"Luxussteuer" statt Financial Fairplay?
13. August 2021Nasser Al-Khelaifi reagierte mit einem Lachen. Gerade hatte der katarische Eigentümer des Spitzenklubs Paris St. Germain neben seiner Neuverpflichtung Lionel Messi auf dem Podium im Presseraum des Prinzenpark-Stadions Platz genommen. Doch der Grund für Al-Khelaifis Heiterkeit war in diesem Moment nicht der vielleicht spektakulärste Transfer der jüngeren Fußball-Geschichte, sondern die Frage nach der Vereinbarkeit des Messi-Deals mit den UEFA-Regularien des Financial Fairplay (FFP). "Natürlich halten wir uns an die Regeln und werden das immer tun. Sonst hätten wir den Transfer nicht gemacht", ließ der PSG-Boss wissen. "Vor dem Messi-Transfer haben wir unsere Zahlen geprüft und abgewogen, ob es möglich ist, diesen Deal zu machen. Und es war möglich."
Und dennoch wird der Klub seine Zahlen strategisch klug präsentieren müssen, um Sanktionen wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay zu entgehen. Schließlich soll Messi, obwohl er ablösefrei kam, zwischen 35 und 40 Millionen Euro netto pro Jahr kassieren. Zudem gibt es bei PSG eine lange Liste weiterer Spitzenverdiener, wie Neymar, Kylian Mbappé oder Sergio Ramos, der ebenfalls in diesem Sommer ablösefrei verpflichtet wurde. Laut der französischen Sportzeitung "L'Equipe" hat PSG aktuell bei den Gehältern noch einen Ausgaben-Überhang von rund 150 Millionen Euro.
Stumpfes Schwert
Schon in der vergangenen Saison lagen die Einnahmen um 124 Millionen Euro niedriger als die horrenden Ausgaben für Ablösen und vor allem für Spielergehälter. Mögliche Verstöße gegen das FFP waren schon vor der Verpflichtung des argentinischen Superstars Messi ein Dauerthema in der französischen Hauptstadt und werden in den kommenden Monaten die von PSG beauftragten Finanz- und Rechtsexperten weiter beschäftigen.
Das Grundprinzip von FFP ist auf dem Papier einfach: Die UEFA blickt bei ihren Prüfungen auf die zurückliegenden drei Jahre. Einnahmen und Ausgaben müssen sich dabei annähernd ausgleichen. Laut dem 2010 eingeführten Finanz-Regelwerk dürfen die Klubs derzeit über den genannten Zeitraum ein Defizit von maximal 30 Millionen Euro aufweisen. Dieses kann durch externe Geldgeber ausgeglichen werden, ansonsten kommt es zu Sanktionen - bis hin zu einem Ausschluss aus der Champions League.
Buchhalterische Tricks
Das ist für Klubs wie PSG aus finanzieller und Marketing-Sicht ein "Worst-case-Szenario". Deswegen wird bei der Aufstellung von Einnahmen und Ausgaben das gesamte Repertoire buchhalterischer Tricks abgerufen. So können unter gewissen Voraussetzungen etwa Sponsoreinnahmen, die in der Zukunft sicher erzielt werden, vorausgezahlt werden, um als Einnahmen in einem laufenden Jahr verbucht zu werden.
Ähnliche Tricks gibt es bei den Ausgaben, beispielsweise wenn hohe Transfersummen zeitlich gestückelt werden und so buchhalterisch zunächst nur die schon gezahlten Beträge relevant sind. Beispiel: Um 2017 gleichzeitig die beiden Stars Neymar und Kylian Mbappé holen zu können, lieh PSG Mbappé zunächst nur von der AS Monaco aus und zahlte die 222 Millionen Euro Ablöse für Neymar an den FC Barcelona. Die fällige Ablöse für Mbappé von rund 160 Millionen Euro wurde damit nicht im gleichen Transferfenster verbucht.
Die UEFA hat wegen der Corona-Pandemie und den mit ihr verbundenen enormen Einnahme-Einbußen im Fußball die FFP-Regularien gelockert. Und selbst wenn die Klubs trotz aller buchhalterischen Kniffe doch bestraft werden, bleibt immer noch der Rechtsweg. So klagte der Premier-League-Club Manchester City, der im Besitz des Königshauses der Vereinigten Arabischen Emirate ist, 2020 vor dem internationalen Sportgerichtshof (CAS) erfolgreich gegen den von der UEFA verhängten Ausschluss aus der Champions League.
Dabei sprach der CAS den englischen Klub nicht von allen Vorwürfen frei, sondern begründete sein Urteil damit, dass die vorgelegten Beweise nicht stichhaltig genau gewesen seien. Damit bestätigte sich in aller Deutlichkeit: Das FFP ist in letzter Konsequenz ein stumpfes Schwert gegen die Wettbewerbsverzerrung durch finanzielle Ungleichheit .
Gehaltsobergrenze mit Schlupfloch
Möglicherweise hat sich das lästige Thema für die finanzstarken Top-Klubs ohnehin bald erledigt. Denn die UEFA plant offenbar, das bisherige Modell des FFP durch eine Gehaltsobergrenze für die Klubs zu ersetzen, wie sie bereits in der spanischen Liga praktiziert wird: Nur noch 70 Prozent der Einkünfte sollen dann für Spielergehälter verwendet werden dürfen. Wer diese Grenze überschreite, müsse eine "Luxussteuer" bezahlen, berichtet die britische Zeitung "The Times".
Die reichen Klubs müssten dann ihre Bilanzen nicht mehr schönrechnen, die bisherige Umgehung der FFP-Regeln durch die Hintertür würde quasi legalisiert: gegen eine Gebühr, die den finanziell benachteiligten Klubs zugute kommen soll.
Laut "Times" sollen Sanktionen bis hin zum Ausschluss aus europäischen Wettbewerben weiterhin möglich sein - wenn Vereine "dauerhaft" mehr Geld als erlaubt ausgeben.