Kommt die Moscheesteuer?
26. Dezember 2018Ziel müsse sein, "dass sich der Islam in Deutschland von der Einflussnahme ausländischer Staaten emanzipiert und eine stärkere Inlandsorientierung gewinnt", sagte der Vizechef der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der Onlineausgabe der "Welt". Eine Moscheesteuer würde es Muslimen erlauben, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, so Frei.
Innenstaatssekretär Markus Kerber (CDU), zuständig für die Islamkonferenz, äußerte sich zustimmend: Ziel einer solchen Steuer müsse sein, dass Moscheen nicht von Finanzhilfen im Ausland abhängig seien, sagte er der "Welt". "Diese Abhängigkeit sorgt nämlich unter anderem dafür, dass Imame aus dem Ausland in deutsche Moscheen geschickt werden und so der Einfluss zum Beispiel aus der Türkei groß bleibt."
Kerber betonte, Voraussetzung wäre zunächst, dass die Moscheen in Deutschland die Anforderungen des Religionsverfassungsrechts an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllen müssten. Damit verbunden ist das Recht des Steuereinzugs bei Mitgliedern. "Die Debatten über solche wichtigen Fragen wollen wir im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz ermöglichen und begleiten, aber nicht die Ergebnisse vorgeben", kündigte Kerber an.
"Verringerung der Radikalisierung"
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka nannte die Idee "diskussionswürdig". Lischka sieht in der Moscheesteuer eine Chance, die Gefahr des Einflusses von außen und einer möglichen Radikalisierung zu verringern. "Bis zu einem fertigen Konzept dürfte es aber noch ein weiter Weg sein, den wir nur mit den Ländern gemeinsam gehen können, denn Kirchensteuern sind Ländersache."
Unterstützung kam auch von den Grünen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt begrüßte die Debatte: "Es wäre klug und höchste Zeit, dass wir für die muslimischen Gemeinden in Deutschland unabhängige Finanzierungsquellen finden und damit den schädlichen Einfluss durch politische gesteuerte Gelder und radikale Prediger aus der Türkei oder den Golfstaaten endlich unterbinden", erklärte sie in Berlin. Stünden die Moscheen und muslimische Einrichtungen finanziell auf eigenen Füßen, könnten sie sich "endlich unabhängig den komplexen Herausforderungen der Integrations- und Gemeindearbeit widmen".
Die Gründerin der liberalen Moschee in Berlin, Seyran Ates, sagte der "Welt", mit einer Moscheesteuer könnten Muslime die Finanzierung ihrer Gemeinden verstärkt selbst organisieren. "Alles, was die Gemeinden brauchen, kann in Zukunft von den Mitgliedern selbst aufgebracht werden." Ates ist Initiatorin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im Stadtteil Moabit, die für einen liberalen Islam steht und für eine geschlechtergerechte Auslegung des Korans eintritt.
Viele muslimische Verbände und Gemeinden in Deutschland werden aus den arabischen Golfmonarchien oder aus der Türkei finanziert. Sie sehen sich deshalb zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, sie vermittelten politisch fragwürdige Werte und beförderten die Entstehung von Parallelgesellschaften. Anders als bei den zentral organisierten Kirchen treibt der Staat für die Islam-Verbände keine Steuern ein. Wenn deutsche Moscheegemeinden Geld vom Staat erhalten, dann nur für konkrete Projekte: etwa die Integration muslimischer Flüchtlinge oder die Deradikalisierung salafistischer Jugendlicher. In Österreich sind Zuwendungen aus dem Ausland inzwischen verboten.
Verlängerter Arm Erdogans
Bekanntestes Beispiel ist der türkische Moscheeverband DITIB. Dessen Unabhängigkeit wird immer wieder in Frage gestellt. Formal ist DITIB ein unabhängiger deutscher Verein, doch werden die Imame in den DITIB-Moscheen von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt und bezahlt. Kritiker werfen DITIB vor, der verlängerte Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sein.
In der Bundesrepublik besitzen vor allem die evangelische und die katholische Kirche den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit verbunden ist das Recht des Steuereinzugs bei den Mitgliedern.
cgn/se (afp, dpa, epd)