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Swissair-Pleite

16. Januar 2007

In der Schweiz hat der Prozess um den Konkurs von Swissair begonnen. Im Rahmen der größten Wirtschaftspleite des Landes steht die komplette frühere Führungsriege der Fluggesellschaft unter Anklage.

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Swissair-Flieger auf dem Boden.
Am Ende gab es kein Geld mehr für Sprit.Bild: AP

Der Tag, an dem die Flugzeuge still standen, ist in der Schweiz als "Grounding" - im Flieger-Jargon ein Flugverbot - bekannt und lässt bei nicht wenigen Eidgenossen noch heute die Emotion hochkochen. Denn am 2. Oktober 2001 hatte die zu dem Zeitpunkt 70 Jahre alte Swissair urplötzlich ihre Kerosinrechnung nicht mehr begleichen können. Tausende von Reisenden strandeten. Swissair war für die Schweizer nicht nur eine Fluglinie, sondern Symbol für "Schweizer Werte" wie Präzision, Pünktlichkeit oder Effizienz gewesen. Im vergangenen Jahr kam das "Grounding" in die Kinos und war einer der erfolgreichsten Schweizer Filme aller Zeiten. Demenstprechend interessiert sind die Schweizer am Prozess gegen die Führungsriege.

Lufthansa- vor Swiss-Maschine
Die Swissair-Nachfolgerin Swiss ist de facto ein Tochterunternehmen der Deutschen Lufthansa AGBild: AP

In dem Verfahren geht es um den Vorwurf, die Swissair trotz tiefroter Zahlen zu lange am Leben gehalten zu haben, wodurch den Gläubigern Schaden entstanden sei. Nach dem Bankrott stand die ehemalige Renommierlinie mit 17 Milliarden Schweizer Franken (rund 11,5 Milliarden Euro) in der Kreide. Die Swissair musste am 2. Oktober 2001 wegen Geldmangels den Betrieb einstellen. Nachfolgegesellschaft wurde die Swiss, die jetzt zur Lufthansa gehört. Die Verhandlung soll bis zum Anfang März dauern.

Angeklagter hält sich für unschuldig

Zum Prozessauftakt am Dienstag (16.01.2007) verweigerte der frühere Swissair-Verwaltungsrat Gerhard Fischer vor dem Bezirksgericht Bülach die Aussage und bekannte sich in allen Anklagepunkten nicht schuldig. Fischer, der auch langjährig Chef des Logistikkonzerns Panalpina war, verlas anstelle einer Aussage eine zweiminütige Erklärung. "Ich bin nicht in der Lage, spontan mündlich auf Fragen zu diesem komplexen Prozess zu antworten", sagte er. Er sei ab April 2000 lediglich für ein Jahr im Verwaltungsrat der SAirGroup, der Swissair-Holding, gewesen, da sie mit zehn Prozent bei seinem Unternehmen Panalpina eingestiegen sei. "Dabei wurde ich mit der unerwarteten Verschlechterung der finanziellen Lage konfrontiert", sagte er mit Bezug auf die Swissair.

Swissair-Sturzflug nach 9/11

Vor allem die Anschläge vom 11. September 2001 hätten weit reichende Folgen für die Swissair gehabt, die am 2. Oktober des Jahres Pleite ging. "Ich bin überzeugt, ohne diese Ereignisse wäre die Gruppe noch gesund", sagte Fischer. Die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, in denen Fischer Gläubigerschädigung und untreue Geschäftsbesorgung vorgeworfen wird, wies er von sich: "Die Unterstellungen, ich hätte in Kauf genommen, die Gruppe und ihre Gläubiger zu schädigen, sind bösartig."

Anschließende Fragen des Vorsitzenden Richters Andreas Fischer, etwa ab wann Gerhard Fischer von der bedrohlichen Schieflage der Swissair gewusst habe, beantwortete der Angeklagte nicht. Am Nachmittag sollte der Prozess mit der Befragung des zweiten ehemaligen Swissair-Verwaltungsrats und bekannten Bankers Benedict Hentsch weitergehen.

Die höchste Strafandrohung der eingeklagten Delikte betrifft die Urkundenfälschung mit fünf Jahren Freiheitsstrafe. Da die Staatsanwaltschaft bereits zum Zeitpunkt der Anklageerhebung erklärt hatte, es handle sich hier nicht um eigentliche Wirtschaftskriminelle, wird jedoch nicht mit Freiheitsstrafen
gerechnet.

Einzelne Buchstaben des Swiss-Air-Logos
Der Rest einer Airline: Die Buchstaben des Swiss-Air-LogosBild: AP

Vor dem abrupten Ende war die Linie als fliegende "Cash Cow" bezeichnet worden. Denn Swissair wollte sich aus eigener Kraft im immer dichter werden Flug-Allianzen-Gerangel behaupten und kaufte quer durch Europa kleinere Konkurrenten auf, darunter auch den deutschen Ferienflieger LTU. Allerdings erwiesen sich die meisten Zukäufe im nachhinein als marode Sanierungsfälle, deren Kapitalbedarf letztendlich die Schweizer Fluglinie mit in den Abgrund zog. (al)