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Politik

Resignation bei Thailands Demokraten

Julian Küng aus Bangkok
25. März 2019

In Thailand scheint die Partei von Regierungs- und Ex-Armeechef Prayut die Parlamentswahl gewonnen zu haben. Es gibt Zweifel am korrekten Wahlablauf, aber viele haben sich mit der Militärregierung offenbar abgefunden.

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Thailand Bangkok Wahlen
Bild: picture-alliance/Zuma/G. So

Entspannt mit lässiger Fliegerbrille und Militäruniform betrat Prayut Chan-o-cha am Montagmorgen seinen Regierungssitz in Bangkok. Der Plan des Juntachefs scheint aufzugehen. 94 Prozent der Stimmen sind ausgezählt. Den Wahlsieg müsste die Armee mit 7,7 Millionen Stimmen für Prayuts Palang Pracharat-Partei in der Tasche haben. Behauptet sie zumindest. Denn das Gesamtwahlergebnis steht nach mehrfacher Verzögerung noch immer aus. Eine offensichtlich überforderte Wahlkommission vertröstet das Volk auf den kommenden Freitag und steigert damit die Skepsis der Gegner der Militärregierung. Die 2014 gestürzte Regierungspartei Pheu Thai, welche laut vorläufigen Zahlen mit 7,2 Millionen Stimmen nur hauchdünn hinter der armeenahen Phalang Pracharat-Partei liegt, reklamiert den Wahlsieg bereits für sich und will eine Regierung bilden.

Thailand Wahlen Pheu Partei Sudarat Keyuraphan
Auch die Haupt-Oppositionspartei Pheu Thai mit ihrer Spitzenkandidatin Sudarat meldet Anspruch auf Regierungsbildung anBild: Getty Images/AFP/Y.A. Thu

Enttäuschte Hoffnungen auf Wandel

Ungeachtet der exakten Zahlen hat in Thailand kaum jemand mit einem so starken Wähleranteil der Junta-Partei gerechnet. Weil die vom Militär entworfene Verfassung bereits festlegt, dass der gesamte 250köpfige Senat vom Militär ernannt wird, scheint Prayuth mit den gewonnenen Parlamentssitzen wohl komfortabel Regierungschef bleiben zu können. Für viele Thais, welche sich eine Lockerung des festen Armee-Griffs gewünscht hätten, eine herbe Niederlage.

Und doch sucht man politische Demonstrationen am Tag nach der Wahl vergebens. Die Straßen und Gassen rund um das historische Demokratiemonument im Herzen Bangkoks sind wie leergefegt. 2014 noch Schauplatz von Massendemonstrationen und Straßenprotesten, hört man hier einzig aus einem kleinen Radio am Straßenrand politische Diskussionen. Daneben ein betagter Mann im Schneidersitz, der an einem Kreuzworträtsel kritzelt, während aus seinem kleinen Lautsprecher der Wahlsieg des Militärs proklamiert wird. "Wir haben eine große Chance verpasst, in unserem Land wieder demokratische Verhältnisse herzustellen", sagt er. Er habe die Partei "Future Forward" gewählt, welche für ein Ende der Militärherrschaft einsteht und als Newcomer einen Achtungserfolg als neu drittstärkste Partei erreicht hat.

Thailand Wahlen Future Forward  Partei
Die Future-Forward-Partei des Unternehmenserben Thanatorn kam mit ihrer Anti-Militär-Plattform auf den dritten Platz Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Lalit

Opposition durch Militär geschwächt

Auf die Frage, ob die Wahl denn fair verlaufen sei, winkt der Mann ab: "Ich möchte keine Probleme mit diesen Herren" und zeigt auf ein Armeefahrzeug in einer Nebenstraße. Vielerorts zeigt das Militär Präsenz. Politische Kundgebungen werden auch nach den Wahlen nicht geduldet. Während der fünfjährigen Militärherrschaft hat der dünnhäutige Juntachef Prayut Chan-o-Cha nicht nur kritische Bürger und Medien verstummen lassen. Auch auf dem politischen Parkett ließ er nichts unversucht um die Opposition zu schwächen.

"Das gute Abschneiden (des Militärs) ist kein Zufall", sagt Katrin Bannach der Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok. "Regierungskritikern wurde seit dem Putsch 2014 oft genug gezeigt, was eine Harke ist, so dass sich die Medien und politische Kommentatoren in Selbstzensur übten." Erst seit Anfang Februar durften politische Parteien limitiert Wahlkampf betreiben. Hinzu kamen diverse Gerichtsverfahren gegen armeekritische Politiker. "Die Verfahren gegen die Prayuth nahestehende Partei wurden von den sogenannten unabhängigen Institutionen und Gerichten auffällig häufig mit Samthandschuhen angefasst, während ihren politischen Gegnern schnell der Prozess gemacht wurde", sagt Bannach weiter.

Thailand Pathi Sawanih in Bangkok
Nicht wenige Thais wie Pathi Sawanih sehen positive Seiten der MilitärregierungBild: DW/J. Küng

Ordnung und Geldgeschenke als überzeugende Argumente

Und doch zeigt das starke Ergebnis der Phalang-Pracharat-Partei auch, dass es in Thailand viele Menschen gibt, denen Stabilität und Ordnung wichtiger sind als demokratische Mitspracherechte. Unter ihnen die 32jährige Pathi Sawanih, die bei einem Sozialprojekt des Militärmachthabers mitarbeitet: "Prayut sorgt für Stabilität im Land. Das ist doch gut. Daneben hat er zum Jahreswechsel 15 Millionen armen Menschen je 500 Baht geschenkt", meint die Regierungsbeamtin vor dem Demokratie-Monument.

Anders klingt es ein paar Straßen weiter bei den Tuktuk-Fahrern vor dem Sanam Luang Park: "Sprich mich bloß nicht auf den an", wettert ein Fahrer namens "Ah" über die wahrscheinlich verlängerte Amtszeit von Prayuth. "Ich habe gehofft, dass die Militärherrschaft endlich ein Ende nimmt. Seit Prayuth an der Macht ist, sitzen uns dauernd Ordnungshüter im Nacken, welche uns durch die halbe Stadt scheuchen wegen Lappalien wie Parkverboten", echauffiert sich der langjährige Tuktuk-Fahrer: "Die schauen doch nur auf sich selbst. Ich bezweifle stark, dass die Wahlen überhaupt korrekt verliefen."

Thailand Tuk Tuk Fahrer in Bangkok
Andere wie der Tuk-Tuk-Fahrer "Ah" sehen sich von der Militärregierung drangsaliert Bild: DW/J. Küng

Keine unabhängige Wahlbeobachtung

Mit dieser Meinung ist der Tuktuk-Fahrer "Ah" bei weitem nicht alleine. Mehrere Wähler melden sich über Social Media, behaupten, sie seien von der Armee bestochen worden. Die kontinuierliche Verschiebung des Gesamtwahlergebnisses und auch die hohe Anzahl an für ungültig erklärten Stimmzetteln (Stand Montag Abend rund 1,9 Millionen) lässt Kritiker aufhorchen. Mehrere internationale Überwachungs- und Nichtregierungsorganisationen betiteln die Wahlen als "weder frei noch fair".

So auch Sunai Phasuk von Human Rights Watch Thailand, der die fehlende Wahlbeobachtung kritisiert: "Die Wahlkommission hat es verpasst, Strukturen zu schaffen, so dass internationale und nationale Wahlbeobachter frei, sicher und effektiv hätten arbeiten können." Erst vor wenigen Tagen wurden ein paar Wahlbeobachter zugelassen. Und sogar diese waren von der Kommission handverlesen. Unter ihnen die in Thailand ansässigen Organisationen "We Watch" und "P-Net". Doch auch ihnen wurde die Arbeit schwer gemacht, sagt Phasuk weiter: "Die Wahlkommission hat für die Wahlbeobachter keine klaren Richtlinien erlassen. Stattdessen wurden 'We Watch'-Mitarbeiter eingeschüchtert und in gewissen Gebieten sogar unter ständige Beobachtung des Sicherheitspersonals gestellt." Nach DW-Informationen hat die Überwachungsorganisation bei der Wahlkommission Beschwerde eingereicht. Eine Antwort der Verantwortlichen blieb aus.