Presseschau: "Die Stiftung Warentest verdient Dank"
11. Januar 2006"Neue Osnabrücker Zeitung": Stiftung verdient Dankbarkeit statt Vorwürfen
Wenn die Stiftung Warentest vor ein paar Monaten die Belastbarkeit von Dächern auf Eishallen getestet hätte, wäre Bad Reichenhall ein Unglück erspart geblieben. Das sollte sich vor Augen führen, wer den Experten aus Berlin jetzt Panikmache und Profilierungssucht vorwirft. Das tun die Organisatoren der Weltmeisterschaft und verspotten dabei eine angesehene Institution als Laienspielschar, die sich gefälligst herauszuhalten habe aus dem Großprojekt WM. Dabei sollten die WM-Macher den Warentestern dankbar sein. Unabhängige Experten haben sich mit dem wichtigsten Gut einer sportlichen Großveranstaltung beschäftigt: der Sicherheit ihrer Besucher.
"Münchner Merkur": Stiftung Warentest sonnt sich im Glanz der Fußball-WM
Schon die Deftigkeit der Auseinandersetzung beweist: Hier sind zwei Schwergewichte aufeinander geprallt. Auf der einen Seite die WM-Macher, die sich mit einigem Stolz und kaum weniger Berechtigung als die Beauftragten für eine große nationale Sache sehen. Auf der anderen die unumstrittenen Herrscher über deutsches Konsumverhalten, deren Urteil dem Verbraucher seit 40 Jahren quasi als Evangelium gilt. Doch vielleicht sind die Warentester mit dem Stadion-Thema auf ein Trittbrett gesprungen, auf das sie im Vorfeld des Mega-Ereignisses vor allem die Aussicht auf Mega-Aufmerksamkeit lockte. Der wiederholte Hinweis auf Panik-Szenarien verstärkt nur den Eindruck, Stiftung Warentest wolle mit der zeitlich geschickt platzierten Studie auch etwas vom satten Glanz der Fußball-WM abhaben.
"Westfälische Nachrichten" (Münster): Wertvolle Hilfe
Nun wird deshalb das große Fußball-Fest nicht abgesagt. Doch so fahrlässig, wie es gestern einige spontan taten, indem sie die Ergebnisse der Stiftung als lächerlich zurückwiesen, sollte man auch nicht mit der Studie umgehen. Es ist anzunehmen, dass die Warentest-Experten nach bestem Wissen und Gewissen geurteilt haben. Sie haben nach Defiziten gesucht und natürlich auch welche gefunden. Kein Stadion auf dieser Welt ist frei von Mängeln. Andererseits gibt es keinen 100-prozentigen Schutz vor Katastrophen. (...) Die Ergebnisse der Stiftung Warentest sind weder Anlass für Panikmache noch Grund für Hysterie. Aber gewiss eine wertvolle Hilfe beim Ausschluss weiterer Gefahrenquellen und beim Versuch, Sicherheitsrisiken zu minimieren.
"Saarbrücker Zeitung": Zweifelhafte Resulate der Stiftung
Leider bleiben die Kriterien, die die Stiftung angelegt hat, mehr als schwammig und führen zu zweifelhaften Resultaten. Ein Stadion in sechs Stunden auf Herz und Nieren zu prüfen, kann nicht funktionieren. Wenig gelungen ist auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Beispiel Kaiserslautern: Die Mängelliste der Stiftung, die im Oktober 2005 auf dem Betzenberg geprüft hat, ist mittlerweile nahezu komplett behoben. Die Unabhängigkeit der Verbraucherschützer in allen Ehren: Hier hätte man besser mit den Organisationskomitees vor Ort gemeinsame Sache gemacht und zusammengearbeitet.
"Badische Zeitung" (Freiburg): Jede Sicherheit hat Schwachstellen
In keinem der Fälle besteht ein Grund zur Panik, es stimmt, die deutschen Stadien sind sicher. Aber jede Sicherheit hat Schwachstellen. Die Kritik der Warentester könnte Hinweise geben, um diese zu finden. In Ruhe und ohne Panik, ohne platte Sprüche hier und Inszenierung dort. Es ist noch genug Zeit, Mängel zu beheben, wo es sie geben sollte.
"Westfälischer Anzeiger" (Hamm): Sicherheit der Fans hat oberste Priorität
Die Sicherheit der Fans muss oberste Priorität haben ohne wenn und aber. Und da sollten sich die Verantwortlichen des WM-Organisationskomitees auch nicht beklagen, dass "sie sich jetzt unter Druck gesetzt fühlen" und "das Verfahren den Ablauf stört." Letztlich sollten sie für jeden noch so kleinen Hinweis dankbar sein, der für einen reibungs- und vor allem gefahrlosen Ablauf der WM sorgt.
"Stuttgarter Nachrichten": Beckenbauer flüchtet vor Verantwortung
Franz Beckenbauer begibt sich wieder einmal auf die Flucht vor der eigenen Verantwortung, wenn er die Sicherheitsbedenken der Warentester abtut als Hirngespinst einiger Wichtigtuer, die ein wenig vom Glanz der WM auf sich lenken wollen. Das WM-OK und die Verantwortlichen in den Städten sollten sich sachlich mit der Kritik auseinander setzen und eventuelle Verbesserungen ermöglichen. Denn nichts wäre schlimmer als eine Fußball-WM in Deutschland, die von einer Katastrophe überschattet würde. Und der Kaiser kann vieles, hellsehen kann er nicht.
"Berliner Morgenpost": Nicht alle Experten teilen die Einschätzung der Warentester
Man muss kein WM-Patriot sein oder wie Franz Beckenbauer alle Kritiker als "Nörgler" beschimpfen, um sich über die Resultate der Untersuchung, den aufgeregten Stil und den Zeitpunkt ihrer Präsentation zu wundern. Warum hat bisher niemand Alarm gerufen? Die Antwort ist einfach: Nicht alle Experten teilen die Einschätzung der Warentester. Alle Stadien sind erneuert oder neu errichtet, entsprechen deutschen Vorschriften. Aber im Gefolge der Fußball-WM lässt sich eben prächtig Aufmerksamkeit erwecken. Und Öffentlichkeit kann auch einer Organisation nicht schaden, die zwar unabhängig, aber auf Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Ergebnisse angewiesen ist.
"Südwest Presse" (Ulm): Deutschland stellt sich selbst ins Anseits
Ob Reibach oder Renommee: Mit der Fußball-Weltmeisterschaft versucht jeder seine Konjunktur anzukurbeln. Daran werden wir uns in den nächsten fünf Monaten gewöhnen müssen. Den pflichtbewussten Prüfern der Stiftung Warentest soll nicht untergejubelt werden, sie hätten die baulichen Mängel in den Stadien erfunden, um ihre Arbeit aufzuwerten. Aber die Mängellisten sind typisch deutsch. Längst läuft der Bundesliga-Alltag zur Zufriedenheit in den schmucken Arenen, der Confederations Cup ließ die ausländischen Gäste über den Perfektionismus staunen - und wir stellen uns selbst ins Abseits.
"Leipziger Volkszeitung": Warentester hätten Sicherheit früher überprüfen können
Die Reaktion der Mannschaft von Franz Beckenbauer mag überzogen sein, aber verständlich ist sie allemal. Die Pläne für die neuen Stadien lagen lange vor, der Bauprozess war von unzähligen Überprüfungen begleitet, in den Arenen wird inzwischen seit Monaten gespielt - da hätten die Warentester durchaus schon viel eher auf die Idee kommen können, die Sicherheit für die Fans nach eigenen Erkenntnissen zu überprüfen. Wenn sie jetzt, wenige Monate vor der Eröffnung der WM, ein teilweise vernichtendes Urteil abgeben, müssen sich sich den Vorwurf der Panikmache gefallen lassen.
"Neue Presse" (Hannover): Wenn etwas passiert, fragt niemand nach Beckenbauer
Sicherheitsmängel? Fehlender Brandschutz? Todesgefahr bei Massenpanik? "Wer schützt uns vor den Warenschützern", barmte der Franz ungewohnt hilflos ob dieser Vorwürfe und zürnte wider die notorischen Nörgler und Besserwisser, wie es nur ein Kaiser kann und darf. Alle übrigen WM-Macher wären indes gut beraten, die Hinweise der Warentester ernst zu nehmen und nicht gleich alles volley zurückzuschießen. Massenveranstaltungen bergen immer ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Und wenn erst etwas passiert ist, fragt niemand mehr, was Franz Beckenbauer irgendwann und irgendwo gesagt hat. (kb)