"America First" trifft "Global Britain"
27. Januar 2017Eine Woche nach der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Donald Trum kommt als erster ausländischer Staatsgast Großbritanniens Premierministerin Theresa May mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus zusammen. Russland, NATO, Freihandel, Iran, Vereinte Nationen und die Bewältigung von internationalen Krisen: Kaum ein Punkt, in dem May nicht dem widerspricht, was US-Präsident Trump in den vergangenen Tagen und Wochen von sich gegeben hat.
"America First" trifft "Global Britain"
Bereits am Vorabend besuchte May in Philadelphia ein Treffen von Abgeordneten und Parteivertretern der US-Republikaner. Dort warb sie für ein bilaterales Freihandelsabkommen beider Länder. "Dies ist eine unserer ersten Prioritäten", sagte May in Philadelphia. "Ein gemeinsames Freihandelsabkommen muss für beide Seiten funktionieren und beider Interessen berücksichtigen", sagte May. "Und es muss denen dienen, die sich allzu oft zurückgelassen fühlten von der Globalisierung", betonte die Premierministerin, deren Land dabei ist, die Europäische Union zu verlassen und nun neue Wirtschaftskooperationen sucht. Aus diesem Grund braucht May dringend die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen mit den USA.
Trump steht einem solchen Handelsabkommen skeptisch gegenüber. Er will sein Land getreu dem Motto "Amerika zuerst" von ausländischer Konkurrenz abschotten. Wenn eine solche Kooperation zustande kommen sollte, verhandle er lieber auf zwischenstaatlicher Ebene, statt multilaterale Abkommen - wie zum Beispiel mit der EU - abzuschließen. "Man kommt nicht mehr raus, das ist wie Treibsand", sagte Trump dazu in Philadelphia.
May forderte neue US-Regierung zur Kooperation auf
Amerika sei durch Trumps Wahlsieg stärker geworden, sagte May. Dennoch dürfe sich das Land nicht isolieren. "Sie können und sollten diesen Weg nicht alleine gehen." Sie lieferte auch ein Bekenntnis zum nordatlantischen Verteidigungsbündnis ab. "Die USA als auch Großbritannien haben die Verantwortung, der Welt Führung anzubieten", sagte May. "Wenn andere nach vorne treten, während wir zurückstehen, dann ist das schlecht für Amerika und für die Welt", sagte die Premierministerin.
Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen blieben von entscheidender Bedeutung, auch wenn sie Reformbedarf hätten. Der neue US-Präsident hatte sich zuvor für weniger internationales Engagement der USA ausgesprochen. Amerika und Großbritannien hätten gemeinsam die moderne Welt neu definiert, sagte May. "Die Tage, an denen Großbritannien und Amerika in souveränen Staaten intervenieren, um zu versuchen, die Welt nach ihrem Bild zu formen, sind aber vorüber", betonte sie. Werte und Interessen müssten verteidigt werden. "Das kann aber nicht bedeuten, dass man Fehler der Vergangenheit wiederholt."
Besondere amerikanisch-britische Freundschaft
Den von Trump kritisierten Atomdeal mit dem Iran nahm sie ausdrücklich in Schutz. "Er ist wichtig für die Sicherheit in der Region." Jedoch müsse die Vereinbarung weiterhin streng überwacht werden, Verstöße müssten strikt geahndet werden.
May betonte zudem die besonderen Beziehungen der USA und Großbritanniens zueinander. Für ihr Bekenntnis zur historischen "Special Relationship" zwischen beiden Ländern wurde sie von den republikanischen Abgeordneten mit stehendem Applaus bedacht. "Wir - unsere beiden Länder zusammen - haben eine gemeinsame Verantwortung zu führen", sagte May. Insbesondere mit Blick auf China fügte die Premierministerin hinzu, wenn sich die USA und Großbritannien zurückzögen, während andere Länder noch vorn drängten, sei das "schlecht für Amerika, für Großbritannien und die Welt".
Gemeinsam gegen Terrorismus - aber wie?
Auch gegen den islamistischen Terrorismus wollen beide kämpfen. Uneinig sind sie sich, welche Rolle Russland dabei spielen soll. Während sich die Briten in den vergangenen Monaten als schärfste Kritiker der russischen Intervention in Syrien profiliert haben, will Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammenarbeiten. Im Umgang mit Russland empfahl die britische Regierungschefin aber Vorsicht. "Arbeitet zusammen, aber passt auf", riet sie den Amerikanern. Trump hatte sich in den vergangenen Monaten wiederholt positiv über Putin geäußert und für eine engere Bindung an Russland plädiert. In seiner Republikanischen Partei rief er damit teils massive Kritik hervor.
Trump will am Samstag nach Angaben seines Sprechers, Sean Spicer, mit Putin telefonieren. Auch ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande ist für Samstag geplant. Es wäre der erste direkte Kontakt zwischen Trump und Merkel nach dem Machtwechsel in Washington.
pab/ml (afp, dpa, cnn)