Zum Tode von Mike Nichols
20. November 2014Wer das Paar Dustin Hoffmann und Anne Bancroft im Film "Die Reifeprüfung" einmal im Kino gesehen und dazu der Musik von "Simon & Garfunkel" gelauscht hat, der dürfte das nicht mehr vergessen haben. Gleich der zweite Film von Regisseur Mike Nichols schrieb Kinogeschichte. Es sollte eines der bleibenden Werke des 60er Jahre-Kinos werden, das Zeit, Stimmung und Atmosphäre einer ganzen Epoche auf den Punkt brachte. Hätte Mike Nichols nur dieses eine Werk geschaffen, er hätte einen verdienten Platz in der Filmgeschichte sicher.
Vielfältige und dauerhafte Erfolge
Doch Nichols war ein ungemein fleißiger Regisseur, der nicht nur für das Kino arbeitete. Er kam vom Broadway und kehrte Zeit seines Lebens immer wieder zur Bühne zurück. Er inszenierte, in den vergangenen Jahren vor allem, auch immer wieder für das amerikanische Fernsehen. Und er war ein erfolgreicher Produzent. Dass er in hohem Alter 2007 noch einmal die Kraft hatte, für die große Leinwand einen so spritzigen wie intelligenten Politfilm wie "Der Krieg des Charlie Wilson" zu inszenieren, war ein weiterer Beweis für die Klasse dieses Regisseurs.
Geboren wurde Nichols in Berlin, das dürfte selbst den meisten Kinokennern in Deutschland heute kaum noch bekannt sein. Mit seinen Eltern verließ er 1938 Nazideutschland. Sein Vater stammte aus Russland, die Mutter war Deutsche. Vielleicht spürt man diesen Einfluss im späteren Werk des Regisseurs. Auch dass er ein paar Semester Psychologie studierte, könnte man als Hinweis für die Art und Weise, wie er inszenierte, interpretieren. Die Filme dieses Regisseurs zeichneten sich durch einen ungemein sensiblen Umgang mit seinen Filmcharakteren aus.
Comedy- und Schauspielerregisseur
In den 1950er Jahren gründete Nichols eine Comedy-Gruppe. Auch das sollte eine bleibende Erfahrung werden. Europäische Tiefgründigkeit und Melancholie sowie amerikanische Vitalität und Unterhaltungskunst - all das zeichnete Mike Nichols in seinen besten Filmen aus. Er war ein großer Schauspielerregisseur, was nicht zuletzt die mehrfache Zusammenarbeit mit Meryl Streep bewies. 1983 hatte Streep im Umwelt-Thriller "Silkwood" einen bemerkenswerten Auftritt.
Dass Mike Nichols später Preise gleich im Dutzend sammelte, war fast folgerichtig. Eine erste Oscarnominierung für die beste Regie hatte er bereits für sein Debüt "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" mit dem legendären Film- und Lebenspaar Elisabeth Taylor und Richard Burton erhalten. Für sein Meisterwerk "Die Reifeprüfung" blieb es dann nicht nur bei der Nominierung. Jetzt ist Mike Nichols im Alter von 83 Jahre gestorben.
jk/ld (dpa)