Woher kommt das Geld?
27. Dezember 2018Die christlichen Kirchen
Woher beziehen die großen christlichen Gemeinschaften ihr Geld? Die Gesetzgeber in den europäischen Ländern haben ganz unterschiedliche Antworten. In Deutschland treibt der Staat für die Kirchen die Steuer ein. Diese beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer der Kirchenmitglieder. Für den Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter zahlen die Kirchen Gebühren an den Staat, in der Regel zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.
Wie in Deutschland zieht auch in Schweden und Finnland die Steuerbehörde Geld für die Kirchen ein. Dort liegt dieser Beitrag allerdings nur bei ein bis zwei Prozent des zu versteuernden Einkommens. In Frankreich erhalten die Kirchen zwar eine staatliche Förderung. Sie sind vor allem aber auf Spenden ihrer Mitglieder angewiesen. In den Niederlanden entfällt die Förderung vollkommen - die Kirchen müssen sich selbst darum kümmern, dass die Mitglieder ihre Beiträge überweisen. In Belgien und Griechenland werden die Pfarrer wie Beamte vom Staat finanziert, während die Gemeinden für den Erhalt ihrer Gebäude aufkommen müssen. In Italien und Spanien wird zwar eine Steuer erhoben. Doch sie dient nicht nur zur Finanzierung der Kirchen, sondern auch der italienischen Kultur allgemein. Sehr unterschiedlich ist die Höhe dieser Steuer: In Italien liegt er bei acht Prozent der Einkommenssteuer, in Spanien bei einem Zehntel dieses Betrags, also bei 0,8 Prozent.
Andere Religionsgemeinschaften in Deutschland
Auch die jüdischen Gemeinden finanzieren sich über eine vom Staat eingezogene Steuer. Sie wird auf Einkommen und Kapitalerträge erhoben. Wie bei den christlichen Gemeinschaften erhält der Staat für diese Dienstleistung auch hier zwischen zwei und vier Prozent des Aufkommens.
Doch nicht alle Religionsgemeinschaften finanzieren sich über Steuern. So sind etwa die rund 800 Gemeinden der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie finanzieren sich über Spenden.
Die Finanzierung der Moscheegemeinden
Die islamischen Gemeinschaften sind auf Spenden angewiesen. Außerdem erhalten viele Moscheen Gelder aus dem Ausland. In den Gemeinden des Türkei-nahen Verbands Ditib - zu ihm gehören rund 900 Moscheen - beten etwa Imame, die aus der Türkei entsendet und von dort auch bezahlt werden.
Zwar sind in einigen Moscheen auch Vereinsbeiträge vorgesehen, doch zählen sie laut einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages nicht zu den Haupteinnahmequellen. Stattdessen finanzieren sich die Gemeinden teilweise durch den Verkauf von Publikationen und anderen Produkten sowie Einnahmen aus Veranstaltungen wie Konzerten und Kulturveranstaltungen, so die Studie. "Nach Angaben vieler Gemeinden wird der Großteil des Gemeindelebens über freiwillige Spenden der Gläubigen, den so genannten "Zakat", insbesondere anlässlich des Freitaggebets finanziert", heißt es in der Studie des Wissenschaftlichen Dienstes.
Hürden einer Steuerfinanzierung von Moscheegemeinden
Grundsätzlich könnte der Staat auch für Moscheegemeinden Steuern eintreiben. Dem steht jedoch der Umstand entgegen, dass die Gemeinden ihre Mitglieder nicht registrieren. Das bedeutet, dass dem Staat nicht bekannt ist, wer hinter der Religionsgemeinschaft steht. Das ist aber die entscheidende Voraussetzung für die Moscheegemeinschaften, um als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann der Staat für sie Steuern einziehen. Die bislang einzige islamische Gemeinschaft, die als als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist, ist die Ahmadiyya-Gemeinde in Hessen. Sie wurde 2013 vom Bundesland Hessen als solche eingestuft.
Die Idee: Moscheegemeinden und Kirchensteuer
In die Debatte gebracht hat die Idee einer Kirchensteuer für Moscheegemeinden die Juristin Seyran Ateş, Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Moschee in Berlin. "Das derzeitige System sollte geändert werden, da die Diskussion um die Ausgestaltung des Islam in Deutschland unter gewaltigem Einfluss durch das Ausland steht, sagte Ates im Interview mit DW TV. "Dieser Einfluss muss gestoppt werden." Die Änderung sei vor allem darum nötig, weil ausländische Stimmen in Deutschland lebende Muslime erheblich daran hinderten, sich oder ihre Familien in Deutschland und Europa zu integrieren. Zugleich forderte Ates die Muslime auf, sich verstärkt in die Diskussion um die Identität eines in Deutschland praktizierten Islams einzubringen. "Sie müssen dies selbst regeln. Sie müssen auf ihre Religion hier in Deutschland acht geben. Darum sollten Muslime in Deutschland etwas für den Islam in Deutschland tun."