Polizei räumt Braunkohle-Dorf Lützerath
11. Januar 2023Im Braunkohlerevier in Nordrhein-Westfalen ist mit der Räumung des besetzten Ortes Lützerath begonnen worden. Wie das zuständige Polizeipräsidium Aachen erklärte, umstellten Polizeikräfte den Ort. Anschließend begannen sie damit, den Bereich zu umzäunen. Laut Polizei gab es kurz nach Beginn der Räumung gewalttätige Zwischenfälle - es flogen demnach Molotowcocktails, Pyrotechnik und Steine in Richtung der Einsatzkräfte.
Polizei kündigt "unmittelbaren Zwang" an
Zu Beginn der Räumung appellierte die Polizei an die Besetzer, friedlich zu bleiben. Zudem wurde dazu aufgerufen, die Ortschaft zu räumen. Es gebe eine letzte Möglichkeit, den Ort freiwillig zu verlassen. Andernfalls "müssen Sie mit der Anwendung unmittelbaren Zwangs rechnen", hieß es in einer Durchsage. Erste Personen folgten der Aufforderung und gingen freiwillig. Sie wurden von Polizisten vom Gelände eskortiert. Viele wollen aber weiter Widerstand leisten. Aktivisten haben etwa 25 Baumhäuser errichtet, einige davon in großer Höhe. "Die Menschen sind fest entschlossen dazubleiben, auszuharren, die Bäume und die Gebäude zu schützen", sagte eine Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt".
Kohle unter Lützerath soll abgebaggert werden
Die kleine Ortschaft Lützerath zwischen Aachen, Köln und Mönchengladbach soll für den Tagebau Garzweiler weichen, damit die Kohle darunter abgebaggert werden kann. Die ursprünglichen Bewohner haben das Dorf bereits verlassen. Stattdessen halten Klimaaktivisten den Ort besetzt und haben Barrikaden errichtet. Sie wollen verhindern, dass Lützerath vom Energiekonzern RWE zerstört wird und sagen, die Kohle werde nicht benötigt. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sowie RWE wiederum sagen hingegen, dass die Kohle gebraucht werde, um die Energieversorgung sicherzustellen. Das Unternehmen besitzt mittlerweile einen Großteil des Ortes. Ein Grundstück gehört aber weiterhin dem Steuerberater Kurt Claßen. Und er will auch weiterhin nicht sein Eigentum an RWE verkaufen, sagt Claßen der DW.
Im vergangenen Jahr hatte RWE zusammen mit der Bundesregierung in Berlin und der NRW-Landesregierung in Düsseldorf einen sogenannten Kohle-Kompromiss vereinbart. Er sieht vor, dass die Braunkohle unter Lützerath noch abgebaggert werden soll - auch, um in der Energiekrise genug Strom zu haben, wie es heißt. Im Gegenzug wurde das Aus für die Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier von 2038 auf 2030 vorgezogen. Außerdem wurde die Rettung von fünf anderen Dörfern beschlossen. Sie müssen nicht mehr dem Tagebau weichen und können bleiben.
Nordrhein-Westfalens Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) hat den Kompromiss als wichtigen "Schritt in Richtung Klimaschutz" bezeichnet. Er führe dazu, dass der Tagebau um die Hälfte
verkleinert werde und dadurch 280 Millionen Tonnen Kohle unter der Erde blieben, so Krischer. Klimaschützer kritisieren den Kompromiss hingegen und führen an, dass er keinen Effekt auf den Klimaschutz habe, da bis zum Kohleausstieg 2030 mehr Kohle verfeuert werden solle als bislang geplant.
Großer Polizeieinsatz
Die Räumung des Protestdorfs ist nach Einschätzung des Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach einer der herausforderndsten Einsätze der letzten Jahre. Die Polizei erhält dafür Unterstützung aus dem ganzen deutschen Bundesgebiet. Der Konflikt um Lützerath hält seit Monaten an, der Ort ist ein zentrales Symbol für Klimaschutzaktivisten aus ganz Deutschland.
cwo/fab (dpa, afp, DW)