Iraner stimmen für Rohani und Reformen
20. Mai 2017Das staatliche Fernsehen gratulierte dem 68-jährigen Juristen zu seiner Wiederwahl. Laut dem amtlichen Endergebnis bekam Hassan Rohani schon im ersten Durchgang der Präsidentenwahl 23,5 Millionen Stimmen. Sein erzkonservativer Rivale Ebrahim Raeissi landete deutlich abgeschlagen hinter dem pragmatischen Politiker. Er erhielt 15,8 Millionen Stimmen.
Damit hat das Volk nach Ansicht von Rohani mehrheitlich für Mäßigung und gegen Extremismus gestimmt. "Die Iraner haben mit ihrer Stimme klar gezeigt, welchen Weg sie für die Zukunft haben wollen", sagte Rohani in seiner ersten Rede nach dem Sieg.
Die außenpolitische Botschaft der Wähler ist laut Rohani: Freundschaft und nicht Feindseligkeit, Frieden und nicht Gewalt, Mäßigung und nicht Extremismus, Versöhnung und nicht Streit. Er werde nun versuchen, in den nächsten vier Jahren diese Forderungen des Volkes umzusetzen.
Gratulation aus Berlin
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel gratulierte dem Wahlsieger und erklärte, Deutschland wolle die verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur fortsetzen. Dieser Sieg sei ein Zeichen für die breite Unterstützung in der Bevölkerung für den Weg der wirtschaftlichen und politischen Öffnung, den die Islamische Republik seit dem Atomabkommen eingeschlagen habe, so Gabriel. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour, der neben der deutschen auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzt, sieht die Wiederwahl als Signal für internationalen Dialog und der Öffnung Irans.
Nach amtlichen Angaben hatten mehr als 73 Prozent der insgesamt 56 Millionen Wahlberechtigten an der Abstimmung teilgenommen. Wegen des großen Andrangs hatte das Innenministerium die Abstimmung am Freitag um mehrere Stunden verlängert. Die Wahllokale wurden erst um Mitternacht (Ortszeit) geschlossen.
Wirtschaftssanktionen weitgehend aufgehoben
Viele Bürger sahen in der Abstimmung eine Richtungswahl. Die Wähler setzten auf das Versprechen des Amtsinhabers, das Land weltoffener und liberaler zu gestalten und die durch internationale Strafmaßnahmen geplagte Wirtschaft wieder anzukurbeln. In die Präsidentschaft Rohanis fiel das Atomabkommen Irans mit den Weltmächten. Im Gegenzug wurden die meisten Wirtschaftssanktionen aufgehoben.
Raeissi dagegen gilt als enger Vertrauter des geistlichen und politischen Führers Ajatollah Ali Chamenei. Dieser hat in allen Belangen ein Vetorecht. Er hat die Kontrolle über Streitkräfte und Justiz. So war es Rohani in seiner ersten vierjährigen Amtszeit nicht möglich, den Hausarrest für Reformpolitiker aufzuheben. Die Medien durften weder Worte noch Bilder des früheren reformorientierten Präsidenten Mohammad Chatami veröffentlichen.
Zurückhaltende Reaktion der USA
In einer ersten Stellungnahme reagierten die USA mit Zurückhaltung. Außenminister Rex Tillerson sagte, er hoffe, dass Rohani seine neue Amtszeit nutze, das iranische Netzwerk zur Terror-Unterstützung abzubauen, die ballistischen Raketentests zu beenden und die Rechte für das iranische Volk wiederherzustellen. Tillerson äußerte sich am Rande des Besuchs von Präsident Donald Trump in der saudischen Hauptstadt Riad. Dabei machte er zugleich klar, dass er die Tür zu Gesprächen mit seinem iranischen Amtskollegen offenhalte, wenn solche Kontakte produktiv seien.
Deutsche Wirtschaft erleichtert
Die deutsche Wirtschaft begrüßte in einer ersten Reaktion den Ausgang der Wahl. "Das Wahlergebnis
ermutigt zu mehr Handel mit dem Iran und mehr Investitionen im Land", erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Er wertete das Ergebnis als klares Bekenntnis zum Kurs der politischen und wirtschaftlichen Öffnung des Landes. "Dies würde die Wirtschaft stärken und die liberalen Kräfte im Iran unterstützen", sagte der BDI-Präsident. Entscheidend sei nun, dass Rohani im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit von momentan mehr als zwölf Prozent vorankomme. Dazu benötige er aber ausländische Investitionen.
uh/se/hf (rtr, ap, afp, dpa)