Rohani besucht Schweiz und Österreich
2. Juli 2018Der iranische Präsident Hassan Rohani versucht mit einem Besuch in der Schweiz und in Österreich, Unterstützung für sein Land angesichts der bevorstehenden Wiederinkraftsetzung amerikanischer Wirtschaftssanktionen zu erhalten. Am Montag wird er vom Bundespräsidenten der Schweiz, Alain Berest, mit militärischen Ehren in Zürich empfangen. Am Dienstag folgen Gespräche mit verschiedenen Mitgliedern der Regierung.
Im Zentrum des Besuches steht die Zukunft des Atomabkommens, dessen Bestand aufgrund des amerikanischen Ausstiegs und nach Drohungen aus dem Iran, die Urananreicherung wieder hochzufahren, mittlerweile mehr als fraglich ist. Die iranische Delegation versucht dennoch, Wege zu finden, um die bereits eingetretenen bzw. zu erwartenden Folgen der angekündigten US-Sanktionen zu begrenzen und die wirtschaftlichen Beziehungen und den Handel zwischen Iran und Ausland halbwegs aufrechtzuhalten.
"Schweiz-Besuch vor allem von symbolischer Bedeutung"
Die Zeit drängt, denn die USA erhöhen den Druck auf die bisherigen Wirtschaftspartner Irans. Vom 6. August an soll Iran wieder völlig von Dollar-Geschäften abgeschnitten werden, vom 4. November an auch vom internationalen Zahlungsverkehr. Außerdem werden dann die amerikanischen Sanktionen gegen Irans Öl-Exporte wieder in Kraft gesetzt. Große westliche Unternehmen wie Total und Citroen-Peugeot haben sich bereits zum Rückzug aus dem Iran entschieden, um amerikanischen Strafmaßnahmen zu entgehen.
Philippe Welti, ehemaliger Botschafter der Schweiz in Teheran und heute Präsident der Wirtschaftskammer Schweiz-Iran, wird von der "Luzerner Zeitung" mit den Worten zitiert: "Der Besuch ist symbolisch wichtig, für beide Länder." Mehr als eine symbolische Demonstration, dass sich der Iran und die Schweiz nicht von den USA in ihrer Außenpolitik unter Druck setzen lassen, sieht Welti aber in dem Besuch nicht. Auch er erwartet, dass sich die Schweizer Unternehmen im Zweifelsfall für das Geschäft mit den USA und gegen das mit dem Iran entscheiden. Sein Fazit: "An der politischen Realität wird sich durch den Besuch Rohanis nicht viel ändern."
Auf ein spezielles Thema bei den Besuch Rohanis weist die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) hin: Es sollen auch die sogenannten "Schutzmachtmandate" der Schweiz zur Sprache kommen. Damit ist gemeint, dass Bern die USA diplomatisch in Iran vertritt, sowie seit kurzem auch den Iran in Saudi-Arabien und umgekehrt.
Hoffnung auf Österreich als EU-Ratsvorsitzender
Wichtiger als der Besuch in der Schweiz ist für Rohanis Mission nach Einschätzung von Mahdi Ghodsi vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) sein anschließender Besuch in Österreich. Österreich hat seit 1. Juli den EU-Ratsvorsitz inne. Deshalb hoffe Rohani, dass sich die Regierung in Wien bei den europäischen Partnern dafür einsetzt, trotz der angedrohten US-Sanktionen Garantien für fortgesetzte Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und dem Iran abzugeben, so Ghodsi.
Der Wirtschaftsexperte kritisiert gegenüber der DW, dass Europa bislang "nur geredet und nichts Wesentliches zustande gebracht hat." Eine neue Chance ergebe sich vielleicht daraus, dass Österreich "eines der am engsten mit dem Iran verbundenen EU-Länder" sei. Die EU könnte zum Beispiel im Rahmen der WTO Schritte einleiten, um ihre Handelsbeziehungen mit dem Iran gegen US-Sanktionen zu schützen. Hier gehe es vor allem um den iranischen Ölexport, der inzwischen wieder in etwa das Niveau aus der Zeit vor den Sanktionen erreicht hat. Ein umfassendes Ölembargo würde den Iran, der bereits jetzt unter einem massiven Währungsverfall leidet, wirtschaftlich schwer treffen.
Begrenzte Hebel der EU bei Handel und Investitionen
Allerdings waren die wichtigsten Importeure iranischen Öls zuletzt laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) China, Indien, Südkorea, die Türkei, Japan sowie Italien als einziges EU-Land. Und was die für den Iran vielleicht noch wichtigeren Investitionen aus der EU betrifft, so räumt auch Mahdi Ghodsi im DW-Gespräch ein, dass die EU nur sehr begrenzte Einflussmöglichkeiten hat, Unternehmen dazu zu bewegen, trotz drohender US-Strafmaßnahmen im Iran-Geschäft zu bleiben.
Es ist mithin fraglich, ob Rohani von seiner Reise in die beiden Alpenrepubliken irgendwelche Resultate mit nach Hause bringen kann, um die dortigen Hardliner zu besänftigen, die den Atomdeal von Anfang an abgelehnt haben. Diese Kräfte, repräsentiert durch den geistlichen Führer Ayatollah Chamenei, lehnen es im übrigen strikt ab, mit der EU über eine Einschränkung seines Raketenprogramms, das unter separaten UN-Sanktionen steht, zu verhandeln, oder gar über seine israelfeindliche Nahostpolitik.
Diese Haltung macht es der EU zusätzlich schwer, sich für Irans Interessen gegenüber Washington einzusetzen. Noch vor kurzem hatte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sich im Hinblick auf die Israel-Politik seines Landes klar geäußert. In Jerusalem sagte Kurz vor mehreren hundert Delegierten des American Jewish Commitee (AJC): "Die Sicherheit Israels ist für uns nicht verhandelbar. Israel wird auf der Landkarte bleiben. Und der Iran wird sich damit anfreunden müssen."