemand zur Rechenschaft zieht. Wir werden Probleme haben, Schuld festzustellen in Gegenden wie Bor, Malakal oder Bentiu. Wir haben außerdem ein enormes Ausmaß an Massakern und Verbrechen gegen Zivilisten gesehen. Es gäbe so viel, wofür es eine Rechenschaftspflicht gäbe, dass ich nicht glaube, Südsudan könnte diese Art der Rechenschaftspflicht - mit dem Maß an Blutvergießen, das es in den letzten sechs Woche gegeben hat - aushalten.
Wie glauben Sie werden die Menschen im Südsudan auf das Abkommen reagieren, das in Addis Abeba unterzeichnet wurde?
Das ist meine größte Hoffnung - dass die Menschen dieses unterzeichnete Abkommen sehen und Druck von der Basis auf die SPLA ausüben, zu der sie per Volksstamm-, Familien- oder Gemeinschaftszugehörigkeit verpflichtet sind. Wie eine Reihe von Beobachtern in den letzten Tagen gesagt haben: Frieden wird es nur geben, wenn er von unten kommt. Es kann nicht ein weiteres Top-Down-Abkommen sein oder wir werden eine Wiederholung der dysfunktionalen Regierung sehen, die wir momentan in Juba haben. Meine einzige Hoffnung ist, dass die Leute im Südsudan, die genug haben vom Krieg und extrem frustriert sind und von den Kämpfen bestürzt sind, dem ein Ende setzen. Dieses Abkommen gibt ihnen einen Ansatzpunkt, um verschiedene Elemente Stück für Stück in den Waffenstillstand mit einzubringen.
Was sind die langfristigen Probleme, die gelöst werden müssen, damit Südsudan einen andauernden Frieden erreichen kann?
Eins der wichtigsten Dinge - und hier hat die Internationale Gemeinschaft relativ unverantwortlich gehandelt - ist eine transparente Aufsicht der Öleinnahmen. Viel des derzeitigen Chaos in der Regierungsführung ist durch Korruption verursacht. Die Öleinnahmen müssen transparent werden. Zum zweiten muss die Regierung gründlich überholt werden. Die südsudanesische Regierung ähnelt zurzeit eher der Struktur einer Guerilla-Bewegung. Aber das ist sie nicht mehr - sondern die Regierung eines unabhängigen Landes. Und sie muss sich auch so verhalten. Sie muss die Art der Regierungsführung reformieren, sodass es viel demokratischer wird als es momentan ist.
Eric Reeves ist Professor für Englische Sprache und Literatur am Smith-College in Northhampton, Massachusetts. Er ist Experte für den Sudan und Südsudan.