"Nicht Trumps Partei"
2. Februar 2020Es ist die erste Vorwahl des Wahljahres 2020, an diesem Montag in Iowa. Dabei kreuzen die Wähler nicht einfach einen Namen auf einem Stimmzettel an, sie diskutieren über die Vor- und Nachteile der Kandidaten und entscheiden sich dann. Zur Wahl stellt sich, klar, US-Präsident Donald Trump - aber nicht er allein. Auch Bill Weld und Joe Walsh haben ihren Hut in den Ring geworfen.
Noch nie gehört? Das geht vielen so. Auf der Website der republikanischen Partei in Iowa tauchen die Namen der beiden kein einziges Mal auf.
Dabei ist Iowa immerhin einer der Bundesstaaten, in denen die Republikaner ihre Vorwahl (Caucus) überhaupt noch abhalten. In mehreren Bundesstaaten, darunter Arizona, Hawaii und Virginia, haben sie die Veranstaltung gleich ganz abgesagt. Schließlich kandidiert Präsident Trump ja ein zweites Mal. Warum also viel Geld für die Organisation einer Vorwahl ausgeben?
"Die Republikaner in Kansas hätten im Mai 2020 ihren Caucus gehabt, aber die Organisation und Durchführung hätte rund 250.000 Dollar gekostet", sagt J. Miles Coleman vom politischen Newsletter "Sabato's Crystal Ball" der Virginia University. "Da haben sie sich gedacht, 'Das Geld können wir auch anders ausgeben.'"
Verantwortung als erster Vorwahlstaat
In Iowa kam eine Absage nicht in Frage. "Wir sind die ersten im Land, die [in den Vorwahlen] abstimmen. Wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst und sind stolz darauf", sagte Aaron Britt, Sprecher der republikanischen Partei in Iowa, der DW. "Die Durchführung des Caucus ist ein Argument dafür, dass Iowa auch weiterhin 'first in the nation' bleiben sollte."
Das sehen aber nicht alle so. Iowa sei zu weiß, zu wenig repräsentativ für die Bevölkerung im Rest des Landes, um den Sonderstatus als erster Vorwahl-Staat zu rechtfertigen, sagen Kritiker seit Jahren. Um solchen "Nein"-Sagern die Stirn zu bieten, halten beide Parteien, also auch die Demokraten, in Iowa eisern ihren Caucus ab. Immer.
Die Kandidaten, die das dieses Mal bei den Republikanern möglich machen, sind der ehemalige Gouverneur von Massachusetts Bill Weld und Joe Walsh, der von 2013 bis 2019 eine konservative Radiosendung moderierte und zwei Jahre lang Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus war. Beide haben ihre Geschichte mit Trump.
Walsh: Angriff von rechts
Walsh gibt im Endspurt nochmal alles. Auf seiner Website ist eine Liste mit Wahlkampf-Veranstaltungen in Iowas Hauptstadt Des Moines zu finden. Potenzielle Wähler können ihn morgens um acht Uhr zum Kaffee treffen, mittags mit ihm für Klimaschutz demonstrieren oder abends mit ihm ein Eishockey-Spiel der Iowa Wild verfolgen - "gratis Sitzplätze neben Joe nur so lange der Vorrat reicht!"
Der Konservative verbreitete in seiner Radiosendung die Theorie, Obama sei in Wirklichkeit Muslim. 2010 gewann er die Wahl um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus unter anderem mit der Aussage, dass er strikt gegen Abtreibung sei - ohne jegliche Ausnahmen. Zu einer Wiederwahl 2012 reichte es allerdings nicht.
Ursprünglich war Walsh ein Trump-Unterstützer, aber seine Begeisterung schlug ins Gegenteil um. "In Mr. Trump sehe ich die schlimmste und hässlichste Art der Argumente, die ich fast ein Jahrzehnt lang selbst verbreitet habe", schrieb Walsh in einem Kommentar in der New York Times im August 2019, wenige Tage bevor er seine Kandidatur verkündete. "Von Zeit zu Zeit habe ich Hass gegen meine politischen Gegner geäußert. Wir sehen jetzt, wohin das führen kann. In unserer Politik ist kein Platz für solche persönlichen Angriffe und ich bedauere, dass ich sie je durchgeführt habe."
Weld: Erfahrener Moderater
Bill Weld hat in seiner Zeit als Gouverneur von Massachusetts 21 Mal Steuern gesenkt, wie es in einem Wahlkampfvideo auf seiner Website heißt. Eine getragene Stimme verkündet: "Heute brauchen wir Bill Weld mehr denn je. Weil Amerika etwas Besseres verdient hat."
Der ehemalige Gouverneur betont vor allem seine Erfahrung. Unter Präsident Ronald Reagan war er in den 1980ern einer der Stellvertreter des Justizministers. 1974 war er als Mitglied im Justizausschusses des Repräsentantenhauses am Impeachment-Verfahren gegen Richard Nixon beteiligt.
In einem Interview mit der politischen Washingtoner Zeitung und Nachrichtenwebsite The Hill sagte Weld, er würde auch Wahlkampfwerbung für den Demokraten Joe Biden machen, sollte er selbst nicht völlig unerwartet die republikanische Kandidatur gewinnen. "Ich könnte nützlich für sie sein, wenn sie Stimmen [moderater Republikaner] gewinnen wollen", so Weld. Weder er noch Walsh reagierten auf Interviewanfragen der DW.
"Nicht Trumps Partei"
Sowohl Walsh als auch Weld haben nur mikroskopische Chancen, überhaupt einen Achtungserfolg zu erzielen. Warum also das Ganze? Ein Präsidentschaftswahlkampf kostet schließlich viel Zeit und Geld. "Für Walsh ist es ein Weg, noch irgendwie relevant zu bleiben", sagte Coleman der DW. "Und Weld ist schon relativ alt [74, die Red.]. Für ihn ist das eine Art Abschiedsvorstellung."
Eine Stimme für einen der zwei wäre eine "Protest-Wahl", so Coleman. "Die beiden wollen mit ihrer Kandidatur zeigen, dass die Republikaner nicht Trumps Partei sind. Aber ich beschäftige mich wirklich viel mit Politik und ich sehe nicht, dass sie allzu weit kommen werden."