Rousseff schlägt Reform-Referendum vor
25. Juni 2013Angesichts der Massenproteste im ganzen Land hat Staatschefin Dilma Rousseff vorgeschlagen, eine Volksabstimmung abzuhalten. Die Brasilianer sollten darüber abstimmen, ob eine Verfassungsversammlung einberufen werden soll, die dann eine umfassende Politikreform ausarbeitet. "Brasilien ist reif, um weiter zu gehen, und hat bereits klargemacht, dass es nicht stehen bleiben will", sagte sie. Das Thema Politikreform habe schon oft auf der Agenda gestanden. Jetzt müsse die Initiative ergriffen werden, um aus dieser Sackgasse herauszukommen. Das letzte Wort über eine Volksabstimmung hat allerdings der Kongress.
Auch am Montag waren in der größten lateinamerikanischen Volkswirtschaft wieder tausende Menschen auf die Straße gegangen. Am Rande der Proteste kamen zwei Menschen ums Leben. Auf einer Krisensitzung hatte Rousseff mit Gouverneuren und Bürgermeistern, aber auch mit Vertretern der Protestbewegung gesprochen. Anschließend schlug sie fünf Reformpakete vor, darunter Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs, des Gesundheitssystems und des Bildungswesens. Allein 50 Milliarden Reais (16 Milliarden Euro) würden in neue "Projekte für urbane Mobilität" investiert, versprach sie. Sie ließ jedoch offen, ob diese Summe auch bereits beschlossene Investitionen umfasst.
Zentrale Forderung der Demonstranten
Die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs ist eine der zentralen Forderungen der Demonstranten, die seit rund zwei Wochen in Brasilien auf die Straße gehen. So nahmen auch Vertreter der Bewegung für den Freifahrtschein (MPL) an dem Gespräch mit Rousseff teil. Die Erhöhung der Ticketpreise, die der Auslöser für die Protestbewegung waren, ist inzwischen zurückgenommen. Inzwischen richtet sich der Protest auch gegen Korruption, Ineffizienz und hohe Ausgaben für Sport-Großereignisse in dem südamerikanischen Land. Rousseff schlägt deshalb vor, Korruption künftig als schweres Delikt einzustufen und mit schärferen Strafen zu ahnden.
Der Oppositionspolitiker und mögliche Präsidentschaftskandidat Aécio Neves warf Rousseff vor, den Kongress übergehen zu wollen: "Es liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Kongresses, eine Volksabstimmung einzuberufen. Um die Aufmerksamkeit abzulenken, gibt sie (Rousseff) dem Kongress ein Vorrecht, das die Legislative schon hat, und antwortet nicht auf die Sorgen der Bevölkerung."
det/rb (afp, dpa)